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"Lohn der Mehrleistung" - Debatte um Freibetrag für Überstunden und die Pensionisten-"Flat Tax"

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP; links) und Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ; rechts) bei einer Klausur der Bundesregierung im September 2025.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP; links) und Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ; rechts) bei einer Klausur der Bundesregierung im September 2025. ©APA
Mit einer "Flat Tax" sollen Pensionisten ab Jänner 2026 zum Weiterarbeiten im Ruhestand animiert werden. Gleichzeitig wird aktuell heftig über den Freibetrag für Überstundenzuschläge diskutiert.

Beim Freibetrag für Überstundenzuschläge soll ab 2026 120 Euro für höchstens zehn Überstunden betragen, aktuell sind es 200 Euro für höchstens 18 Überstunden. Die ÖVP will entgegen der Regierungsvereinbarungen die aktuelle Regelung beibehalten - Ein Steuerzuckerl, das mit 150 Millionen Euro aufs Budget schlägt.

Außerdem hat die Regierung die "Flat Tax" für Pensionisten auf den Weg gebracht, die Kosten für den Staatshaushalt wären für 2026 bei 300 Millionen Euro, für 2027 bei 470 Millionen.

In Zeiten einer Budgetkrise teure Belastungen für das Staatsbudget, zudem wird Kritik laut, die Maßnahmen wären auch arbeitsmarktpolitische kontraproduktiv.

"Flat Tax" auf Pensions-Zuverdienst

Die Flat Tax auf Zuverdienste von Pensionistinnen und Pensionisten soll trotz ungeklärter Fragen zwischen den Koalitionspartnern ÖVP, SPÖ und NEOS weiterhin wie angekündigt mit Jänner 2026 in Kraft treten. Das sagte SPÖ-Staatssekretärin und Regierungskoordinatorin Michaela Schmidt am Mittwoch nach dem Ministerrat. "Wir arbeiten hart daran, das Datum zu erreichen."

"Es sind komplexe Fragen, die hier noch geklärt werden müssen", meinte die Staatssekretärin, ohne genauer auf ungelöste Punkte einzugehen. Ein Knackpunkt dürfte jedenfalls die Frage sein, ob die Flat Tax nur für Unselbstständige gelten soll, wie Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) unlängst erklärte. Die ÖVP will hingegen, dass auch Selbstständige von dem geringeren Steuersatz profitieren können.

Arbeits-Anreiz für Pensionisten

Das Regierungsprogramm sieht vor, dass "das Zuverdiensteinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 25 Prozent endbesteuert wird", wenn diese in der Pension weiter arbeiten. Die Bediensteten sollen zudem von Sozialversicherungsbeiträgen befreit werden, Dienstgeber nur den halben Beitrag entrichten. "Der Deckel für das begünstigte Einkommen ist noch zu klären", heißt es in dem Koalitionsabkommen. Die Kosten für den Staatshaushalt werden für 2026 mit 300 Millionen Euro angegeben. 2027 sollen es dann 470 Millionen sein.

Debatte um Freibetrag für Überstundenzuschläge

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) ist für eine Beibehaltung des angehobenen Freibetrags für Überstundenzuschläge, der mit Ende 2025 ausläuft. "Wer mehr arbeitet, soll auch mehr davon haben", wird er zitiert. Im Zuge der Abschaffung der sogenannten Kalten Progression 2023 war die steuerliche Begünstigung von Überstunden ausgeweitet worden.

Für 2024 und 2025 wurde der monatliche Freibetrag für höchstens 18 Überstunden auf 200 Euro im Monat erhöht. Ab 2026 wird dieser 120 Euro für höchstens 10 Überstunden betragen. Es brauche "die richtigen Anreize", betonte Hattmannsdorfer, denn "jede zusätzliche Stunde Leistung stärkt unsere Wirtschaft und ist ein Beitrag zum Comeback Österreichs." In der Koalition gebe es aktuell Gespräche darüber, sagte eine Sprecherin des Ministers zur APA.

Finanzministerium verweist auf Regierungsprogramm

Die Fortsetzung der Regelung soll so schnell wie möglich umgesetzt werden, hieß es, wenn möglich bereits 2026. Man sei sich der schwierigen budgetären Situation aber bewusst. Im Koalitionsabkommen hat die Regierung festgehalten, Überstunden bzw. Zuschläge ab 2027 steuerlich zu begünstigen - allerdings unter Budgetvorbehalt.

Das Finanzministerium verwies auf die Koalitionsverhandlungen. "Alle drei Parteien haben sich während der Regierungsverhandlungen darauf verständigt, dass diese Senkung für das Jahr 2026 so kommt", wird das Ressort von Minister Markus Marterbauer (SPÖ) zitiert. Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) will zuerst "die Schieflage thematisieren, dass allein im Vorjahr 42 Millionen Überstunden von den Beschäftigten zwar geleistet, aber weder in Zeit noch in Geld abgegolten wurden", bevor man über den Steuersatz spreche.

