Der Beschuldigte, für den die Unschuldsvermutung gilt, soll seit mindestens Sommer 2023 mehrere Personen und Gewerbetreibende in Vorarlberg mit Kryptogeschäften und auch gefälschten Goldbarren zu Investitionen überredet haben.
VOL.AT liegen nun exklusive Chatprotokolle vor, die ein Bild davon zeichnen, wie der mutmaßliche Betrüger über Monate hinweg Termine verschob, Versprechungen machte und schließlich unter massiven Druck geriet.
Ausgangspunkt: Fingierter Überfall in Dornbirn
Ende März 2024 meldete der Verdächtige einen Überfall in Dornbirn. Er sei angeschossen und von mehreren Tätern bedroht worden, gab er an. Die Polizei ermittelte – doch bereits zu diesem Zeitpunkt sollen Zweifel an seiner Darstellung aufgekommen sein. Nur Wochen später begann der Chatverlauf, der sich wie ein Krimi liest.

Erste Absprachen im Mai
Im Mai 2024 beginnen die Konversationen zwischen dem mutmaßlichen Betrüger und mehreren Geschädigten. Immer wieder werden Treffen angekündigt – und verschoben. Am 12. Mai fragt ein Betroffener: "Morgen steht noch zu 100 Prozent, oder?" – keine Antwort. Am 18. Mai heißt es: "Ich verlass mich drauf." – der Verdächtige antwortet lediglich: "Ich weiß."

Am 21. Mai 2024 kündigt der Verdächtige ein Treffen an: "Morgen, 16.15 Uhr bei der Bank. Schließt 16.30 Uhr. Gruß." Doch auch dieser Termin bleibt ohne Ergebnis – wie viele zuvor. Zwei Tage später meldet er sich erneut: "Es gibt eine kleine Änderung. Statt 15 Uhr, 16 Uhr. Ist das ein Problem?" Die Uhrzeiten ändern sich – das Muster bleibt.
Druck nimmt zu
Von da an wird der Tonfall drängender. Der Druck steigt. Es geht um Summen in Millionenhöhe. Und um die wachsende Angst der Investoren. "Sollte ich Freitag nicht kommen, stehen die bei mir zu Hause", schreibt einer. Die Antwort: "Ist mir voll bewusst." Doch es bleibt bei Worten.

Fingierte Polizeikontrollen und immer noch kein Geld
Parallel dazu rücken die Ermittler dem Mann immer näher. Am 27. August 2024 kommt es auf einem Autobahnparkplatz im Kanton St. Gallen zu einem spektakulären Polizeieinsatz. Laut Recherchen von VOL.AT handelte es sich um eine fingierte Geldübergabe – der Verdächtige selbst soll die Polizei informiert haben. Bei diesem Termin wurden fünf Personen von der Polizei vor Ort angetroffen. Drei Österreicher, ein Schweizer und ein Bosnier, allerdings konnte die Polizei keine strafrechtlich relevanten Vorgänge feststellen. Nach einer Personenkontrolle konnten die Personen wieder gehen. Geld gab es auch an diesem Tag keines.
Faksimile: Bericht des Schweizer Newsportals "Blick"

Eskalation im September 2024

Nach dem geplatzten Treffen in der Schweiz verschärft sich der Ton in den Chatnachrichten deutlich. Am 3. September 2024 fordert ein Geschädigter: "Ich will, dass du kapierst, dass fertig ist mit Lügen und Spielen. Es muss jetzt Geld auf den Tisch, sonst bist im Knast."
Wenige Tage später folgt eine weitere, noch deutlichere Drohung: "War auch bei [Name geschwärzt]. 1,2 Millionen hast du ihm abgenommen. Wenn diese Woche kein Geld kommt, bin ich der Erste …"

Am 5. September 2024 fordert einer der mutmaßlich Geschädigten den Beschuldigten erneut auf, den angerichteten finanziellen Schaden wiedergutzumachen. Er macht unmissverständlich klar, dass er ihm zuvor ausreichend Gelegenheit dazu gegeben habe – nun sei es an der Zeit zu handeln.
Doch auch hier verstreicht die Frist. Am 8. September verspricht der Verdächtige erneut: "Bis am Abend. Rufe dich dann an" – eine Ankündigung wie so oft zuvor.
Am 11. September 2024 kommt es dann erneut zu einem mutmaßlich inszenierten Treffen. Nach VOL.AT vorliegenden Aussagen soll es an diesem Tag neuerlich zu einer vermeintlichen Geldübergabe kommen. Dieses Mal wird als Treffpunkt ein Fast-Food-Restaurant in Lustenau auserkoren. Auch dort erscheint die Polizei – es soll zu einer Kontrolle gekommen sein. Bargeld wurde erneut keines sichergestellt.
Chats unmittelbar vor der Festnahme?
In den VOL.AT vorliegenden Unterlagen finden sich auch mehrere undatierte Nachrichten, die lediglich mit "Dienstag" und "Donnerstag" betitelt sind. Der Inhalt legt nahe, dass sie zeitlich kurz vor der Festnahme Anfang September 2025 einzuordnen sind. Warum zwischen den eskalierenden Drohungen im Herbst 2024 und dem Zugriff der Behörden fast ein Jahr verstrich, bleibt bislang offen.
Am Dienstag heißt es: "Morgen fix, kein Ausreden mehr." – worauf die knappe Antwort folgt: "Ja passt, morgen."
Zwei Tage später, an einem Donnerstag, erreicht der Ton in den Nachrichten einen letzten Höhepunkt. Der Druck auf den Beschuldigten wird nochmals verschärft – es ist die finale Eskalation einer monatelangen Abfolge aus Vertröstungen, Drohungen und gescheiterten Versprechungen.

Festnahme im September 2025
Anfang September 2025 greift schließlich die Justiz durch: Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch wird der 35-Jährige festgenommen. Der Verdacht: schwerer, gewerbsmäßiger Betrug. Die Ermittlungen des Landeskriminalamts sind noch nicht abgeschlossen.
(VOL.AT)
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