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Teilzeit-Debatte in Österreich: Hattmannsdorfer will Geringfügigkeitsgrenze aufheben

Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer (ÖVP) möchte die Geringfügigkeitsgrenze einfrieren.
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer (ÖVP) möchte die Geringfügigkeitsgrenze einfrieren. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) plant, die Geringfügigkeitsgrenze aufgrund der hohen Teilzeitquote in Österreich einzufrieren, während er zugleich die Einkommensgrenzen für Sozialleistungen überprüfen möchte, da diese Anreize bieten könnten, in Teilzeit zu verbleiben.
Teilzeit-Debatte

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will wegen der hohen Teilzeitquote in Österreich die Geringfügigkeitsgrenze einfrieren. Wer unter dieser Grenze von derzeit 551,10 Euro monatlich bleibt, muss keine Beiträge zur Pensions- und Krankenversicherung leisten. Diese Ersparnis von über 1.100 Euro netto im Jahr sei "ein eindeutiger Grund", unter der Grenze zu bleiben, wie der Minister am Mittwoch in einem Interview mit dem Radiosender Ö1 sagte.

Anspruch auf Beihilfen laut Hattmannsdorfer für hohe Teilzeitquote mitverantwortlich

Wie eine Pressesprecherin gegenüber der APA ergänzte, ist die Geringfügigkeitsgrenze bereits für zwei Jahre bis Ende 2026 eingefroren. Es gehe darum, sie weiter einzufrieren. Hattmannsdorfer fordert, auch bei den Sozialleistungen die fixen Einkommensgrenzen zu überprüfen. Wer Stunden aufstockt, verliert nämlich unter Umständen den Anspruch auf Sozialhilfe oder die ORF-Beitragsbefreiung. Hattmannsdorfer sieht darin ebenfalls ein "reales Hemmnis", mehr zu arbeiten.

Österreich hat mit 36,1 Prozent die zweithöchste Teilzeitquote in der EU. Seit 1994 hat sich die Teilzeitquote laut Ministeriumsangaben mehr als verdoppelt, gleichzeitig sei in keinem anderen EU-Land die durchschnittliche Zahl der geleisteten Arbeitsstunden stärker gesunken als hierzulande.

Derzeit kein Budget für Vollzeit-Bonus

Hattmannsdorfer stört sich seit längerem an einer "Lifestyle-Teilzeitwelle", wie er sie nennt, räumte aber gegenüber Ö1 ein, dass für steuerliche Anreize auf Vollzeit derzeit die budgetären Spielräume fehlen würden. Ausklammern aus der Debatte will er Menschen, die wegen Betreuungspflichten oder aus gesundheitlichen Gründen nur Teilzeit arbeiten.

Kritik von SPÖ-Seite: Teilzeit macht keiner "schmähhalber"

Vom Koalitionspartner SPÖ und aus der Gewerkschaft kamen zuletzt kritische Stimmen zu der von Hattmannsdorfer angestoßenen Debatte. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sagte im APA-Interview über nur Teilzeit arbeitende Menschen: "Die sind nicht schmähhalber in Teilzeit, das Familienleben lässt sich nicht anders gestalten". Ähnlich sieht es ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth: "Wer Teilzeit als 'Luxus' oder mangelnden Leistungswillen darstellt, ignoriert die Fakten. Teilzeit ist kein Wunschkonzert, sondern oft eine Notwendigkeit - gerade für Frauen."

Einen gegenteiligen Effekt als von Hattmansdorfer erhofft - also, dass Betroffene weniger arbeiten - befürchtet man beim Gewerkschaftsbund (ÖGB). Werde die Geringfügigkeitsgrenze bei jährlichen (kollektivvertraglichen) Einkommenserhöhungen eingefroren, "dann werden die Menschen immer weniger arbeiten, um gerade noch unter der Grenze zu bleiben", so der ÖGB.

IV und Wirtschaftskammer unterstützen den Vorschlag des Ministers

Unterstützung für den Vorschlag des Wirtschaftsministers gab es am Mittwoch von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung (IV). "Es braucht dringend positive Anreize, die Vollzeit wieder zu attraktiveren", sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. "Negative Leistungsanreize im Steuer- und Sozialsystem sind abzubauen." Wirtschaftskammer-Generalsekretär Jochen Danninger erklärte, es gehe darum, Hürden, die der Aufstockung von Stunden im Wege stehen, zu beseitigen.

(APA/Red)

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