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Auflage zur Umwidmung „Hinterer Tschütsch“ genehmigt

Das Gebiet "Hinterer Tschütsch" soll wieder Rückgewidmet werden.
Das Gebiet "Hinterer Tschütsch" soll wieder Rückgewidmet werden. ©Helmut Welte
Ein brisantes Thema stand bei der 16. Sitzung der Klauser Gemeindevertretung auf dem Programm.

Unter Punkt fünf der Tagesordnung stand die Umwidmung eines Teils des Gebietes „Hinterer Tschütsch“ von Freifläche Freihaltegebiet (FF) in Baufläche Wohngebiet (BW) und in Verkehrsfläche Straße (Bestand) sowie von Freifläche Freihaltegebiet mit Ersichtlichmachung Wald in Verkehrsfläche Straße, für die Beschlussfassung zur Auflage, auf dem Programm. Heiße Diskussionen mit der Opposition lebenswertes Klaus / Grüne wurden bereits im Vorfeld erwartet.

Zu Beginn zur Vorgeschichte. Im Juni 1998 kam es in Klaus, zu einer von den damaligen Gemeinevertretern Dr. Heinz Vogel und Martin Schöch initiierte Volksabstimmung in Sachen Umwidmung von Bauland in Freifläche Wohngebiet, im Hinteren Tschütsch. 59 Prozent der damaligen Klauser Stimmberechtigten haben sich damals für die Rückwidmung einer als Bauland gewidmeten, ca. 4,5 Hektar großen Fläche im Gebiet „Hinterer Tschütsch“ ausgesprochen.
„Das Volk hat entschieden und diese Entscheidung wird natürlich akzeptiert“, hatte der damalige Bürgermeister Robert Längle, allerdings mit ein wenig Bauchweh bestätigt. „Bei der Rückwidmung der etwa 3,5 Hektar sind Schadenersatzforderungen in Millionenhöge zu erwarten“, signalisierte das damalige Klauser Gemeindeoberhaupt.

Klage durch die Grundeigentümer
Und so kam es dann auch. Die Grundeigentümer brachten beim Landesgericht Feldkirch  eine Entschädigungsklage in der Höhe von 9 Millionen Euro ein und bekamen in erster Instanz recht. „Die Gemeinde Klaus wurde zu einer Entschädigungszahlung dem Grunde nach (keine Summe) verurteilt“, so Bürgermeister Werner Müller.
Eine Prüfung des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof hatte in der Folge ein im beidseitigen Einvernehmen beschlossener Verfahrensunterbruch zur Folge. Der Verfassungsgerichtshof hat dann damals Passagen im Vorarlberger Raumplanungsgesetz aufgehoben. Regelungen zur Entschädigung bei Umwidmungen seien verfassungswidrig, weil sie Bürger ungleich behandeln. Das Land Vorarlberg wurde angehalten, eine neue Regelung auszuarbeiten, die vom VfGH beanstandeten Passagen dürfen darin nicht mehr enthalten sein.

Massive Bedenken durch Bürgermeister Werner Müller
„Auf Grund der bestehenden Rechtslage und des Urteils des Obersten Gerichtshofes im Fall „Lochau“, indem die Gemeinde Lochau zur Entschädigungszahlung und zur Zinszahlung von 4% (vom Zeitpunkt der Antragsstellung bis zur Wiederherstellung des ursprünglichen Widmungsstandes) verurteilt wurde, besteht auch für die Gemeinde Klaus, im Falle einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung ein nicht unerhebliches Risiko den Prozess gegen die Grundbesitzer zu verlieren! Dies hätte für die Gemeinde und ihre weitere Entwicklung gravierende Folgen, die heute, auf Grund der noch nicht bekannten Höhe der Zahlungen, noch nicht absehbar sind, äußert Bürgermeister Werner Müller massive Bedenken.

Kompromiss ausgearbeitet
Im Laufe der letzten zwei Jahre konnte von der Gemeinde Klaus bzw. deren Rechtsvertreter RA Dr. Philipp Längle mit den Grundbesitzern bzw. mit deren Rechtsvertretern RA Dr. Karl Schelling und RA Dr. Georg Mandl ein Kompromiss ausgearbeitet werden, der folgende Punkte beinhaltet.

