AA

Kinderwunschzentrum am LKH Feldkirch: Wie Männer ihre Fruchtbarkeit verbessern können

Männliche Fruchtbarkeit ist ein entscheidender Faktor beim Kinderwunsch, doch Studien zeigen: Seit den 1970er-Jahren haben sowohl Spermienanzahl als auch Beweglichkeit signifikant abgenommen.

Julia Zimmermann, MSc, klinische Embryologin am Kinderwunschzentrum des LKH Feldkirch, sieht die Gründe neben Umweltgiften insbesondere auch in ungesunden Ernährungsgewohnheiten und chronischem Stress – Faktoren, die Männer aktiv beeinflussen können.

„Dass Einschränkungen in der Beweglichkeit von Spermien inzwischen häufiger auftreten, sehen wir in unserer täglichen Arbeit auffallend oft auch bei jüngeren Männern“, bestätigt Julia Zimmermann die aktuellen wissenschaftlichen Studien. Zwar sei eine weniger gute Samenbeweglichkeit zum Teil genetisch bedingt oder könne auf chronische Erkrankungen zurückgeführt werden, doch werde sie in den meisten Fällen durch einen ungesunden Lebensstil bestimmt. Dazu zählen Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol, Übergewicht, chronischer Stress sowie Umweltfaktoren wie Weichmacher, Transfette und Pestizide. Die gute Nachricht: In vielen Fällen können Männer ihre Spermienqualität positiv beeinflussen. „Für nachhaltige Verbesserungen braucht es allerdings etwas Disziplin“, betont Julia Zimmermann, „denn die Spermatogenese, also die Neubildung und Reifung von Spermien, dauert etwa drei Monate. Frühestens nach diesem Zeitraum lassen sich erste messbare Verbesserungen feststellen.“

Rauchfrei zum Wunschkind

Tabakrauch enthält über 7.000 Chemikalien, darunter Schwermetalle wie Cadmium und Blei, die die Bildung freier Radikale fördern und oxidativen Stress verursachen. Untersuchungen belegen, dass starke Raucher (> 20 Zigaretten pro Tag) mitunter eine bis zu doppelt so hoher Rate an DNA-Schädigungen aufweisen wie Nichtraucher. „Diese genetischen Veränderungen können das Risiko für Fehlgeburten und angeborene Defekte erheblich erhöhen“, warnt die klinische Embryologin. Sie empfiehlt Männern mit Kinderwunsch dringend, das Rauchen frühzeitig aufzugeben, da langfristiger Tabakkonsum nicht nur das Risiko für Unfruchtbarkeit erhöht, sondern auch die Erfolgsrate von assistierten Reproduktionstechniken verringere.

Weniger Alkohol, mehr Testosteron

Alkohol ebenso wie ein erhöhter Body-Mass-lndex (BMI) führen zu einem Anstieg des Östrogenspiegels und hemmen die Testosteronproduktion: Alkohol beeinflusst insbesondere jene Hirnregionen, die für die Steuerung des endokrinen Systems verantwortlich sind. Das Fettgewebe bei einem hohen BMI fördert nicht nur die Bildung weiblicher Hormone, sondern begünstigt auch chronische Entzündungen – ein Risiko für genetische Veränderungen in den Spermien. Die Empfehlung seitens der Expertinnen im Kinderwunschzentrum LKH Feldkirch ist eindeutig: „Der Verzicht auf Alkohol und eine Gewichtsreduktion kann die Spermienanzahl und -beweglichkeit nachweislich verbessern und einen niedrigen Testosteronspiegel normalisieren.“ Außerdem wirke sich regelmäßige körperliche Aktivität grundsätzlich positiv auf die männliche Fruchtbarkeit aus. Moderate Sporteinheiten verbessern die Spermienqualität, stabilisieren den Testosteronspiegel und reduzieren Stresshormone wie Cortisol. Die Betonung liegt dabei auf „moderat“, denn intensive Ausdauersportarten wie Marathonlaufen oder exzessives Radfahren können aufgrund der erhöhten Cortisol-Ausschüttung zu einem Abfall des Testosteronspiegels führen.

Fruchtbarkeit beginnt im Alltag

Neben den für die Spermienqualität klar negativen Auswirkungen von Cannabis, härteren Drogen und Umweltgiften können sich auch Weichmacher (Bisphenol A), Pestizide oder Transfette (in Fast Food) die Bildung gesunder Samenzellen deutlich beeinträchtigen. Doch auch hier Und obwohl noch keine Langzeitstudien vorliegen, zeigen aktuelle Untersuchungen bereits, dass sich der häufige Gebrauch von Smartphones durch die dauernde Strahlenbelastung negativ auf Spermienqualität auswirkt. Verzicht auf Drogen, Reduktion von Weichmachern und Pestiziden (siehe untenstehende Factbox)

Nicht zu unterschätzen ist zudem die Rolle von Schlaf und psychischer Gesundheit: Anhaltender Schlafmangel und chronischer Stress führen zu einem erhöhten Cortisolspiegel, ein Hormon, das die Spermienbildung nachweislich hemmt. Ausreichend Schlaf und gezielte Entspannung, sei es durch Bewegung, Meditation oder psychosoziale Begleitung, fördern nicht nur das allgemeine Wohlbefinden, sondern auch die reproduktive Gesundheit. „Denn Fruchtbarkeit beginnt nicht erst im Kinderwunschzentrum, sondern mit jeder Entscheidung hin zu einer gesunden Lebensweise im Alltag“, fasst Julia Zimmermann zusammen.

