Wie bei der Polizei Einsätze trainiert werden

Dass selbst eine Alarmierung wegen einer Lärmerregung in einem Mehrparteienhaus zur Herausforderung für die Polizei werden kann, hat sich im 8.200 Quadratmeter großen Einsatztrainingszentrum (ETZ) in Süßenbrunn in Wien-Donaustadt herausgestellt. Bei unüberlegter Taktik könnten vermeintlich harmlose Ausrückungen in einem Fiasko enden. Das gaben die Einsatztrainer der Landespolizeidirektion Wien Journalistinnen und Journalisten bei einem mehrstündigen Crashkurs mit auf den Weg.
"Polizei immer auch ein Sozialberuf"
Zwar sei "Polizei immer auch ein Sozialberuf", wie Walter Huber, Koordinator für das Landeseinsatztraining in Wien erklärte. Im Ernstfall müssten die Beamtinnen und Beamten jedoch auch in der Lage sein, "ihre Befugnisse durchzusetzen", erklärte Hubers Kollege Franz M. - im Ernstfall auch mit robusteren Methoden.
Dazu kommen die Beamtinnen und Beamten der Landespolizeidirektion Wien regelmäßig in eine der sechs Raumschießanlagen in Süßenbrunn, die das Herzstück des Trainingszentrums bilden. Dort gab es einen Einblick in den "Werkzeugkoffer" der Polizei. Dazu gehören neben einer Dienstpistole der Marke Glock, Pfefferspray, ein Teleskopschlagstock, ein Taser oder ein in jedem Funkwagen sicher verwahrtes Sturmgewehr. Nach einer Einführung mit ungefährlichen Übungspistolen durfte sich unter Anleitung der Experten im Schießen mit scharfer Munition versucht werden. Wobei Huber erklärte: "Ein Projektil, das eine Waffe verlässt, ist wie ein geschriebenes Wort - man kann es nicht mehr zurückholen."
"Wir sind keine Einzelkämpfer"
Als Nächstes ging es unter Anleitung von M., selbst erfahrener Judoka, in einen Turnsaal zur Einführung in Einsatztechniken. Auf dem Programm standen unter anderem der sogenannte Armstreckhebel, Selbstverteidigungs- und Fixierungstechniken. Geht es ans Eingemachte, gehen die Beamtinnen und Beamten der Landespolizeidirektion immer im Team vor. "Wir sind keine Einzelkämpfer", sagte M. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang vom Team der Einsatztrainer auch auf eine alte Exekutivweisheit, wonach die kleinste taktische Einheit bei der Polizei ein Zweierteam sei. Wobei M. betonte, dass selbstverständlich immer nach der 3-D-Philosophie agiert werde - Dialog - Deeskalation - Durchgreifen.
Zuletzt absolvierten die Medienvertreter ein Szenarientraining, wie es auch für die 8.000 Einsatzkräfte, die jährlich nach Süßenbrunn kommen, zum Fixbestandteil ihrer Trainingsroutine gehört. Dabei war die Übungsannahme eine Lärmerregung durch einen - von einem Polizisten gespielten - Wohnungsmieter in einem Wohnhaus zu beenden. In einem einer Mehrparteienanlage nachempfundenen Raum mit schussunfähiger Übungspistole bewaffnet, mussten die Journalistinnen und Journalisten nun selbst einsatztaktisch vorgehen. Nachdem der Unruhestifter die Journalisten nach dem Anläuten aus der Küche in die Wohnung gebeten hatte, ging es blitzschnell: Ein Schritt in Richtung der in die Polizistenrolle geschlüpften Journalistinnen und Journalisten, ein gezücktes Spielzeugmesser und ein Stich in Richtung Brust. Zeit zum Entscheiden blieb nicht viel. Im echten Leben hätte der Einsatz für das Journalistenteam wohl mit dem Tod geendet. Zaghaftigkeit könne im Ernstfall Lebensgefahr bedeuten, erklären Einsatztrainer Andreas F. und Feinddarsteller Herbert H.
Taktik, Technik und Schießen
"In der Realität wäre hier eine Schussabgabe wahrscheinlich unvermeidlich gewesen", sagte F. Damit es gar nicht so weit kommt, trainieren die Exekutivbeamtinnen und Exekutivbeamte rund 20 Stunden pro Jahr Taktik, Technik und Schießen in Süßenbrunn. Denn letztendlich gehe es als Polizist immer auch um Hilfeleistung für Menschen. "Wenn wir geholt werden, dann will man, dass einem geholfen wird - das ist die Polizei", so Huber.
(APA/Red)
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