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"All About Tel Aviv-Jaffa" im Jüdischen Museum Hohenems

Sonderausstellung thematisiert von 7. April bis 6. Oktober die "Erfindung einer Stadt"
Sonderausstellung thematisiert von 7. April bis 6. Oktober die "Erfindung einer Stadt"
Tel Aviv, übersetzt "Frühlingshügel", ist bekannt als Bauhaus-Zentrum, als Mekka für Start-ups, als Partystadt und Oase im Nahostkonflikt. Wie viel davon wahr ist und was geschickt von Marketingleuten erdacht, thematisiert das Jüdische Museum Hohenems (JMH) in seiner Sonderausstellung "All About Tel Aviv-Jaffa. Die Erfindung einer Stadt" von 7. April bis 6. Oktober.

“Die Ausstellung handelt von Tel Aviv, aber sie könnte auch von Wien, New York oder Hohenems handeln”, betonte JMH-Direktor Hanno Loewy am Freitag vor Journalisten das Exemplarische der Schau. Überall zeige sich, dass das Bild einer weltoffenen, liberalen Stadt auch viel mit sozialer Verdrängung zu tun habe. “Wir wollten allgemein etwas über Städte erzählen”, so Kurator Hannes Sulzenbacher. Gerade das Citybranding, das Tel Aviv musterhaft beherrsche, betreffe alle Städte gleichermaßen. “Selbst dieses Haus ist zentraler Bestandteil des Stadtmarketings von Hohenems”, stellte Direktor Loewy fest.

Die Ausstellung, die sich ihrem Gegenstand vor allem über Bilder des Frankfurter Fotografen Peter Loewy – des Bruders von Hanno Loewy – annähert, ermöglicht eine Begegnung mit der vielschichtigen israelischen Metropole, dekonstruiert schonungslos ihre Mythen und blickt in ihre Abgründe, wie den Abriss des Stadtviertels Manschieh samt Vertreibung der arabischstämmigen Bewohner, den Größenwahnsinn beim Bau des Busbahnhofs, den Umgang mit afrikanischen Flüchtlingen oder die um sich greifende Gentrifizierung. Ko-Kuratorin Ada Rinderer wählte für die Ausstellungsarchitektur weiße Boxen an sandfarbenen Wänden, analog zum Bild der “Weißen Stadt”, sowie Jaffa-Orangenkisten.

Gründungsfoto als Fake entlarvt

Schon das berühmte Gründungsfoto der Stadt, das die Verlosung von Siedlungsland unter 66 Familien im Jahr 1909 zeigt, wird in der Schau als Fake entlarvt. Wo vorher nur Sand war, erblühte das Leben dank der europäischen Pioniere, die bereits die Vision einer weltoffenen Stadt in sich trugen, so das Narrativ. Das stimmt ebenso wenig wie das Etikett Tel Avivs als “Weiße Stadt”, in der zahlreiche Bauhaus-Gebäude stehen, errichtet von vertriebenen, zumeist deutschstämmigen Juden. Die Bilder Loewys zeigen, dass es sich oft nur um Fassadenarchitektur handelt und wie wenig zimperlich die Bewohner mit den Gebäuden der Kunstschule umgehen, die heuer ihr 100-jähriges Bestehen feiert.

Tel Aviv versteht sich als Stadt der Kreativen, der Homosexuellen, der Liberalen, bietet Entspanntheit im Zusammenleben und sieht sich abgekoppelt vom Nahostkonflikt. Symbol dafür ist der berühmte Strand, doch die Sicherheit für das dortige Partylife ist millionenschwer erkauft mit dem Raketenabwehrsystem “Iron Dome”. Die Ausstellung macht die Stadt über zahlreiche, ständig wechselnde Digitalfotos auf 40 Bildschirmen erlebbar. Das komme ihm sehr entgegen, schließlich habe er Unmengen von Fotos gemacht, so Loewy. Jeder werde so ein anderes Tel Aviv sehen. “Das kommt auch der Stadt sehr entgegen, denn sie hat etwas Flirrendes”, befand der Fotograf.

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