Zehn Jahre Haft für Mordversuch vor Wiener Parlament

Der Angeklagte habe "plötzlich und völlig unvermittelt" die Dienstwaffe eines 26 Jahre alten Polizisten aus dessen Holster zu reißen versucht, um diesen zu töten, schilderte die Staatsanwältin eingangs der Verhandlung einem Schwurgericht. Es habe sich um einen "sehr zielgerichteten Griff" gehandelt. Der Beamte habe "geistesgegenwärtig reagiert" und "durch schnelles Zurückweichen" die beabsichtigte Tat verhindern können. Das habe den Angeklagten dazu bewogen, mit den Fingern seiner rechten Hand eine Schusswaffe zu formen und in Richtung des zweiten Beamten mit dem Zeigefinger ein Abdrücken zu simulieren. Im Anschluss sei ein weiterer Versuch gefolgt, dem ersten Polizisten dessen Glock 17 aus dem Holster zu reißen, was wiederum misslang.
Deutlicher Schuldspruch im Sinn der Anklage
Die Geschworenen folgten mit deutlicher Mehrheit - mit einem Stimmverhältnis von 7:1 - der Anklage und befanden den 31-Jährigen des versuchten Mordes für schuldig. In Bezug auf die Geste wurde er von einer mitangeklagten gefährlichen Drohung freigesprochen. Zudem wurde der Slowake nach § 21 Absatz 2 StGB in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen, da ihn der beigegezogene psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann für zurechnungsfähig, aber gefährlich eingestuft hatte. Ohne eine im Maßnahmenvollzug gewährleistete haftbegleitende therapeutische Behandlung seien zukünftig wieder schwere Gewaltdelikte zu befürchten, warnte Hofmann unter Verweis auf eine beim Angeklagten diagnostizierte Schizophrenie.
Angeklagter: "Die zehn Jahre passen schon"
"Die zehn Jahre passen schon", reagierte der Angeklagte auf seine Verurteilung. Auch nach Rücksprache mit seinem Rechtsvertreter blieb er bei dieser Haltung. Er nahm das Urteil an. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.
Sie hatte sich in ihrer Anklage vor allem auf die Aufzeichnungen einer am Parlamentsgebäude angebrachten Überwachungskamera gestützt, auf der die inkriminierten Szenen vollumfänglich zu sehen waren. Das Video wurde im Verhandlungssaal mehrfach abgespielt. "Ich bin der Meinung, der Angeklagte hätte den Polizisten erschossen, wenn er die Waffe bekommen hätte", betonte die Staatsanwältin. Der Mann habe das "selbst so gesagt".
Nach seiner Festnahme hatte der Slowake angegeben, er habe bei der Polizei Hilfe gesucht, weil es ihm damals gesundheitlich nicht gut gegangen sei. Da er die Hilfe nicht bekommen habe, habe er schießen wollen. "Das hat er vor der Haft- und Rechtsschutzrichterin wiederholt", verriet die Staatsanwältin.
Angeklagter für Verfahrenshelfer "ein armer Tropf"
"Mein Mandant sitzt da wie ein Häuflein Elend. Er ist ein armer Tropf, muss man sagen", bemerkte der Verfahrenshelfer des 31-Jährigen. Dieser sei in der Slowakei ohne Obdach und "geständig, dass er versucht hat, nach der Waffe zu greifen. Er weiß nicht, warum er das gemacht hat". Erschießen habe er jedenfalls niemanden wollen: "Er wäre gar nicht in der Lage dazu gewesen. Er hätte die Waffe gar nicht aus dem Holster bekommen." Eine Glock 17 sei mit einem speziellen Sicherheitshalfter versehen, wusste der Anwalt. Die Anklage sei zwar "sehr ambitioniert, aber verfehlt."
Der Rechtsvertreter verwies auf das von der Staatsanwaltschaft eingeholte psychiatrische Gutachten, demzufolge der 31-Jährige eine paranoide Schizophrenie aufweist: "Er braucht Hilfe, weil er krank ist. Er sagt, dass er Stimmen hört." Das Gefängnis sei der falsche Ort für den 31-Jährigen.
Angeklagter laut Gutachten trotz Schizophrenie zurechnungsfähig
Ungeachtet der festgestellten Schizophrenie bescheinigte der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann dem Mann Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Dieser sei zu "sehr gezieltem Handeln" fähig gewesen und habe "eine sehr gefährliche Situation inszeniert." Die "Fähigkeit, seine Impulse zu steuern" sei beim Angeklagten vorhanden gewesen: "Er hat sehr wohl gewusst, was er tut und hätte sich auch dagegen entscheiden können."
Bei der Strafbemessung wurde dem 31-Jährigen seine deutlich herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit mildernd angerechnet, wie die vorsitzende Richterin Christina Salzborn in der Urteilsbegründung ausführte. Nicht zuletzt deshalb kam der Mann mit der Mindeststrafe für das angenommene Delikt davon.
(APA)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.