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Gefährdet dieses neue Gesetz 144.000 Arbeitsplätze?

Rainer Will (l.), Handelsverband-Geschäftsführer, kritisiert das neue Shrinkflations-Gesetz.
Rainer Will (l.), Handelsverband-Geschäftsführer, kritisiert das neue Shrinkflations-Gesetz. ©Handelsverband/Selina Palla, APA
Die Bundesregierung hat sich am Dienstag auf ein neues Gesetz gegen "Shrinkflation" - versteckte Preiserhöhungen im Lebensmittelhandel - geeinigt. Der Handel vor weitreichenden Konsequenzen.

Laut dem neuen Gesetz müssen Lebensmittelhändler die Verringerung des Packungsinhalts bei gleichbleibendem Preis künftig 60 Tage lang kennzeichnen. Tun die Händler das nicht, drohen Strafen bis zu 15.000 Euro.

"Wir verstehen total, dass Shrinkflation die Menschen ärgert. Uns Händlern geht es genauso. Aber die Entscheidungen über sinkende Füllmengen ohne Preisreduktion treffen die Produzenten, nicht die heimischen Händler. Wenn der Handel jetzt für etwas bestraft wird, das er gar nicht verursacht, dann belastet das nur unsere 140.000 Beschäftigten, die Überbringer der Botschaft, nicht jene, die sie verursachen", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

Produzententhema, kein Händlerthema

Entscheidungen über Verpackungsgrößen und Füllmengen von Markenartikeln liegen allerdings bei den jeweiligen Herstellern aus der Industrie oder dem Gewerbe. Die Händler besitzen nur bei ihren Eigenmarken einen Gestaltungsfreiraum.

"Die Politik verwechselt hier Ursache und Wirkung und hängt dem Handel eine aufwendige Shrinkflation-Kennzeichnungspflicht um. Diese wird die Preise in den Regalen nicht reduzieren, sondern im Gegenteil: Sie führt zu noch mehr Bürokratie, mehr Personalaufwand und damit zu höheren Kosten", so Will.

EU-weite Kennzeichnungspflicht für Hersteller gefordert

Eine EU-weite Kennzeichnungspflicht für Hersteller hätte hingegen laut dem Handelsverband-Geschäftsführer drei entscheidende Vorteile:

  • Sie wäre verursachungsgerecht, d.h. sie würde jene Akteure sowohl rechtlich als auch in der öffentlichen Wahrnehmung in die Pflicht nehmen, die für Shrinkflation verantwortlich sind;
  • Sie wäre unbürokratischer und kostengünstiger umsetzbar - es wäre wesentlich einfacher, Shrinkflation einmal und zentral beim Hersteller zu kennzeichnen (wo sie auch tatsächlich stattfindet), anstatt tausende Male dezentral in allen Lebensmittelmärkten Österreichs;
  • Sie hätte eine Lenkungswirkung, Hersteller würden es sich vermutlich zweimal überlegen, versteckte Preiserhöhungen zu praktizieren, wenn sie verpflichtet wären, dies klar sichtbar auf der Verpackung mit einem Shrinkflation-Hinweis auszuweisen.

Zusatzbelastung für 140.000 Angestellte

Die einseitige Verpflichtung des Handels, die Shrinkflation der Hersteller 60 Tage lang kennzeichnen zu müssen, würde genau den gegenteiligen Effekt haben, als die Bundesregierung anstrebt, so Will: Sie sei eine massive Zusatzbelastung für die Nahversorger wie auch für die 140.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den rund 9.400 Lebensmittelgeschäften in Österreich.

Ein vollsortierter Lebensmittelmarkt führe durchschnittlich zwischen 8.000 und 20.000 verschiedene Artikel von tausenden unterschiedlichen Herstellern. Eine gesetzliche Verpflichtung für den Handel, diese Zahl an Artikeln dauerhaft und lückenlos zu monitoren und falls nötig durch zusätzliche Aufkleber oder Informationsschilder zu kennzeichnen, werde nicht dazu beitragen, die Lebensmittelpreise in Österreich zu stabilisieren, kritisiert der Handelssprecher.

"Unsere Branche steht für volle Transparenz. Es sind internationale Markenartikelhersteller, die Portionsgrößen reduzieren bzw. Füllmengen schrumpfen und gleichzeitig die Preise gleich belassen oder gar erhöhen. Daher wäre eigentlich die Lebensmittelindustrie gefordert, auf Shrinkflation-Praktiken zu verzichten oder diese korrekt auszuweisen", stellt Rainer Will klar.

Deutsche klagen Milka-Hersteller

In Deutschland hatte die Verbraucherzentrale Hamburg erst vor wenigen Wochen eine Klage gegen den Lebensmittelgiganten Mondelez beim Landgericht Bremen eingereicht. Der Vorwurf: Unlauterer Wettbewerb durch eine "Mogelpackung" bei der Schokomarke Milka.

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