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So viele Schüler wurden im vergangenen Schuljahr an Vorarlbergs Volks- und Mittelschulen suspendiert

Die Zahl der Suspendierungen steigt.
Die Zahl der Suspendierungen steigt. ©Canva Pro / Themenbild
Im Schuljahr 2024/2025 wurden in Vorarlberg 116 Schülerinnen und Schüler suspendiert – so viele wie nie zuvor. Künftig sollen sie dabei nicht mehr einfach zuhause bleiben dürfen.

Die Zahl der temporären Schulverweise in Vorarlberg steigt: Im Schuljahr 2024/2025 wurden 116 Kinder und Jugendliche suspendiert, wie die Bildungsdirektion Vorarlberg gegenüber VOL.AT mitteilt. Im Jahr davor waren es 98, davor 99. Vor fünf Jahren lag die Zahl noch bei 48.

In 51 Fällen wurden die Suspendierungen im vergangenen Schuljahr an Mittelschulen ausgesprochen, in 33 Fällen an Volksschulen. Der Rest entfällt auf andere Schularten, so die Bildungsdirektion.

Rechtlich erlaubt das Schulunterrichtsgesetz eine Suspendierung von maximal vier Wochen – und nur dann, wenn von einer Schülerin oder einem Schüler "Gefahr im Verzug" für andere ausgeht.

Neue gesetzliche Vorgaben: Struktur statt Stillstand

Ab Herbst 2026 soll sich, wie berichtet, für suspendierte Schüler einiges ändern: Sie sollen künftig bis zu 20 Stunden pro Woche in ein spezielles Begleitprogramm eingebunden werden. Die Hälfte davon entfällt auf psychosoziale Maßnahmen, die andere Hälfte auf schulischen Unterricht – allerdings ohne Noten.

Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) will damit verhindern, dass suspendierte Jugendliche "ihre Tage im Einkaufszentrum oder Park verbringen", wie er mehrfach betont hatte. Stattdessen soll das neue Modell mit Tagesstruktur, Aufarbeitung des Fehlverhaltens und schulischer Anbindung eine echte Reintegration ermöglichen.

Was auf Schüler und Eltern zukommt

Ob Sozialtraining in Gruppen, Einzelgespräche mit Fachkräften oder spezielle Projekte – wie die Maßnahmen konkret aussehen, entscheiden die Bildungsdirektionen vor Ort. Besonders sensible Fälle – etwa bei Gewaltgefahr – können das Programm auch online absolvieren.

Ausgenommen sind kurze Suspendierungen unter vier Tagen sowie Fälle, in denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf vermutet wird.

Auch die Eltern werden künftig stärker in die Pflicht genommen. Im Suspendierungsbescheid werden ihre Mitwirkungspflichten festgehalten: Teilnahme an Gesprächen, Kooperation mit Jugendhilfe oder Unterstützung bei der Begleitmaßnahme. Wer sich weigert, riskiert eine Verwaltungsstrafe von 150 bis 800 Euro.

Neue Definition für "Gefahr im Verzug"

Erstmals wird im neuen Gesetz auch klarer geregelt, was eine Suspendierung rechtfertigt. Neben körperlicher Gewalt oder Sachbeschädigung zählen künftig auch Drohungen, Herabwürdigungen oder anhaltende Belästigung dazu. Eine "vorsorgliche Suspendierung", etwa zum Schutz vor Mobbing, ist hingegen weiterhin ausgeschlossen.

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Die Suspendierung selbst darf weiterhin maximal vier Wochen dauern – nur bei drohendem Schulausschluss können zwei Wochen dazukommen.

Vorarlberg fordert Nachschärfungen

Die Vorarlberger Landesregierung begrüßt den neuen Kurs grundsätzlich, fordert jedoch Anpassungen. So soll die Definition von Gewalt um psychische und sexualisierte Gewalt erweitert werden. Zusätzlich solle auch die vorsätzliche Schädigung am Vermögen des Schulerhalters eine Gefahr im Verzug begründen können. Außerdem müssten die Ressourcen für die sozialpädagogischen Begleitmaßnahmen dringend aufgestockt werden: Mit nur 8 bis 20 Stunden pro Woche sei eine echte Reintegration kaum zu schaffen, heißt es in der Stellungnahme des Landes.

Ob das neue Begleitmodell zu weniger Suspendierungen führt – oder schlicht besser damit umgeht –, wird sich ab Herbst 2026 zeigen. Sicher ist: Schulverweise sind längst keine Ausnahme mehr. Und das Bildungssystem sucht nach Wegen, wie aus Strafe wieder Perspektive wird.

(VOL.AT/vp)

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