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"Als ich eingeliefert wurde, hieß es, es sei zu spät" – wie ein Dornbirner knapp Legionellen überlebte

Daniel ist 49 Jahre alt – doch nach einer Legionelleninfektion fühlt er sich wie 80. Sechs Tage lang lag der Dornbirner im Koma, die Erschöpfung hält noch immer an. Was ihn besonders beschäftigt: Warum reagierte die Behörde auf die verpflichtende Meldung seiner Infektion nicht schneller? Die BH Dornbirn nimmt dazu gegenüber VOL.AT Stellung.

Nur knapp dem Tod entronnen

Daniel Popov hat keine Erinnerung an die Zeit, in der er nur knapp dem Tod entronnen ist. Es ist der 24. Oktober 2025, als er auf der Intensivstation des Krankenhauses Dornbirn wieder die Augen öffnet – sechs Tage, nachdem man ihn ins künstliche Koma versetzt hat. Sechs Tage, nachdem seine Ehefrau Snježana Popov den Krankenwagen gerufen hat.

Daniel Popov im VOL.AT-Interview über seine Erkrankung:

Aus zwei Tagen wurden mehrere Wochen

Bereits den Notruf oder die Fahrt mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus Dornbirn hatte er nicht mehr mitbekommen, so schlecht war da schon sein Zustand. Bereits 42 Grad Fieber hatte er zu dem Zeitpunkt. Zuvor ging es ihm schon mehrere Tage lang nicht gut.

Er fühlte sich bereits am 12. Oktober krank, als er sich aus beruflichen Gründen gemeinsam mit seiner Partnerin auf den Weg nach Oberösterreich machte. Die Prüfung, für die beide angereist waren, absolvierte nur seine Ehefrau. Er selbst blieb krank mit Medikamenten im Bett, um die Fahrt wenige Tage später zurück nach Dornbirn bewältigen zu können.

Es war keine leichte Zeit für ihn und seine Frau: Ein privates Foto zeigt ihn im Krankenhaus. ©Privat

Denn zu diesem Zeitpunkt glaubte er noch, es wär lediglich ein grippaler Infekt. An Legionellen dachte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Der Abteilungsleiter meldete sich für die nächsten zwei Tage in der Firma krank. Doch es blieb nicht bei zwei Tagen. Er ist voraussichtlich noch bis Ende November krankgeschrieben.

Sechs Tage ohne Erinnerung

Ab dem 18. Oktober war er im Krankenhaus Dornbirn auf der Intensivstation. Sechs Tage sind daraufhin vergangen, an die er heute keinerlei Erinnerung hat. "Ich war ja offenbar da, aber nicht da", so der Dornbirner. Er beschreibt es als gruseliges Gefühl, wie er die Kontrolle über sein Schicksal verloren hatte. Ähnlich ging es seiner Ehefrau, die schlimme Tage durchmachte. In dieser Woche sei Snježana "hundertmal gestorben", wie Daniel im VOL.AT-Interview berichtet – vor Angst um ihn bei jedem Anruf.

Er war eine Woche lang nicht bei Bewusstsein. ©Privat

"Legionellen bringen dich ans Limit"

Das Bewusstsein kehrte Ende Oktober zwar zurück – die Erschöpfung blieb aber: "Als ich aufgewacht bin, habe ich gemerkt: Ich bin körperlich definitiv nicht mehr der, der ich davor gewesen bin." Eine durch Legionellen verursachte Lungenentzündung hatte ihn stark geschwächt. Heute braucht er nach dem Duschen erst mal eine Stunde Pause oder benötigt eine Stunde für die Rasur – Erschöpfungssymptome, die man sonst auch gerne von Long-Covid-Patienten kennt.

Der 49-Jährige kannte Legionellen vom Hörensagen. Doch nie hätte er damit gerechnet, dass es ihn selbst einmal treffen würde. Doch genau diese Infektion hat ihm beinahe das Leben gekostet.

Daniel Popov im VOL.AT-Interview. ©VOL

Was sind Legionellen?

Es handelt sich dabei um Bakterien, die sich in warmem Wasser vermehren und über feinste Wassertröpfchen, etwa beim Duschen oder durch Klimaanlagen, in die Lunge gelangen können. Das kann eine schwere Lungenentzündung, die sogenannte Legionärskrankheit, zur Folge haben.

Wenn Betroffene zu spät behandelt werden, kann dies lebensbedrohlich sein. Da hatte der Abteilungsleiter gerade noch einmal Glück im Unglück gehabt: "Als man mich eingeliefert hat, hat es eigentlich geheißen, es ist zu spät." Seine Ehefrau hatte die Rettung alarmiert, als er bereits in seinen Worten "delirischen Zustand" mit 42 Grad Fieber gewesen ist.

Kritik an Behörden

Zum Glück war es doch nicht zu spät. Er überlebte die schwere Lungenentzündung. Daniel Popov hat am eigenen Leib erfahren, dass mit Legionellen nicht zu spaßen ist.

