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SOS-Kinderdorf-Aufsichtsrat setzt erste Reformschritte

Aufsichtsrat verspricht "Kinderschutz vor Markenschutz"
Aufsichtsrat verspricht "Kinderschutz vor Markenschutz" ©APA/GEORG HOCHMUTH
Rund eine Woche nach der Bestellung des neuen Aufsichtsrats für SOS-Kinderdorf hat dieser erste Reformschritte gesetzt. Wie der Vorsitzende Friedrich Santner am Mittwoch bei einer Pressekonferenz sagte, wurde die Geschäftsführung von der "überbordenden Schweigepflicht" gegenüber den Behörden enthoben und die Pädagogik weiter vom Fundraising entkoppelt. Grundsätzlich geht es dem Aufsichtsrat aber darum, Ruhe in die in schwere Turbulenzen geratene Organisation zu bringen.

Bei der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe stehe man "am Anfang", wie Santner sagte. Er versprach aber völlige Transparenz beim Umgang mit den Anschuldigungen. "Kinderschutz steht vor Markenschutz", unterstrich der Vorsitzende. Die meisten Fälle dürften sich in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren abgespielt haben. 179 Fälle wurden auch bereits entschädigt.

Der ehemalige Jugendrichter Norbert Gerstberger, der ebenfalls dem Aufsichtsrat angehört, betonte auch juristische Schritte gegen Täter und Täterinnen einzuleiten, sofern ein nicht verjährtes Delikt vorliegt und der Beschuldigte noch am Leben ist. Eine Anschuldigung alleine reiche dafür aber nicht. Die Aufarbeitung der Fälle dürfte jedenfalls rund ein Jahr in Anspruch nehmen.

Pädagogik wird aufgewertet

Künftig soll auch die Rolle der Pädagogik aufgewertet und die Verantwortung in der Geschäftsführung angesiedelt werden. Vom Konzept des Kinderdorfes mit einer "Mutter", die mehrere Kinder betreut, will man abrücken. Zwar sind ohnehin nur mehr zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen in dieser Form der Betreuung untergebracht, doch so sollen auch diese nach und nach reformiert werden. "Das ist ein veraltetes System", unterstrich die Jugendhilfe-Expertin und Aufsichtsratsmitglied Maria Wienerroither.

Die Traumaexpertin und Uni-Professorin Brigitte Lueger-Schuster, die ebenfalls dem Gremium angehört, betonte, dass es nun extrem wichtig sei, dass wieder Ruhe in den Einrichtungen eintritt. Sowohl das Personal als auch die Kinder und Jugendlichen seien derzeit sehr verunsichert. Bei den Kindern habe es zudem einen Grund, dass sie nicht bei ihren Familien leben. "Sie tragen alle einen eigenen Rucksack", so Lueger-Schuster.

(APA)

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