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Wir schaffen das!?

©APA/ROLAND SCHLAGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Auf dem Yppenplatz ist zu viel aus dem Ruder gelaufen. Wenn es nicht gelingt, das einzufangen, hat rechte Zuwanderungs- und Integrationspolitik auch in Wien gewonnen.

Kaum ist der Yppenplatz mit August zu einer Waffenverbotszone erklärt geworden, hat es dort auch schon die nächste Messerstecherei gegeben. Ein 26-Jähriger ist dabei schwer verletzt worden. Als Tatverdächtiger festgenommen wurde ein etwas Älterer syrischer Staatsangehöriger, der mit ihm bekannt sein soll.

Der Vorfall hat weitreichende Folgen: Für die einen ist es eine Bestätigung dafür, dass man keine Zuwanderung mehr zulassen dürfe; jedenfalls keine, die von Asylwerbern gebildet wird. Man sehe, so die Begründung, dass Gewalt in diesen Milieus nicht zu stoppen sei.

Die anderen reden es nicht einmal mehr klein. Auch Grüne, denen es gerne nachgesagt wird, sind weniger denn je für Naivität, geschweige denn Beliebigkeit gegenüber allen, die zugewandert sind: „Menschlichkeit und Ordnung“ seien nötig, hat Parteichefin Leonore Gewessler im ORF-Sommergespräch gesagt. „Ordnung“ ist ein verhältnismäßig neuer Begriff für ihresgleichen.

Laut „Standard“ geht es am Yppenplatz darum, ob sich eine Utopie aufrechterhalten lässt oder nicht. Das hat was: Wie Wien in Österreich insgesamt, steht der Yppenplatz in der Stadt selbst für eine pulsierende, vielfältige Gesellschaft. Hier gibt es Lokale und samstags auf dem Markt Angebote für alle. Arme wie Reiche. Hier treffen Kulturen und Lebensentwürfe aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und es funktioniert.

Genauer: In der Regel funktioniert es noch. Seit ein paar Jahren werden auf dem Platz jedoch verstärkt Drogen gehandelt, kommt es vermehrt zu Gewalttätigkeiten. Das ist auch insofern gefährlich: Lässt sich das nicht beenden, werden mehr und mehr Menschen wegbleiben, werden Lokale zusperren und Marktstandler, die es sich leisten können, mit ihrer Kundschaft „umziehen“. Zum Beispiel nach Währing, wo noch vieles anders ist.

Dann wird man sagen, auf dem Yppenplatz sei das Zusammenleben gerade aufgrund der Vielfalt schön gewesen, es habe sich aber gezeigt, dass es letztlich unmöglich sei. Dass man sich alle Illusionen in die Haare schmieren müsse.

Das ist das, was die FPÖ schon immer behauptet und auch von Teilen der ÖVP verbreitet wird. Sie würden sich bestätigt fühlen. Für die SPÖ hingegen, die in der Stadt und im Bezirk (Ottakring) das Sagen hat, wäre es eine Zäsur.

Für sie würde es schwer bis unmöglich werden, ihren Kurs beizubehalten, der für eine offene Stadt steht, in der man sich bemüht, dass alle, die einmal hier sind, bestmöglich leben können, wie es ihnen entspricht; jedenfalls so weit, als es andere nicht einschränkt. Dafür betreiben Bürgermeister Michael Ludwig und Genossen enormen Aufwand. Da und dort mögen sie anstehen; bei ihrer Forderung nach zusätzlichen Polizisten für Ottakring etwa sind sie von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) abhängig, der liefern müsste.

Das ändert jedoch nichts daran, dass es aufs Ergebnis ankommt: Funktioniert das Zusammenleben gerade an einem Ort wie dem Yppenplatz bald wieder besser oder nicht. Tut es das nicht oder kommt es gar zu einer weiteren Verschlechterung, droht die SPÖ auch in Wien gegen jene Kräfte zu verlieren, die „null Zuwanderung“ und „Remigration“ verlangen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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