Na ja, dass die FPÖ der schwarz-rot-pinken Regierung ein „Nicht genügend“ gibt, ist jetzt weniger überraschend. Sie hätte das in jedem Fall getan. Auch wenn alle Grenzen dicht gemacht worden wären. Es ist das Geschäftsmodell von Herbert Kickl und seinen Leuten, zu unterstellen, dass alle anderen Totalversager seien. Es ist zu billig.
Das Dumme für die Regierung ist jedoch, dass wirklich nicht genügt, was sie liefert, auch wenn sie mit sich selbst zufrieden ist: Es ist gut, dass sie keine offensichtliche Orbanisiserung betreibt und dass etwa Christian Stocker, der Kanzler aus den Reihen der Volkspartei, die Ruhe in Person ist; dass er im Unterschied zu seinen Amtsvorgängern Sebastian Kurz, aber auch Karl Nehammer, nicht andauernd irgendwelche PR-Phrasen drescht.
Es reicht jedoch nicht: Bei einzelnen Maßnahmen, wie der „Social-Media-Regelung“ für Regierungspolitiker, besteht die Gefahr, dass sie irgendwann einmal eine Orbanisierung sogar erleichtern. Immerhin wird hier mit zusätzlichem Steuergeld parteipolitische Propaganda gefördert, wie der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler bestätigt.
Oder Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ): Ein Mann, der aufgrund seiner Kompetenz und Offenheit Wertschätzung und Sympathie nicht nur unter Linken genießt. Er kann nicht tun, was er gerne tun würde, weil ÖVP und Neos dagegen sind; nämlich eine Vermögenssteuer einführen. Er redet vor allem aber die Verhältnisse schön: In Wirklichkeit muss er laut Fiskalrat davon ausgehen, bei der Budgetsanierung zu scheitern. Grund: Die bisherigen Maßnahmen reichen schlicht und ergreifend nicht aus, um auf weniger als drei Prozent Neuverschuldung gemessen am BIP zu kommen. Dafür müsste er nachlegen.
Durch Marterbauer wird die größte Schwäche dieser Regierung vielleicht überhaupt am besten erkennbar: SPÖ, ÖVP und Neos eint, nicht Kickl zu sein; in der Sache wollen sie jedoch unterschiedliches und bringen zusammen zu wenig zusammen.
„Das Richtige tun“, lautet ihr Motto: Es steht dafür, dass sie nicht sagen können, was sie tun wollen und in welche Richtung sie Österreich entwickeln wollen. Für die ÖVP ist das Richtige, in der Asyl- und Migrationspolitik möglichst Freiheitliche zu kopieren, für die SPÖ, bei den Mieten auf die Bremse zu steigen und für die Neos, zunächst einfach nur Regierungsfähigkeit zu demonstrieren und allerhand zu schlucken.
Unterm Strich ist es daher kein Wunder, dass die drei Parteien in Umfragen bisher nicht groß vom Fleck gekommen sind. Dass sie insgesamt kaum mehr als 50 Prozent halten. Sie können nicht überzeugen, sie erzeugen keine Aufbruchstimmung. Dafür müssten sie sich neu erfinden, vermitteln, warum Schwarz-Rot-Pink das Richtige für Österreich sein soll - und zwar über die Antwort hinaus, dass dem Land durch sie ein Kanzler Kickl einstweilen erspart bleibe.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik
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