ME/CFS - Ministerium sieht "flächendeckende" Versorgung

Mit der Corona-Pandemie sind post-akute Infektionssyndrome (PAIS) verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt - und damit auch ME/CFS. Laut Hochrechnungen der MedUni Wien dürften in Österreich aktuell zwischen 70.000 und 80.000 Personen von ME/CFS betroffen sein. Betroffenenverbände sowie Experten beklagten in den vergangenen Monaten wiederholt mangelnde Versorgung - sowohl im medizinischen als auch sozialen Bereich. Spezialisierte Behandlungsstellen für Betroffene lassen trotz Ankündigungen nach wie vor auf sich warten.
Sozialministerin: Allgemeinmediziner "erste Anlaufstelle"
Der Grüne Abgeordnete Schallmeiner wollte in der Anfrage von Schumann unter anderem wissen, wie viele Ärzte und Ärztinnen in Österreich aktuell "nachweislich spezialisierte Versorgung für ME/CFS oder vergleichbare postvirale Erkrankungen" anbieten. Dazu heißt es in der der APA vorliegenden Anfragebeantwortung lediglich, gemäß dem aktuellen Versorgungspfad sei "die erste Anlaufstelle" die Primärversorgung bei niedergelassenen Allgemeinmedizinern und -medizinern. "Bei Bedarf wird eine Vermittlung an weitere niedergelassene Fachärzt:innen vorgenommen".
Schumann sieht Versorgung "flächendeckend sichergestellt"
Zum Teil sei bei postakuten Infektionssyndromen (PAIS) eine "fächerübergreifende Behandlung unter Mitwirkung verschiedener Fachärztinnen bzw. Fachärzte erforderlich", hieß es in der Beantwortung Schumanns. Mit den Vertrags(fach-)ärztinnen und Vertrags(fach-)ärzten würden "jeweils entsprechende Verträge zur direkten Abrechnung ihrer Leistungen mit den Krankenversicherungsträgern" bestehen. "Die Versorgung ist damit flächendeckend sichergestellt", schreibt die Ministerin.
Bei "komplexen Erkrankungsfällen" könne "eine weitere Abklärung in speziellen Versorgungsangeboten, wie zum Beispiel fachspezifischen Spezialambulanzen" notwendig sein. "Da die Versorgung von Patient:innen mit postviralen Erkrankungen je nach Symptomatiken mehreren und/oder unterschiedlichen Fachbereichen zugeordnet sein kann (z.B. Neurologie, Pulmologie, etc.) und deren Versorgung daher interdisziplinär erfolgen muss, ist eine entsprechende Abgrenzung und Quantifizierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich."
Zur Frage, ob es eine zentrale Erhebung der tatsächlichen Versorgungsstruktur im niedergelassenen Bereich gebe, hieß es, derzeit sei die Erhebung "der aktuell zur Verfügung stehenden Einrichtungen bzw. Strukturen, die als Anlaufstelle für Personen mit PAIS dienen", in "Vorbereitung". Erfolgen solle dies im Rahmen der "Zielsteuerung-Gesundheit" bzw. im Rahmen der "Arbeiten zum Zielsteuerungsvertrag 2024-2028".
Schallmeiner: "Haltlose Behauptung" - fordert "klare Taten"
Der Grüne Nationalratsabgeordnete Schallmeiner zeigte sich in einem Statement gegenüber der APA verwundert: "Diese Anfragebeantwortung bestätigt erneut, dass es keine belastbaren Zahlen zur Versorgung von Betroffenen postviraler Erkrankungen gibt", sagte er. "Weder das zuständige Ministerium noch die Sozialversicherungen können belastbare Zahlen liefern. Wie kann man dann von einer 'guten Versorgung' im niedergelassenen Bereich sprechen? Das ist schlicht eine haltlose Behauptung."
Solange keine belastbaren Daten vorliegen, stelle sich auch die Frage, wie Bundesländer wie Salzburg überhaupt Betroffene in den niedergelassenen Bereich "koordinieren" wollen.
Das "ständige Hinauszögern und das systematische Untergraben des Aktionsplans PAIS" durch Sozialversicherungen und Länder müsse "ein Ende haben", so Schallmeiner. "Es ist jetzt Zeit für Umsetzungsschritte, nicht für weitere Verzögerungen. Die Betroffenen erwarten klare Taten statt leerer Versprechen."
Rufe nach Behandlungsstellen bisher erfolglos
Die Rufe nach der Einrichtung spezialisierter Behandlungsstelle für PAIS-Betroffene verhallten bisher ungehört. Zuständig sind hier die Bundesländer. Auch Schumann selbst betonte noch Mitte August im APA-Interview die Dringlichkeit der Forschung und Versorgung. Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) erinnerte Mitte August u.a. an den Finanzausgleich, über den den Bundesländern 600 Millionen Euro für den Spitalsbereich und 300 Millionen für den niedergelassenen Bereich zur Verfügung gestellt wurden. Ein Teil dieser 600 Millionen Euro sei ja u.a. auch explizit für die Errichtung von spezialisierten Zentren für ME/CFS- bzw. PAIS-Betroffene vorgesehen, erklärte sie damals.
(APA)
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