Die Gemeinde widmet die Grundstücke der betroffenen Grundbesitzer, laut vorliegendem Plan vom Mai 2012 von DI Georg Rauch – insbesondere eine Fläche von 14877 m² von Freifläche Freihaltegebiet – FF – in Baufläche Wohngebiet – BW

Ein Teil des Gst.: 1781 „Wiesis Duhla“ (vom Waldrand bis zur Tschütschstraße  – derzeit ca. 600 m² FF – davon sollen ca. 340 m² in BW gewidmet werden) geht zu je 50 % an die Grundbesitzer;

Dafür verzichten die Grundbesitzer

auf die Fortführung des gerichtsanhängigen Prozesses bezüglich Entschädigungsklage und ziehen diese zurück;

auf die Zahlung von Zinsen durch die Gemeinde;

weiters stimmen sie einer Pauschalierung der gegnerischen Anwaltskosten mit 50.000 Euro für sämtliche Leistungen zu!

„Auf Grund dieser nun bekannten Tatsachen und des unverantwortlich großen Prozessrisikos, das entsprechende Entschädigungs-, Zins- und Anwaltszahlungen mit sich bringen könnte und damit die Entwicklung der Gemeinde Klaus behindern würde, empfehlen die Mitglieder des Raumplanungs- und Gemeindeentwicklungsausschuss der Gemeindevertretung „mehrheitlich 5 : 1“ der Auflage zur Umwidmung zuzustimmen. Dies entspricht, in Anbetracht des großen Prozessrisikos mit Sicherheit auch dem Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit. Der ausgehandelte Kompromiss ermöglicht es den für die Gemeinde Verantwortlichen ohne Risiko die Weiterentwicklung der Gemeinde zu planen und die Umsetzung der vielfältigen Aufgaben im Sinne der Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinde Klaus, ohne dem Damoklesschwert einer Zahlung in Millionenhöhe leisten zu müssen, zu gewährleisten“, so das Gemeindeoberhaupt weiter.

Hitzige Diskussion in der Gemeindestube
Bürgermeister Werner Müller, hatte gleich zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes anlässlich der Erklärung der Sachlage, um eine sachliche, emotionslose Diskussion gebeten. Seitens des Sprechers der Opposition, Gemeindearzt Dr. Heinz Vogel (lebenswertes Klaus/Grüne) und Gemeinderat Martin Brugger, wurden dazu einige Anträge in Richtung Bebauungsplan, verkehrstechnisches Gutachten, rechtliche Auskunft gestellt, die mit Ausnahme der Änderung des Begleitberichtes verfasst von DI Rauch, alle mehrheitlich abgelehnt wurden.
Seitens von Gemeindevertreter Mag. Josef Lercher, wurden die Fakten aus privater Sicht ausführlich erläutert. „ Hier geht es um das Risiko, das Zinsrisiko. Der Kompromiss bereitet mir sehr viel Bauchweh, ist aber der einzig mögliche Weg“, so das Fazit des Juristen, der nicht als Rechtsvertreter der Gemeinde gilt.

Antrag mit 20 Stimmen angenommen
Antrag:
„Wer der Auflage gemäß §§ 21 und 23 RPG
zur Umwidmung des im Plan vom Mai 2012 von DI Georg Rauch (liegt allen vor) dargestellten und im Schreiben vom 12. Mai 2012 (liegt allen vor) erläuterten Gebietes im Bereich „Hinterer Tschütsch“ sowie der Erläuterungen von Bürgermeister Werner Müller und der mehrheitlichen Empfehlung des Raumplanungs- und Gemeindeentwicklungsausschusses  zustimmt “
Der im Anschluss an die hitzige Debatte von Bürgermeister Werner Müller gestellte  Antrag, welcher von 20 der anwesenden 22 Stimmberechtigten angenommen wurde, liegt nun in Form eines Planes ein Monat zur Einsicht- bzw. eventuelle Stellungnahme durch die Klauserinnen und Klauser im Gemeindeamt auf. Bürgermeister Müller legt dabei großen Wert auf die Bewertung des Kompromisses durch die Bevölkerung.
Das daraus resultierende Ergebnis, wird dann dem Raumplanungs- und Gemeindeentwicklungsausschuss vorgelegt, der dies bei der Erstellung eines Antrages zu berücksichtigen hat.
Die vom Ausschuss ausgearbeitete Empfehlung wird der Gemeindevertretung dann zur Diskussion und Beschlussfassung vorgelegt.

 

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