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„Armut ein roter Faden“

Die Lustenauerin Cigdem Gökem-Erden hat beim Femail-Büro in Lustenau ein offenes Ohr für weibliche Probleme und Fragen.
Die Lustenauerin Cigdem Gökem-Erden hat beim Femail-Büro in Lustenau ein offenes Ohr für weibliche Probleme und Fragen. ©Peter Schuster
Femail-Beraterin Cigdem Gökmen-Erden zieht Bilanz.

Lustenau. Seit nunmehr zwei Jahren gibt es in Lustenau ein Büro der Frauenberatungsstelle Femail. Immer donnerstags von 8 bis 13 Uhr steht die Tür den Frauen offen. Über 370 Beratungsgespräche wurden in dieser Zeit geführt. Zumeist ist es Femail-Beraterin Cigdem Gökmen-Erden, die in dem hellen Büro im Kindergarten Rheindorf ein offenes Ohr für die Probleme der Damen hat. Die VN-Heimat Lustenau hat sie dort besucht.

Wie sieht Ihre Arbeit aus?
Gökmen-Erden: Wir bieten in Lustenau Informationen und Beratungen für Frauen an, aber auch für Mitarbeiter aus Gemeinden oder Vereinen. Wir haben immer donnerstags geöffnet, Frauen können einen Termin vereinbaren oder einfach so vorbeikommen.

Mit welchen Problemen kommen Frauen zu Ihnen?
Gökmen-Erden: Meist geht es um Familienrecht, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder alles rund um Trennung oder Scheidung. In diesem Zuge geht es auch um Existenzsicherung, um die Frage ,Wie geht es weiter?‘ oder ,Kann ich mir überhaupt eine Scheidung leisten?‘ Ab einem Alter von etwa 40 Jahren kommt das Thema Pension auf. Wir machen auch viel präventiv und informieren Frauen, wie sie früh genug darauf reagieren können, wenn es doch schiefläuft in der Ehe und sie eine eigenständige Pension brauchen.

Wie wird das Angebot in Lustenau angenommen?
Gökmen-Erden: Wir haben pro Donnerstagvormittag drei bis fünf Beratungen. Die Klientinnen kommen auch aus den Gemeinden rund um Lustenau, aus dem gesamten Unterland. Das Angebot ist sehr unbürokratisch. Das Büro befindet sich in einem Kindergarten, da wird ja keine Frau schief angeschaut, wenn sie hereinkommt. Wir kooperieren sehr stark mit der Marktgemeinde und bekommen von ihr auch die Räume zur Verfügung gestellt.

Wer ist Ihre Klientel?
Gökmen-Erden: In der Regel sind es Frauen zwischen 21 und 49. Nach meiner Erfahrung kommen meist Frauen ab 30.

Welche Rolle spielt Migration?
Gökmen-Erden:
Etwa 40 Prozent der Klientinnen haben Migrationshintergrund, oder wie ich es lieber nenne, Migrationserfahrung. Wir haben aber in Lustenau nicht speziell eine Zielgruppe wie, sagen wir, Türkinnen, sondern eine Vielfalt. Zu uns kommen unter anderem viele EU-Bürgerinnen, etwa aus Bulgarien, Ungarn, oder auch Deutschland. Ich mache allerdings keine Unterschiede zwischen Migrantinnen und Einheimischen. Die Themen der Frauen sind dieselben. Es kommt bei Migrantinnen nur noch eines dazu, nämlich das Fremdenrecht.

Kommen manchmal Männer zu Ihnen?
Gökmen-Erden: Beim Thema Kinderbetreuungsgeld bringen die Frauen manchmal ihre Männer mit, aber sonst kommt das kaum vor.

Gibt es auch Härtefälle, bei denen etwa Gewalt im Spiel ist?
Gökmen-Erden: Das gibt es schon. Wir haben auch Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Aber zu uns kommen eher Frauen, die noch nicht den Schritt gewagt haben, zur Polizei zu gehen. Wir schauen dann, dass wir den Erstkontakt mit dem Frauenhaus knüpfen, haben aber auch schon Frauen dorthin begleitet. Manchmal kommt auch die Mitarbeiterin aus dem Frauenhaus zu uns zur Beratung. Ich finde diese Kooperation sehr hilfreich.

Sie üben den Beruf seit zehn Jahren aus. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Gökmen-Erden: Ich finde, dass Frauen heute eher geneigt sind, Beratungen in Anspruch zu nehmen, als früher. Die Themen verlagern sich jährlich, aber Existenzsicherung und Frauenarmut ziehen sich wie ein roter Faden hindurch.

 

Zur Person:
Cigdem Gökmen-Erden
Femail-Beraterin in Lustenau
Geboren: 1979 in Bregenz
Wohnt in: Lustenau
Beruf: Systemische Beraterin
Familie: verheiratet, ein Sohn

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