Vor 4,5 Milliarden Jahren: Wie ein planetarer Crash den Mond formte
Warum ist der Mond so ungewöhnlich? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft seit Jahrzehnten. Kein anderer Planet unseres Sonnensystems besitzt im Verhältnis zu seiner Größe einen so großen Begleiter wie die Erde. In den 1970er-Jahren setzte sich die sogenannte Kollisionstheorie durch: Ein Objekt von etwa der Größe des Mars – Theia – krachte rund 150 Millionen Jahre nach der Geburt des Sonnensystems in die Proto-Erde. Aus den Trümmern formte sich unser Mond.
Theia: Ein Planet aus der Nachbarschaft
Eine neue Studie des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung und der University of Chicago liefert nun konkrete Hinweise auf Theias Herkunft. Laut den Forschenden war dieser Protoplanet kein entfernter Eindringling, sondern stammte aus dem inneren Sonnensystem, möglicherweise sogar näher an der Sonne als die junge Erde.
"Die chemische Zusammensetzung eines Himmelskörpers verrät uns viel über seinen Entstehungsort", erklärt Studien-Coautor Thorsten Kleine. Entscheidend seien dabei die Verhältnisse bestimmter Isotope – also Atomsorten eines Elements mit unterschiedlicher Neutronenzahl –, die in den verschiedenen Regionen des frühen Sonnensystems unterschiedlich verteilt waren.
Analyse bis ins Atomgewicht
Für ihre Untersuchung analysierte das Team Eisenisotope aus 15 Gesteinsproben der Erde und sechs vom Mond – letztere stammen von den Apollo-Missionen. Das Ergebnis: Die Isotopenverhältnisse sind nahezu identisch. Diese Ähnlichkeit deutet darauf hin, dass Erde und Theia eine gemeinsame geochemische Herkunft haben. Der Einschlag muss so heftig gewesen sein, dass sich die beiden Körper nahezu vollständig vermischten – chemisch kaum mehr zu unterscheiden.
Auch andere Elemente wie Chrom, Molybdän und Zirkonium wurden untersucht. Daraus ergibt sich ein plausibles Szenario: Sowohl die Erde als auch Theia bestanden überwiegend aus Material, das innerhalb der Marsbahn entstanden ist – also aus dem inneren Sonnensystem. Theia war, so die Forscher, vermutlich ein planetarer Nachbar der Erde.
Der Crash, der alles veränderte
Beim Zusammenstoß wurde die Erde buchstäblich aufgerissen, Material wurde in den Orbit geschleudert, wo sich daraus rasch ein Protomond formte. Zehntausend Jahre später hatte dieser junge Mond alle Trümmer eingefangen, die ihn noch umkreisten. Theia selbst ging im neu entstandenen Mond und der Erde auf.
Bemerkenswert: Die Theorie könnte auch erklären, warum Eisen im Erdmantel vorhanden ist. Während der frühen Erdgeschichte sank das schwere Metall ursprünglich in den Kern – das Eisen im Mantel könnte also von Theia stammen.
Der Ursprung im Detail
Die Studie stützt sich unter anderem auf Simulationen kosmischer Zusammenstöße. Dabei spielten die Forschenden verschiedene Zusammensetzungen durch – und kamen zu dem Schluss, dass Theia aus nicht kohlenstoffhaltigem Material bestand, wie es etwa in bestimmten Meteoriten aus dem inneren Sonnensystem vorkommt.
"Das überzeugendste Modell zeigt: Erde und Theia waren sich näher, als wir lange angenommen haben", so Hauptautor Timo Hopp. Frühere Untersuchungen, etwa zu Variationen im Wolframisotop 182, unterstützen diese Annahme.
Ein Mond aus gemeinsamen Wurzeln
Die Ergebnisse sprechen für eine gemeinsame planetare Herkunft von Erde, Theia und Mond – und für eine Kollision, die nicht nur das Antlitz unseres Planeten, sondern das Schicksal des gesamten Erdsystems geprägt hat. Was heute als selbstverständliches Himmelsphänomen am Nachthimmel steht, ist das Ergebnis eines urzeitlichen Infernos.
(VOL.AT)
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