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Rund 3,7 Millionen Menschen engagieren sich im Ehrenamt

3,73 Millionen Menschen sind in Österreich ehrenamtlich in Vereinen, Kirchen, Organisationen und Initiativen tätig oder helfen anderen informell. Das ist mit 48,2 Prozent fast die Hälfte der Bevölkerung ab 15 Jahren, berichtete die Statistik Austria am Donnerstag. Damit ist das Engagement im Vergleich zur letzten Erhebung 2022 (49,4 Prozent bzw. rund 3,7 Millionen Menschen) etwas zurückgegangen. Anderen zu helfen und Freude an der Tätigkeit sind die Hauptgründe für die Hilfe.

"Freiwilliges Engagement ist der Kitt in der Gesellschaft, der so wesentlich ist", sagte Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien anlässlich des Tags des Ehrenamts am 5. Dezember. Es sei neben dem "gut ausgebauten Sozialstaat eine unverzichtbare Stütze". Außerdem nütze es nicht nur der Gesellschaft als Ganzes, "sondern hilft auch jenen, die sich engagieren", erläuterte die Ministerin. So werde unter anderem die "persönliche Zufriedenheit erhöht", auch sei es "ein wirksames Mittel gegen Einsamkeit".

"Ehrenamt ist das 'Wir' in Österreich. Das Selbstverständnis, dass man zusammenhilft, wenn's gebraucht wird", sagte Familienministerin Claudia Plakolm (ÖVP) in einer Aussendung. Seniorenbundpräsidentin Ingrid Korosec verwies auf den großen gesellschaftlichen Beitrag der österreichischen Seniorinnen und Senioren: "Ältere leisten unbezahlt Enormes für die Gesellschaft."

Im Durchschnitt investieren Ehrenamtliche knapp sechs Stunden pro Woche in ihr Engagement. Besonders ältere Menschen ab 60 Jahren sind mit durchschnittlich 7,29 Stunden pro Woche aktiv. Insgesamt leisten die Freiwilligen in Österreich rund 22 Millionen Stunden pro Woche, das sei eine "beeindruckende Zahl", sagte Manuela Lenk, fachstatistische Generaldirektorin von Statistik Austria. Im informellen Bereich, das sind privat organisierte Tätigkeiten ohne Verein oder Organisation im Hintergrund, wie etwa Nachbarschaftshilfe, ist die Freiwilligentätigkeit von 36,7 Prozent im Jahr 2022 auf 38,7 Prozent gestiegen. Zurückgegangen ist die formelle Hilfe - das sind unbezahlte Tätigkeiten bei einer Organisation oder einem Verein - von 25,8 Prozent auf 24,1 Prozent. Die Gründe dafür wurden von der Statistik bei der Erhebung zur Freiwilligentätigkeit abgefragt. Die häufigste Antwort war, weil die Menschen "beruflich oder familiär zu engagiert sind" oder "weil sie noch nie gefragt wurden oder noch nie darüber nachgedacht haben", erläuterte Lenk.

Männer häufiger freiwillig tätig als Frauen

"Rund 20 Prozent der Freiwilligen sind ausschließlich im institutionalisierten Rahmen eines Vereins oder einer Organisation aktiv, etwa 50 Prozent helfen anderen informell und 30 Prozent sind sowohl formell als auch informell tätig", erklärte die Expertin. Männer sind etwas häufiger freiwillig tätig als Frauen: Von allen in Österreich wohnenden Männern über 15 Jahren sind 50,7 Prozent ehrenamtlich tätig, bei den Frauen sind es 45,8 Prozent. Pro Woche leisten Frauen allerdings mehr unentgeltliche Arbeit: Sie verbringen im Median rund 2,77 Stunden mit ihrer freiwilligen Tätigkeit, bei den Männern sind es etwa 2,5 Stunden.

