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Protest gegen Dinghofer-Symposium vor Parlament in Wien

Am Dienstag findet das umstrittene Dinghofer-Symposium im Parlament statt.
Am Dienstag findet das umstrittene Dinghofer-Symposium im Parlament statt. ©Pixabay (Sujet)
Trotz erheblicher Kritik im Vorfeld wird am Dienstagabend das sogenannte Dinghofer-Symposium im Parlament durchgeführt. Die Veranstaltung, die von FPÖ-Nationalratspräsident Rosenkranz organisiert wird, wird von einer Protestaktion der Jüdischen Österreichischen Hochschüler:innen (JöH) vor dem Parlament begleitet.
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Am Gegen-"Symposium" mit dem Titel "Gegen Geschichtsvergessenheit und Nazi-Ehrung im Parlament" beteiligen sich Repräsentanten der jüdischen Gemeinde und Schriftsteller. Bei der Protestveranstaltung am Abend vor dem Parlament sprechen unter anderem der Vizepräsident des World Jewish Congress (WJC), Ariel Muzicant, die Autoren Doron Rabinovici und Susanne Scholl sowie die Direktorin des Jüdischen Museums Wien, Barbara Staudinger. Am Dienstagmorgen riefen auch die Sozialistische Jugend Österreich (SJÖ) und der Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) zu einer Kundgebung vor dem Parlament. Rund 30 Personen forderten Rosenkranz per Transparent und Redebeiträgen zum Rücktritt auf.

Kritik an Rosenkranz wegen Dinghofer-Symposium

Das nach dem umstrittenen früheren Politiker und Juristen Franz Dinghofer benannte Symposium, das in den vergangenen Jahren bereits im Parlament und im vom Parlament genutzten Palais Epstein stattgefunden hatte, hat heuer im Vorfeld für Aufregung gesorgt. Nachdem mehrere Zeithistoriker in einem Offenen Brief gegen das "ehrende Erinnern an einen deklarierten Antisemiten und Nationalsozialisten" mobil gemacht hatten, folgte Kritik von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, rief Rosenkranz am Montag dazu auf, die Veranstaltung abzusagen. Die FPÖ sprach dagegen von einer "Rufmordkampagne".

"Bei allen Schattenseiten, die Franz Dinghofer aufgewiesen hat, nachweislich - man sollte auch die guten Seiten sehen", verteidigte Rosenkranz im Ö1-"Morgenjournal" das Symposium. Seit 15 Jahren finde es im Parlament statt - "und anscheinend seit ich jetzt Präsident dieses Hauses bin, ist es ein Problem." Die Veranstaltung anlässlich der Gründung der Ersten Republik sei dem dritten Lager wichtig, da damals Grund- und Freiheitsrechte in Österreich Einzug gehalten hätten, so der Nationalratspräsident. Dinghofer sei damals eine der prägenden Figuren gewesen.

FPÖ verteidigt deutsch-nationalen Dinghofer

Am Dienstag matchten sich die Parteien erneut. Rosenkranz vergesse, "dass er als Nationalratspräsident der zweite Mann im Staat ist - und hier nicht als FPÖ-Vertreter agiert", wird ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl in einer Aussendung zitiert. Die Erinnerungskultur-Sprecherin der SPÖ, Sabine Schatz, drängte auf eine Absage des Events. Dinghofer sei schließlich bekennender Antisemit gewesen, kritisierten beide.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker rückte zur Verteidigung Dinghofers aus. Der "Republikgründer" sei nach dem "Anschluss" als OGH-Präsident vorzeitig abgesetzt, sein Familienbesitz durch Nationalsozialisten enteignet worden. Dass er NSDAP-Mitglied war, sei nicht bewiesen: "Unterlagen dazu weisen Widersprüche auf und sind ohne seine Unterschrift." Der SPÖ warf Hafenecker vor, über den Antisemitismus historischer Sozialdemokraten hinwegzusehen. "Der erste Staatskanzler der Ersten Republik und erste Bundespräsident der Zweiten Republik, der Sozialdemokrat Dr. Karl Renner, war zum Beispiel bekennender Antisemit, befürwortete 1938 den 'Anschluss' an Hitler-Deutschland und diente sich Stalin an - trotzdem heißt die SPÖ-Parteiakademie nach wie vor Dr.-Karl-Renner-Institut", betonte er.

Wichtigste Funktionen des deutsch-nationalen Politikers waren das Amt des Linzer Bürgermeisters, des Vizekanzlers und des Dritten Nationalratspräsidenten. Später war er bis 1938 Präsident des Obersten Gerichtshofs. Laut Auskunft des Bundesarchivs in Berlin war Dinghofer NSDAP-Mitglied. Er habe sich 1940 um die Aufnahme in die NSDAP bemüht, diese sei ihm bereits nach zweieinhalb Monaten gewährt worden. In der Nachkriegszeit wurde er einfaches Mitglied des VdU, der Vorgängerorganisation der FPÖ.

(APA/Red)

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