Besonders stört ihn deshalb, dass trotz gesetzlicher Meldepflicht seiner Meinung nach viel zu spät reagiert wurde. "Wenn schon eine Weisungspflicht besteht, dass man die Infektion dem Amt melden muss, dann verstehe ich halt einfach nicht, warum das Amt das Ganze fast drei Wochen lang schleifen lässt", übt er scharfe Kritik. Dabei liegt ihm das Verhindern von weiteren Infektionen am Herzen.

Ausländisches Labor als Ursache für fehlenden Eintrag

Die Legionellen-Erkrankung von Daniel Popov wurde bereits am 18. Oktober 2025 vom Krankenhaus Dornbirn gemeldet, wie die BH bestätigt. "Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist diese Meldung tatsächlich zunächst nicht weiterbearbeitet worden", bestätigt dies Bezirkshauptfrau Claudia Feurstein.

Ein positiver Legionellen-Befund wird normalerweise digital ins Meldesystem eingetragen und zusätzlich vom Krankenhaus an die zuständige Behörde schriftlich gemeldet. Im konkreten Fall blieb der digitale Eintrag jedoch aus. Feurstein begründet dies damit, dass der positive Befund von einem deutschen Labor stamme. Ausländische Labore sind nicht verpflichtet, Daten ins österreichische Epidemiologische Meldesystem (EMS) einzutragen.

Bezirkshauptfrau Claudia Feurstein hat ein Vier-Augen-Prinzip bei der BH Dornbirn eingeführt. ©BIRGIT RIEDMANN PHOTOGRAPHY

Betroffener ließ nicht locker

Erst als der Erkrankte wieder bei Bewusstsein war und Ende Oktober aktiv bei der Behörde nachfragte, wurden laut der Bezirkshauptmannschaft "unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen getroffen". Darunter sind etwa folgende Schritte: die erforderlichen Befragungen, das Informieren der Behörde in Oberösterreich und der Auftrag der Probeziehung in der Privatwohnung.

Dem Dornbirner selbst hingegen ging es auch nach seinen Kontaktversuchen immer noch nicht schnell genug. Er versteht nicht, warum ihn die Behörde bei einer derart wichtigen Angelegenheit wegen Urlaub bzw. Personalmangel bis zum 3. November vertröstet.

Daniel Popov beim Online-Interview. ©VOL

Laborproben entnommen

Wo der Dornbirner sich genau angesteckt hat, ist weiters unklar. Er hielt sich vor seinem Krankenhausaufenthalt unter anderem sowohl in einem Hotel in einem Kurort in Oberösterreich als auch bei sich zu Hause auf. Seine Ehefrau erkrankte nicht, obwohl sie sich ebenfalls an beiden Orten aufhielt.

In Daniel Popovs Wohnung wurden inzwischen vom Umweltinstitut Wasserproben entnommen und an die AGES zur Analyse übermittelt – ein Ergebnis steht noch aus, informiert die BH Dornbirn VOL.AT Ende vergangener Woche. Laut der BH Dornbirn wurden bei den gemessenen Temperaturen keine Auffälligkeiten festgestellt. Vorsorglich empfahl man, Duschkopf und -schlauch mit heißem Wasser zu spülen oder zu tauschen. Popov selbst fühlt sich zu Hause immer noch sicher: Er dusche dort seit zwei Jahren "wie ein Weltmeister" – ohne Probleme.

Weiterhin geschwächt

Inzwischen ist Daniel Popov wieder zu Hause – aber immer noch nicht der alte Daniel von zuvor, der auch mal gerne anpackt. "Legionellen bringen dich echt ans Limit", sagt der 49-Jährige.

Nach wie vor fühlt er sich schwach und darf sich weiterhin nicht zu sehr anstrengen. "Mein Körper fühlt sich an wie der eines 80-Plus-Jährigen", meint der Ende-Vierzig-Jährige.

©VOL

Beim Gespräch mit VOL.AT hält er eine Teetasse in der Hand und hustet immer wieder. Man sieht ihm die Nachwehen der Lungenentzündung noch an. Das VOL.AT-Interview findet per Videocall statt – schließlich ist er noch zu schwach, um lange draußen zu sein. Trotzdem rafft er sich für das Gespräch mit VOL.AT auf – weil er nicht will, dass es anderen so ergeht wie ihm.

Vier-Augen-Prinzip eingeführt

Bezirkshauptfrau Claudia Feurstein möchte auf vermehrte Kontrolle setzen, damit sich der Fall nicht wiederholt: "Unabhängig davon habe ich in der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn veranlasst, dass bei Meldungen über anzeigepflichtige Erkrankungen künftig das Vier-Augen-Prinzip eingeführt wird."

Daniel selbst hätte ein schnelleres Handeln jedoch auch nicht geholfen – nur womöglich weitere Fälle verhindern können. Doch weitere Infektionen sind in seinem Umkreis laut aktuellem Wissensstand nicht bekannt.

"Werde bewusster leben"

Etwas Positives kann er aus dem dramatischen Erlebnis mitnehmen: "Ich werde mein Leben auf alle Fälle ab jetzt bewusster erleben. Und ich werde auch einige Dinge in meinem Leben verändern, die mir sowieso nicht gefallen haben."

(VOL.AT)

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