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Aus für Flatrate im Netz - Aufstand gegen die Deutsche Telekom

Bei der Deutschen Telekom und ihren Kunden hängt der Haussegen schief...
Bei der Deutschen Telekom und ihren Kunden hängt der Haussegen schief... ©EPA
Immer mehr Menschen gehen nicht mehr zur Videothek, sondern nutzen Film-Dienste aus dem Netz. Sie könnten in Zukunft für diese Bequemlichkeit mehr zahlen müssen: Die Deutsche Telekom will auch in Festnetz-Flatrates eine Obergrenze für das Datenvolumen einführen.

Die Deutsche Telekom will auch im Festnetz die Internet-Geschwindigkeit ab einer bestimmten Datenmenge drosseln. Vom 2. Mai an sollen die Tarifbedingungen für neue Verträge entsprechend geändert werden, teilte der Konzern am Montag mit. Allerdings könnte die Tempo-Bremse erst in einigen Jahren tatsächlich greifen: “Wir gehen bisher davon aus, dass wir die Limitierung technisch nicht vor 2016 umsetzen”, erklärte Marketing-Manager Michael Hagspihl. Der Verein Digitale Gesellschaft wertete die Entscheidung der Telekom als “Abschaffung der Flatrate”.

Nach Geschwindigkeit gestaffelt

Die Obergrenzen bei der Telekom werden künftig je nach Anschluss-Tempo gestaffelt. In Tarifen mit Geschwindigkeiten bis zu 16 Megabit pro Sekunde sind bis zu 75 Gigabyte Datenverkehr inbegriffen. Bei schnelleren Anschlüssen von bis zu 50 MBit/Sekunde liegt die Obergrenze bei 200 Gigabyte. Für 100 und 200 MBit/Sekunde sind es jeweils 300 und 400 GB.

Bei Überschreitung: besseres ISDN

Ist das Volumen ausgeschöpft, kann die Leitung wie heute bei Mobilfunk-Verträgen auf ein Schneckentempo von 384 Kilobit pro Sekunde gedrosselt werden. Diejenigen, die dann mit hoher Geschwindigkeit weitersurfen wollen, werden sich zusätzliches Datenvolumen dazubuchen können, kündigte die Telekom an. Tarife dafür sollen später bekanntgegeben werden.

Im Schnitt entstehe aktuell bei einem Kunden ein Datenvolumen von 15 bis 20 Gigabyte im Monat, erklärte die Telekom. Die niedrigste Obergrenze sei neben dem Surfen im Netz und dem Bearbeiten von Mails “beispielsweise ausreichend für zehn Filme in normaler Auflösung plus drei HD-Filme, plus 60 Stunden Internetradio, plus 400 Fotos und 16 Stunden Online-Gaming”.

Eigene Online-Dienste vom Limit ausgenommen

Zugleich macht die Telekom einige Ausnahmen, vor allem für eigene Dienste und Angebote von Partnern. So wird das Datenvolumen aus dem hauseigenen Fernsehdienst Entertain nicht mit eingerechnet, ebenso wie Sprachtelefonie über den Telekom-Anschluss. Die Nutzung anderer Anbieter wie Apples iTunes oder Amazons Streaming-Dienst Lovefilm würde nach aktuellem Stand an dem Inklusiv-Volumen zehren, wie ein Telekom-Sprecher bestätigte. Internet-Dienste könnten aber eine Kooperation mit der Telekom eingehen für sogenannte Managed Services eingehen, “die in einer höheren und gesicherten Qualität produziert und vom Kunden gesondert bezahlt werden”.

“Netzneutralität ist in Gefahr”

Der Verein Digitale Gesellschaft kritisierte, eine solche Drosselung mache “die Verbindung unter heutigen Ansprüchen nicht mehr nutzbar”. Die Geschwindigkeit werde damit auf ein Niveau der 90er Jahre reduziert. “De facto ist das eine Sperre”, erklärte Markus Beckedahl, Vorstand des Vereins Digitale Gesellschaft. Er sieht das Prinzip der “Netzneutralität”, also der gleichberechtigten Durchleitung allen Datenverkehrs, in Gefahr.

Kabel Deutschland ist großzügiger

Daten-Obergrenzen sind nicht nur ein Telekom-Thema. So hat Kabel Deutschland in seinem Kleingedruckten auch eine Volumenklausel, wonach bei Erreichen von 10 GB an einem Kalendertag für den Rest des Tages auf 100 kbit gedrosselt wird. Allerdings sind Anwendungen wie Internetsurfen, Video-Streaming oder Video-on-Demand-Angebote davon bisher ausdrücklich ausgenommen.

Andere Provider winken (noch) ab

Ähnliche Pläne soll der Telekom-Konkurrent Vodafone verfolgen, das Unternehmen dementierte dies jedoch und schließt die Einführung einer Drosselung (derzeit) aus. Der große Kabelnetzbetreiber KabelBW geht mit seinem eigenen Angebot in die Offensive: “Wir werden 400 Mbit/s ohne Drosselung anbieten”.

Netz-Aufstand gegen “Drosselkom”

Bei Facebook, Twitter und Co. rumort es derweil kräftig. Twitter-User machen ihrem Ärger unter dem Hashtag “#Drosselkom” Luft. Die Rede ist von “Zweiklassen-Internet”, eher scherzhaft wird eine maximale Kundenobergrenze pro Woche für Telekom-Shops gefordert und Satirisches gibt es frei Haus vom Konto @Drosselkom.

Nicht verschont von Unmutsbekundungen bleibt natürlich auch die Facebook-Seite der Telekom, wo sich zahlreiche User über die Pläne beschweren. Auffallend: Nicht nur “Drosselkom” ist ein Thema, viele nutzen die Gelegenheit, um auch andere Probleme mit dem Anbieter zu schildern. Normalerweise soll zwar auch schlechte PR gute PR sein, die Freude bei der Deutschen Telekom dürfte sich angesichts dieser Menge allerdings in Grenzen halten.

Was passiert mit Flatrates in Österreich?

Die österreichischen Provider halten sich bislang noch bedeckt, einzig von A1 war zu vernehmen dass man derzeit keine Pläne in diese Richtung verfolge. Da sich mit legalen On-Demand-Diensten und HD-Filmen in Zukunft auch der Durchschnittsverbrauch erhöhen wird, werden sich wohl auch hiesige Anbieter Gedanken machen, wie sie die horrenden Datenmengen abfedern können. Über kurz oder lang dürfte auch in Österreich die Flatrate um kleines Geld Geschichte sein.

Ein kleines Detail am Rande, das so auch für Österreich gilt: Die physischen Leitungen in die Haushalte gehören dem Ex-Monopolisten Deutsche Telekom. Falls gewollt, kann es durch entsprechende Preisgestaltung auch für den Mitbewerb, der die Leitungen mietet, uninteressant werden, eine Flatrate anzubieten. (dpa/red)

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