"Völlig ineffiziente Maßnahme": Gewerkschaftsbund lehnt steuerfreie Überstunden ab
Landesvorsitzender Reinhard Stemmer spricht von einer Maßnahme mit weitreichenden Folgen – insbesondere für Frauen.
ÖGB kritisiert Steuerpläne als ungerecht
Im Volkswirtschaftlichen Ausschuss des Vorarlberger Landtags haben ÖVP und FPÖ einen Antrag eingebracht, der eine steuerliche Begünstigung von Überstunden vorsieht. Der ÖGB Vorarlberg lehnt diesen Vorschlag entschieden ab. Landesvorsitzender Reinhard Stemmer bezeichnet die Maßnahme als ineffizient und warnt vor negativen Auswirkungen auf die Einkommensgerechtigkeit.
"Es handelt sich um eine völlig ineffiziente Maßnahme, die vor allem vollzeitbeschäftigte Männer begünstigt und uns bei der Einkommensgerechtigkeit meilenweit zurückwirft", so Stemmer in einer Aussendung.
Warnung vor steuerlicher Benachteiligung von Frauen
Laut ÖGB sei die geplante Steuerbegünstigung in erster Linie für Männer vorteilhaft, da diese häufiger Vollzeit arbeiten und Überstunden leisten. Stemmer verweist auf Zahlen der Statistik Austria: 24 Prozent der Männer hätten im vergangenen Jahr Überstunden gemacht, bei Frauen seien es lediglich 13 Prozent gewesen. In Vorarlberg entfielen laut diesen Daten 5,4 Millionen Überstunden auf Männer und 1,8 Millionen auf Frauen.
"Damit ist eine steuerliche Begünstigung von Überstunden zum klaren Vorteil für Vollzeitbeschäftigte und Männer", erklärt Stemmer. Teilzeitbeschäftigte – überwiegend Frauen – erhielten für Mehrarbeit laut Arbeitszeitgesetz geringere Zuschläge von 25 Prozent, während Vollzeitkräfte 50 Prozent bekämen. Eine steuerliche Entlastung bei Überstunden gehe daher klar zu Lasten von Frauen.
ÖGB warnt vor Rückschritten bei Gleichstellung
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Auswirkungen auf unbezahlte Arbeit. Wenn Männer durch steuerliche Anreize vermehrt Überstunden leisten, würden Aufgaben wie Kinderbetreuung oder Pflege vermehrt bei den Frauen landen, so Stemmer.
"Das wirft uns bei der Gleichstellung meilenweit zurück", heißt es in der Stellungnahme. "Es kann niemand ernsthaft eine Benachteiligung von Tausenden Frauen durchsetzen wollen." Stemmer erinnert auch daran, dass Frauen mit Kindern tendenziell weniger Überstunden leisten. "Sie finanziell für die unbezahlte Arbeit auch noch zu bestrafen, ist unsolidarisch."
ÖGB fordert stattdessen Abgeltung bestehender Überstunden
Der ÖGB kritisiert auch, dass jährlich rund 42 Millionen Überstunden nicht ausbezahlt würden. Diese müssten vorrangig abgegolten werden, bevor über steuerliche Entlastungen gesprochen werde. Stemmer sieht auch gesundheitliche Risiken durch überlange Arbeitstage: "Die Nachteile für die körperliche und psychische Gesundheit von Beschäftigten wegen überlanger Arbeitszeiten sind wissenschaftlich ausreichend erwiesen."
Forderung nach Arbeitszeitverkürzung und fairer Verteilung
Der ÖGB plädiert grundsätzlich für eine Verkürzung der Arbeitszeit statt für steuerliche Anreize für Mehrarbeit. Staatliche Maßnahmen müssten treffsicher und effizient sein – gerade in Zeiten budgetärer Engpässe, so Stemmer. Arbeit müsse gerechter verteilt werden: "Es ist unverständlich, dass auf der einen Seite Menschen so viel arbeiten, dass ihre Gesundheit darunter leidet – während andere keine Arbeit haben bzw. in der Teilzeitfalle festsitzen."
Keine Steuermehreinnahmen erwartet
Abschließend weist der ÖGB darauf hin, dass durch die geplante Maßnahme keine Ausweitung des Arbeitsvolumens zu erwarten sei. Vielmehr sei zu befürchten, dass sich die ungleiche Verteilung von Arbeit weiter verschärfe. "Somit würden dem Staat wichtige Einnahmen entfallen, ohne dass die gewünschte Lenkungswirkung erzielt wird."
(VOL.AT)
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