Der 35-jährige Christian Hirschbühl sagt leise "Tschüss". Am Mittwoch verkündete der Lauteracher Skirennläufer seinen Rücktritt via Social Media. Die letzte Fahrt hatte er bereits im Jänner 2025 in Wengen bestritten. Dort, wo zehn Jahre zuvor alles begonnen hatte. Ein Kreis schließt sich.
Video: Interview mit Christian Hirschbühl
Der große Erfolg beim Heimrennen
Es war der 13. November 2021, als Christian Hirschbühl in Lech/Zürs seinen größten sportlichen Erfolg feierte: ein Weltcupsieg beim Heimrennen. Für viele war das ein sportlicher Höhepunkt. Für ihn selbst ein Moment, der vieles in Bewegung setzte. Denn nur zwei Monate später, am 16. Jänner 2022, kam der Rückschlag: ein schwerer Sprunggelenksbruch in Wengen. Die Saison war vorbei.
"Der Sprunggelenksspezialist sagte, das sei mitunter die schwerste Verletzung, die man haben kann", erinnert sich Hirschbühl. Es folgte eine fast drei Jahre lange Pause, mehrere Operationen, unzählige Stunden bei der Reha und ein ständiges Abwägen: Noch einmal aufstehen oder aufgeben?
Der Kopf wollte nicht aufgeben
"Als ich ein Jahr nach dem Sturz vom Arzt gehört habe, dass Skifahren sehr schwierig werden wird, war das brutal", sagt Hirschbühl heute. Rücktrittsgedanken begleiteten ihn seitdem. Dennoch kämpfte er weiter, kam zurück – am 17. November 2024 in Levi. Doch der Kampf war längst kein sportlicher mehr. Es war ein mentaler Kraftakt.
"Fast drei Jahre in der Luft zu hängen, war schon sehr zehrend", gesteht er offen. Sein Comeback sei der Versuch gewesen, mit sich selbst ins Reine zu kommen: "Ich bin nicht der Typ, der einfach aufgibt. Ich kann heute sagen: Ich habe alles probiert."
Der Entschluss, der lange keiner sein wollte
Die Entscheidung zum Rücktritt fiel nicht an einem Tag, sie reifte. "Es war ein Prozess. Schlussendlich habe ich gemerkt, dass es, speziell körperlich, einfach nicht mehr reicht." Auch emotional wurde es mit der Zeit schwerer. "Es hat mich in den letzten Monaten immer wieder ergriffen. Ich wollte es nicht wahrhaben." Der Moment, in dem er das Posting absetzte, das sein Karriereende öffentlich machte, war ein endgültiger Schnitt: "Es war schwer, auf ‚Posten‘ zu drücken."
Rückhalt verloren – Wertschätzung vermisst
Nicht nur die körperlichen Grenzen machten Hirschbühl zu schaffen. Auch die Situation im Verband nagte. Nach der letzten Saison verlor er den Kaderstatus beim ÖSV. "Ich musste stark um meine Position kämpfen. Ich habe mich von manchen Personen einfach nicht so wertgeschätzt gefühlt." Er versuchte, den Kontakt zu halten, telefonierte mit der Führungsriege, forderte eine faire Lösung. Doch: "Die Lösung war nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe."
Trotzdem: Ein Groll bleibt nicht. Nur das Gefühl, dass er "einen zu hohen Preis bezahlt" habe, klingt nach. Was bleibt, ist Dankbarkeit. "Es war das Schönste, was ich machen konnte – ein riesiges Geschenk."
Ein Leben nach dem Ski – ohne Gletscherkälte am Morgen
Dass Hirschbühl nicht nur Skifahrer war, zeigt sein Weg nach dem Sport. Er absolvierte die Polizeiausbildung, kann den Job aufgrund seiner Verletzung aber nicht ausüben. Stattdessen machte er eine neue Tür auf: Die Ausbildung zum Physiotherapeuten hat bereits begonnen.
"Ich durfte so viele Therapeuten kennenlernen, jetzt möchte ich das Handwerk selbst lernen", blickt er in die Zukunft. Eine Rückkehr in den Weltcup-Zirkus, als Trainer oder Betreuer? "Das ist für mich aktuell kein Thema." Und eines wird er sicher nicht vermissen: "Die eisige Kälte auf dem Gletscher am frühen Morgen", sagt er mit einem Lächeln.
(VOL.AT)
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