Im informellen Bereich sind Frauen mit 50,3 Prozent etwas stärker vertreten als Männer (49,7 Prozent). Im formellen Bereich sind die meisten Freiwilligen in den Bereichen Sport und Bewegung (rund 517.000 Personen), Katastrophen- und Rettungshilfsdienst (ca. 434.000), Kunst, Kultur und Unterhaltung (ca. 400.000) sowie Soziales und Gesundheit (ca. 269.000) aktiv. Die Aufgabenverteilung in der formellen Freiwilligentätigkeit zeigt deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede. Männer übernehmen häufiger Leitungs- und Führungsaufgaben (68,6 Prozent) und sind stärker im Bereich der Interessensvertretung und Mitsprache aktiv (64,8 Prozent). Frauen engagieren sich hingegen verhältnismäßig oft in der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit (56,8 Prozent), in der Anleitung von Gruppen und der pädagogischen Betreuung (54,4 Prozent) sowie in der Organisation und Durchführung von (Hilfs-)Projekten.

Die Pressekonferenz fand im LernLEO des Samariterbundes statt. Dort erhalten Kinder aus einkommensschwachen Familien kostenlose Hausaufgaben- und Lernunterstützung. Das sei ein "Vorzeigeprojekt", betonten Schumann sowie Franz Schnabl, Präsident des Samariterbundes Österreich. Schnabl wünscht sich, dass das Projekt "in ganz Österreich ausgerollt wird" und verwies unter anderem darauf, dass Armut krank macht. "Je höher die Bildung, desto höher die Prävention", betonte er. Beim Samariterbund leisten "fast 5.000 Menschen regelmäßig sehr, sehr viele Stunden". "Ehrenamt ist nicht selbstverständlich", sagte Schnabl. Es dürfe auch nicht als "billige, sparsame Alternative für Leistungen, die die Gesellschaft erbringen muss" angesehen werden. "Ich bin besorgt, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo freiwilliges oder ehrenamtliches Engagement unter Generalverdacht gestellt wird", sagte der Samariterbund-Präsident. Das sei "von Seiten der Ehrenamtlichen und NGOs nicht so hinzunehmen". "Es muss uns allen klar sein, dass eine starke Zivilgesellschaft das Fundament einer Demokratie ist", betonte Schnabl. Wer daran zweifle, "stärkt nicht die Demokratie, sondern schwächt sie".

Je kleiner die Gemeinde, desto mehr Freiwillige

Freiwilligenarbeit in Vereinen und Organisationen ist im ländlichen Raum stärker verbreitet: Zwei Drittel der Freiwilligen leben in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Im informellen Bereich sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land weniger ausgeprägt. Insgesamt gilt: Je kleiner die Gemeinde, desto mehr sind die Einwohner freiwillig tätig - bei Gemeinden mit weniger als 2.500 Einwohnern sind es 54 Prozent, bei Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern nur noch 43,6 Prozent. Im Bundesländervergleich gibt es die höchste Beteiligung im Freiwilligensektor mit 52,3 Prozent in Oberösterreich, gefolgt von 51,6 Prozent in Niederösterreich und 51,2 Prozent in Vorarlberg. Laut Statistik weisen die Bundesländer Kärnten mit 43,3, Salzburg mit 42,9 und Wien mit 42,4 Prozent eine tendenziell niedrige Beteiligung auf.

Die Beteiligung ist in allen Altersgruppen hoch: Bei den Unter-30-Jährigen liegt sie bei 50,4 Prozent, in der Altersgruppe 30 bis 39 Jahre bei 50,8 Prozent und bei den 40- bis 49-Jährigen bei 52,6 Prozent. Am höchsten ist die Quote mit 53,1 Prozent bei den 50- bis 59-Jährigen. Danach sinkt sie auf 47,8 Prozent (60-69 Jahre), 40 Prozent (70-79 Jahre) und 24,2 Prozent bei den Über-80-Jährigen. Auch der Bildungsgrad spielt eine Rolle: 56,3 Prozent der Maturanten und 63,7 Prozent der Universitätsabsolventen engagieren sich freiwillig, bei Personen mit Lehrabschluss sind es 46,3 Prozent.

Als Einstieg in die ehrenamtliche Tätigkeit gilt laut Schumann beispielsweise das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Das Interesse am FSJ ist seit der Gesetzesnovelle 2023 massiv gestiegen. Aktuell sind fast 1.000 junge Menschen über den gemeinnützigen Verein im Einsatz und somit fast doppelt so viele wie vor zwei Jahren, hieß es in einer Aussendung am Donnerstag.

(APA)

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