Factbox

Mythen zur Spermienqualität

Mythos 1: Das Alter des Mannes spielt beim Kinderwunsch keine Rolle.

Fakt: Ab dem 40. Lebensjahr nimmt die Spermienqualität in der Regel ab. Gleichzeitig steigt die Häufigkeit für genetische Veränderungen (DNA-Mutationen und chromosomale Veränderungen) und damit das Risiko für Fehlgeburten, Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen beim Kind.

Mythos 2: Enge Unterhosen machen unfruchtbar.

Fakt: Enge Kleidung allein hat keinen klaren Einfluss. Kritischer ist dauerhafte Wärmebelastung – etwa durch Sitzheizungen, Laptops auf dem Schoß oder langes Sitzen ohne Pausen.

Mythos 3: Sojaprodukte senken die Spermienqualität.

Fakt: Moderate Mengen Soja haben laut Studien keinen nachweisbaren negativen Effekt auf die männliche Fruchtbarkeit – auch nicht wegen enthaltener Phytoöstrogene.

Mythos 4: Häufige Ejakulation verschlechtert die Spermienqualität.

Fakt: Im Gegenteil: Regelmäßige Samenergüsse (alle 2–3 Tage) verbessern die Qualität. Zu lange Enthaltsamkeit kann die Beweglichkeit der Spermien verschlechtern.

Mythos 5: Kaffeekonsum macht unfruchtbar.

Fakt: Studien zeigen keine einheitliche Wirkung. Die Mehrheit kommt zum Schluss: 2–3 Tassen Kaffee täglich haben keinen negativen Einfluss auf die Spermienqualität.

Factbox 2

So vermeiden Sie Weichmacher

  • Lebensmittel nicht in Plastik erhitzen (Mikrowelle)
  • Glas-, Edelstahl- oder Keramikbehälter statt Kunststoff verwenden
  • Auf Konservendosen oder Plastikflaschen verzichten, besonders bei Wärme
  • Kassenzettel (Thermopapier) nicht unnötig anfassen
  • Kosmetik ohne „Phthalate“, „Fragrance“ oder „Parfum“ wählen
  • Auf zertifizierte Naturkosmetik achten

So reduzieren Sie Ihre Pestizidbelastung

  • Obst und Gemüse gründlich waschen oder schälen
  • Bio-Lebensmittel bevorzugen, vor allem bei Produkten mit essbarer Schale
  • Regional und saisonal einkaufen
  • Weniger verarbeitete Produkte (Fertigessen, Instantprodukte) konsumieren
  • Fleisch, Eier und Milchprodukte aus biologischer oder extensiver Haltung wählen

Original-Artikel: Österreichische Hebammenzeitung 02/2025

Statements

Oberarzt Dr. Norbert Loacker, Leiter Kinderwunschzentrum am LKH Feldkirch

„Als ärztlicher Leiter des Kinderwunschzentrum Feldkirch stehen mein Team und ich unseren Patienten mit umfassender Beratung und individuellen Lösungen zur Seite, um die bestmöglichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schwangerschaft zu schaffen.“

Prim. Univ.-Doz. Dr. Hobisch, Leiter der Abteilung Urologie am LKH Feldkirch

„Ich freue mich über die seit Jahren gute Zusammenarbeit mit unserem Kinderwunschzentrum, das unseren zum Teil gemeinsamen Patienten auf höchst professioneller Weise Hilfe anbietet und deren Ergebnisse im nationalen Vergleich an der Top-Spitze stehen.“

Prim. DDr. Burghard Abendstein, Leiter der Abteilung Gynäkologie am LKH Feldkirch

„Unser Kinderwunschzentrum ist ein wichtiger Pfeiler der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Täglich können wir in der Praxis die Synergien verschiedenster Expertisen für unsere Patientinnen mit Kinderwunsch nutzen. Die Ergebnisse unseres Kinderwunschzentrums liegen im nationalen Vergleich konstant an der Spitze. Das macht uns nicht nur stolz, sondern ermöglicht uns, unseren Patientinnen ein breites, qualitativ hochwertig in ihrer Familienplanung zu begleiten.“

  • VOL.AT
  • Gemeinde
  • Kinderwunschzentrum am LKH Feldkirch: Wie Männer ihre Fruchtbarkeit verbessern können