Eine vom Verteidigungsministerium eingesetzte Kommission arbeitet derzeit an Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Wehr- und Zivildienstes. Der Bericht soll bis spätestens Ende des Jahres vorliegen.
Ziel ist es, die künftige personelle Ausstattung des Bundesheeres – insbesondere der Miliz – neu zu bewerten. Die Initiative geht auf Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) zurück, die das Gremium im Juni angesichts der geopolitischen Entwicklungen einberufen hatte.
Rückkehr zu acht Monaten Präsenzdienst wahrscheinlich
Eine der zentralen Optionen ist die Verlängerung des Grundwehrdienstes von derzeit sechs auf acht Monate. Diese Regelung galt bereits bis 2006, wurde damals unter Verteidigungsminister Günther Platter (ÖVP) verkürzt.
Auch die verpflichtenden Milizübungen wurden in diesem Zuge abgeschafft – ein Schritt, der seither von zahlreichen Experten, aber auch aus dem Bundesheer selbst, kritisiert wird. Denn Österreichs Landesverteidigung stützt sich stark auf das Milizsystem.
Milizsystem erfordert regelmäßige Auffrischung
Im Falle einer Mobilmachung spielen Milizsoldaten – und auch Grundwehrdiener – eine wesentliche Rolle neben dem Berufskader. Fachleute warnen, dass eine nur sechsmonatige Ausbildung nicht ausreicht, um die Einsatzfähigkeit im Ernstfall sicherzustellen. Ohne regelmäßige Nachschulungen drohe ein Know-how-Verlust, der die militärische Einsatzbereitschaft beeinträchtigen könnte.
Mehrheit für Reform in der Kommission erwartet
Der Vorsitzende der Kommission, Milizbeauftragter Erwin Hameseder, hat sich bereits öffentlich für eine Rückkehr zur achtmonatigen Dienstzeit ausgesprochen. In dem Gremium sitzen insgesamt 23 Mitglieder, darunter fünf Vertreter des Verteidigungsministeriums.
Stimmberechtigt sind zehn Personen, darunter Ex-Verteidigungsminister Thomas Starlinger sowie Vertreter des Bundeskanzleramts, des Finanzministeriums, des Zivilschutzes und der Zivildienstserviceagentur. Die übrigen 13 Mitglieder – etwa aus Jugendvertretungen oder Kammern – haben lediglich beratende Funktion.
Internationale Entwicklungen erhöhen Druck
In Europa wächst der Druck auf die Streitkräfte. Länder wie Schweden, Litauen und die Ukraine haben die Wehrpflicht wieder eingeführt oder ausgeweitet. Auch Frankreich und Deutschland diskutieren aktuell über verpflichtende Modelle.
In Deutschland plädiert Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für eine Rückkehr zur Wehrpflicht – mit einem Pflichtelement, falls nicht genügend Freiwillige gefunden werden. Die SPD lehnt ein Losverfahren ab, CDU und CSU drängen darauf.
Österreichs Sonderweg: Debatte um Frauenpflichtdienst
In Österreich ist die Wehrpflicht nach wie vor gesetzlich verankert. In der Volksbefragung 2013 hatte sich eine Mehrheit der Bevölkerung für deren Beibehaltung ausgesprochen. Anders als in Schweden oder Dänemark gibt es jedoch keine allgemeine Wehrpflicht für Frauen.
Die Idee eines verpflichtenden "Österreich-Jahres" für alle – mit Auswahl zwischen Wehr- und Zivildienst – wurde zuletzt von Offiziersgesellschaft und Sicherheitsberatern vorgeschlagen. Ministerin Tanner lehnt dies bislang ab, mit dem Hinweis auf fehlende gesellschaftliche Gleichstellung.
Hybridbedrohung als Argument für Reform
Auch Österreich ist zunehmend von sogenannter hybrider Kriegsführung betroffen – darunter Cyberangriffe oder Luftraumverletzungen. Diese Entwicklungen könnten der Diskussion über eine umfassendere Wehrpflicht zusätzlichen Schub verleihen.
(VOL.AT)
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