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1990 als Babys in Graz vertauscht: Frauen trafen sich

Vor 35 Jahren wurden am Grazer Uniklinikum zwei Babys vertauscht
Vor 35 Jahren wurden am Grazer Uniklinikum zwei Babys vertauscht ©APA/THEMENBILD
Zwei Steirerinnen, die Ende Oktober 1990 als Neugeborene in der Grazer Uniklinik vertauscht worden sind, haben einander nun getroffen. Eine der heute jeweils 35 Jahre alten Frauen hatte 2012 über eine Blutspende bemerkt, dass mit ihrer Blutgruppe etwas nicht stimmte. Seither suchte die Frau nach ihren biologischen Eltern, vor einigen Wochen war es soweit: Die beiden Familien haben sich mittlerweile kennengelernt, bestätigte das LKH-Uni-Klinikum Graz Medienberichte.

Ein DNA-Test brachte vor einigen Wochen letzte Gewissheit. Die beiden Frauen waren nicht bei ihren biologischen Eltern aufgewachsen. Mittlerweile haben sie sich kennengelernt und mitsamt den beiden Elternpaaren getroffen, wie etwa die "Kronen Zeitung" berichtete. Besonders bemerkenswert: Man lebte jahrzehntelang in der Nähe, in benachbarten Orten in der Oststeiermark. Auch die ORF-Sendung "Thema" nahm sich am heutigen Montagabend der Geschichte an.

"Bedauern den Fehler zutiefst"

In einer Stellungnahme zur Aufklärung der Kindesvertauschung zeigte sich das LKH-Uni-Klinikum Graz "erleichtert über die nun erfolgte Aufklärung". Der Betriebsdirektor des Uni-Klinikums, Gebhard Falzberger: "Wir bedauern zutiefst, dass es damals zu diesem Fehler gekommen ist." Im Namen des gesamten LKH-Uni-Klinikums Graz entschuldige er sich bei den betroffenen Familien.

Nachdem 2014 erstmals ein Verdacht aufkam, wurden seitens des LKH-Univ. Klinikum Graz sofort umfangreiche Recherche- und Analysearbeiten durchgeführt, wie es in der Stellungnahme hieß. Allen potenziell betroffenen Personen wurde ein freiwilliger und kostenloser DNA-Test angeboten. Trotz dieser Maßnahmen konnte der Fall jedoch nicht abschließend geklärt werden. Im Jahr 2018 erhielt die betroffene Familie im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Schadenersatz für die erfolgte Verwechslung. Man sei über die Aufklärung erleichtert, sagte Falzberger.

Frühchen mit dem gleichen Gewicht

Die beiden heute 35 Jahre alten Frauen waren Ende Oktober 1990 als Frühchen mit dem exakt gleichen Gewicht zur Welt gekommen. Sie lagen in Brutkästen, wurden durch Sonden ernährt, dann mit Fläschchen, später waren beide Babys in Wärmebettchen, so die Zeitung. Damals gab es "nur" Armbänder für Mutter und Kind. Nach Bekanntwerden des Falls wurde für Babys ein zweites Identifikationsarmband am Fußgelenk eingeführt. Eine weitere Maßnahme: Sobald Neugeborene von der Mutter im Entbindungszimmer oder im Operationssaal getrennt werden, wird sofort ein Identifikationsarmband des Neugeborenen auf der Wärmepackung angebracht, zitierte die Zeitung eine Kliniksprecherin.

Eine der jungen Frauen erfuhr im Alter von 22 Jahren beim Blutspenden zufällig, dass sie nicht die leibliche Tochter ihrer Eltern sein könne. Daraufhin begann die Suche nach den biologischen Eltern, die vor einigen Wochen, nach 13 Jahren erfolgreich war: Die andere Frau hatte im Zuge ihrer Schwangerschaft festgestellt, dass sie nicht die Blutgruppe hat, von der sie bisher ausgegangen war.

Schadenersatzansprüche vor Gericht erkämpft

Im Falle der Familie, die als erste die Vertauschung bemerkt hatte, ist bereits ein Gerichtsverfahren geführt worden, das vor zehn Jahren bis zum OGH ging. Laut Rechtsanwalt Gunther Ledolter in der "Krone" sei die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes eins zu eins auf die Schadenersatzansprüche der betroffenen Tochter und deren "Eltern" zu übertragen. In dem Erkenntnis wurde festgestellt, dass die Vertauschung der Kinder im Einflussbereich der Krankenanstalt erfolgt sei und diese die Verpflichtung gehabt hätte, das Neugeborene unmittelbar nach seiner Geburt in einer jeden Zweifel und jegliche künftige Verwechslung ausschließenden Weise seiner leiblichen Mutter zuzuordnen. Die Familie habe einen Schmerzengeldbetrag von 20.000 Euro pro Person erhalten. Ledolter meinte, dass davon auszugehen sei, dass sich die Ansprüche der anderen betroffenen Familie in etwa im selben Bereich bewegten.

Auch legistisch ändert sich einiges für die Familien. Die eine hat bereits die für die Tochter gehaltene Frau adoptiert. Dies dürfte nun auch für die andere Frau gelten. Auch erbrechtlich müsste nun auf die tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse eingegangen werden.

(APA)

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