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Ärztekammer Wien geht gegen ÖGK-Ausschreibung vor

Streit zwischen ÄK und ÖGK um die Telemedizin.
Streit zwischen ÄK und ÖGK um die Telemedizin. ©APA/BARBARA GINDL (Symbolbild)
Die Ärztekammer (ÄK) Wien wehrt sich gegen parallele Strukturen in der Telemedizin. ÄK Wien und ÄK Steiermark haben eine Ausschreibung der Österreichischen Gesundheitskasse für ein telemedizinisches Erstversorgungsangebot rechtlich angefochten. Die ÖGK versteht die Einwände nicht und betont, dass das Angebot die ärztliche Versorgung nicht beeinträchtigt.

Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer Wien, betonte bei einer Pressekonferenz, dass die Technik nicht an sich kritisiert werde. Telemedizin könne die Gesundheitsversorgung verbessern und sei bereits in die Medizin integriert. In der Psychiatrie machen telemedizinische Leistungen 31,5 Prozent aus, in der Inneren Medizin 9,8 Prozent. In der Allgemeinmedizin, Dermatologie, Neurologie und Pädiatrie liegt die Nutzung bei fünf bis acht Prozent. Es sei wichtig, Telemedizin in die bestehende Versorgungsstruktur zu integrieren, da eine Parallelstruktur nicht sinnvoll sei, besonders angesichts der Einsparungen durch das Defizit der ÖGK.

ÖGK: Erstberatung durch Telemedizin kann notwendige persönliche Untersuchung nicht ersetzen

Die Gesundheitskasse will ihren Versicherten einen raschen Zugang zu medizinischer Erstberatung durch Allgemeinmediziner und -medizinerinnen via Videotelefonie über eine sichere Plattform ermöglichen, hieß es in einer Pressemitteilung. Richten soll sich das Angebot besonders an Personen mit leichten Beschwerden, bei denen eine Einschätzung auch ohne physischen Kontakt zum Arzt möglich ist. Das Angebot soll österreichweit verfügbar sein und über die Gesundheitshotline 1450 angesteuert werden. Eine notwendige persönliche Untersuchung könne die Telemedizin aber nicht ersetzen, betonte die Kasse.

Ist die Klage erfolgreich, könne man erreichen, dass die Ausschreibung nichtig sei oder die Rahmenbedingungen angepasst werden müssen, so Kamaleyan-Schmied. Das Konzept sei noch nicht so weit, "dass es stabil auf beiden Füßen stehen kann". Es soll keine anonymen Konsultationen und keine Medikamentenverordnung geben, wenn der Patient oder die Patientin nicht bekannt ist. Es bestehe die Gefahr, dass der "Blick aufs Ganze" fehle und Erkrankungen übersehen werden, so die Allgemeinmedizinerin, die in ihrer eigenen Praxis selbst Telemedizin anbietet. Diese müsse in den Händen der Vertrauensärzte bleiben, betonte sie. In Wien gebe es mit dem Ärztefunkdienst für Randzeiten außerdem bereits ein gut funktionierendes Modell.

ÖGK versteht "Blockade" der Ärztekammer nicht

Luft nach oben gebe es bei der Telemedizin allerdings, meinte Steinhart. In österreichischen Hausarztpraxen lag die Nutzung von Videosprechstunden während der Corona-Pandemie bei etwa 25 Prozent, zitierte Kamaleyan-Schmied eine in 38 europäischen Ländern durchgeführte Befragung. Der Schnitt lag bei 47,5 Prozent. Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien, die an der Studie mitgearbeitet hat, leitet daraus laut einem Pressetext zwei Empfehlungen ab. So sollten Ärztinnen und Ärzte in die Entwicklung technischer Lösungen eingebunden werden. Auch seien Videokonsultationen nur sinnvoll, wenn sie in eine kontinuierliche Betreuung durch Vertrauensärzte eingebettet sind.

Bereits vor der Pressekonferenz der Ärztekammer hatte die ÖGK in einer Aussendung festgestellt, deren "Blockade" nicht nachvollziehen zu können. Die Telemedizin sei schließlich kein Gegensatz zur ärztlichen Versorgung, sondern ein "sinnvolles zusätzliches Instrument, das Patient*innen rasch und zielgerichtet Orientierung bietet und bestehende Versorgungsstrukturen gezielt entlasten kann." Vorteile wie der Wegfall von Anfahrtswegen und Wartezeiten, wovon auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Betreuungspflichten profitieren, würden auf der Hand liegen.

(APA/Red)

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