"Arbeitsmarktpolitische Irrlichterei" - Kritik von den Grünen

"Die Arbeitslosigkeit steigt seit Monaten und die Regierung verliert sich in Debatten um sinnlose und teure Steuergeschenke. Die aktuelle Diskussion um eine Verlängerung des höheren Freibetrags bei Überstunden ist keine seriöse Arbeitsmarktpolitik. Das ist arbeitsmarktpolitische Irrlichterei, vor allem der ÖVP", kritisiert Markus Koza, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen.

Es wäre angesichts der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt unvernünftig und arbeitsmarkt- wie auch budgetpolitisch unverantwortlich, dieses Steuerzuckerl fortzuschreiben, weil es die Arbeitslosenzahlen in Krisenzeiten erhöht", sagt Koza. Die 150 Mio. Euro seien jedenfalls in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Bildung, Qualifizierung und berufliche Umorientierung besser investiert als in die Förderung von Überstunden.

Kritik kommt von Koza allerdings auch an der SPÖ. "Es ist richtig, dass Finanzminister Marterbauer die Verlängerung der Überstundenregelung aus budgetären Gründen ablehnt. Es ist aber unverständlich, warum das nicht auch für die noch viel teurere Maßnahme ‚Arbeiten im Alter‘ gilt", meint Koza. Die budgetären Mehrkosten für Arbeiten im Alter - die umstrittene steuerliche Förderung von Arbeiten neben der Pension über eine Flat-Tax und halbierte arbeitgeberseitige Sozialabgaben - würden sich 2026 auf rund 300 Mio., 2027 sogar auf 470 Mio. Euro belaufen.

"Hunderte Millionen Euro an reinen Steuergeschenken, arbeitsmarktpolitisch nicht nur sinnlos, sondern geradezu kontraproduktiv - und das in Zeiten knapper Budgets. Das versteht niemand. Wir erwarten auch hier eine klare Absage des Finanzministers an die arbeitsmarktpolitischen Geisterfahrer in der ÖVP. Hier zu sparen wäre jedenfalls Sparen an richtiger Stelle", hält Koza fest.

Für die FPÖ heißt das: "Mehr arbeiten, weniger verdienen"

"Die ÖVP verkauft den Menschen gerade wieder einmal eine Mogelpackung. Unter dem Schlagwort ‚Leistung muss sich lohnen‘ verspricht die Volkspartei steuerliche Entlastung für jene, die in diesem Land wirklich anpacken - doch die Realität sieht leider anders aus", erklärte heute der freiheitliche KMU-Sprecher Michael Fürtbauer.

"Statt 200 Euro pro Monat für bis zu 18 Überstunden sollen künftig nur noch 120 Euro für höchstens zehn Überstunden steuerfrei bleiben. Das ist keine Entlastung, das ist eine klare Verschlechterung. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass ÖVP-Wirtschaftssprecher und Wirtschaftsbund-Generalsekretär Egger selbst bei den Verhandlungen dabei war und diese Regelung mitbeschlossen hat. Somit steht er persönlich dafür, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zukunft weniger steuerfrei erhalten - während er aber öffentlich das Gegenteil behauptet", kritisierte Fürtbauer.

"Mehrarbeit darf nicht bestraft werden, sondern sie muss sich wirklich lohnen. Was hier aber von der Regierung als Entlastung verkauft wird, ist in Wahrheit eine Kürzung und sie trifft genau jene, die Österreich am Laufen halten - nämlich die Beschäftigten in der Gastronomie, im Tourismus, in der Pflege und in der Industrie", erklärte Fürtbauer.

"Damit bleibt vom großen Versprechen ‚Mehrarbeit soll sich lohnen‘ rein gar nichts übrig. Steuerfrei sind nicht einmal die Überstunden selbst, sondern nur die Zuschläge. Der Grundlohn bleibt ganz normal steuerpflichtig. Wer regelmäßig Überstunden leistet, hat also keinen echten Vorteil - nur ein paar Euro weniger Steuer auf dem Papier", rechnete Fürtbauer vor.

FPÖ fordert "volle Steuerfreiheit für Überstunden"

"In Wahrheit spricht die ÖVP von Entlastung, plant aber eine Kürzung, gibt selbst zu, dass ab 2026 weniger steuerfrei gestellt wird und verkauft das trotzdem als Erfolg. Eine solche Vorgangsweise ist unredlich gegenüber all jenen, die mehr leisten, wie etwa Köche, Kellnerinnen, Monteure, Krankenschwestern oder Schichtarbeiter, die gemeinsam unser Land am Laufen halten. Diesen Menschen sagt diese Regierung: ‚Arbeitet mehr, aber bekommt weniger heraus.‘ Daher fordern wir Freiheitliche: eine volle Steuerfreiheit für Überstunden - nicht nur für Zuschläge, keine Deckelung auf zehn oder 18 Stunden, denn wer mehr arbeitet, soll auch mehr behalten dürfen. Wir fordern auch eine echte Anerkennung für Leistungsträger und keine leeren Wahlversprechen", betonte Fürtbauer.

(APA/VOL.AT)

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