Selbstbestimmungsrechte: Erwachsenenschutzverein befürchtet Rückschritt

Es sei "bedauerlich, dass die Pläne eines Ausbaus der Erwachsenenschutzvereine nun angesichts der prekären Budgetlage zurückgestellt werden müssen", wurde Gerlinde Heim, die Geschäftsführerin des Vereins, am Freitag in einer Aussendung zitiert.
Zwar sei man erleichtert, dass es zu keinen Budgetkürzungen kommen werde, Kritik äußerte Heim jedoch dahingehend, dass im seit 2018 gültigen Erwachsenenschutzgesetz bisher vorgesehene Selbstbestimmungsrechte nun wieder rückgebaut würden. Künftig werden gerichtliche Erwachsenenvertretungen demnach nicht mehr für drei sondern fünf Jahre bestellt. Außerdem entfällt nach Ablauf einer Erwachsenenvertretung die verpflichtende Abklärung durch die Erwachsenenschutzvereine.
Wiederbestellung einer Vertretung als Formalakt
"Bisher haben wir im Auftrag des Gerichts in jedem Fall überprüft, ob es weiterhin eine Vertretung braucht oder ob es Alternativen dazu gibt, die mehr Selbstbestimmung zulassen", erklärt Heim dazu. Es werde daher befürchtet, dass ohne verpflichtendes Clearing die Wiederbestellung einer Erwachsenenvertretung in vielen Fällen zu einem Formalakt werde und "automatisch" zu einer Verlängerung der gerichtlichen Vertretung führt - unabhängig davon, ob sich Lebensumstände oder Erkrankungsbild betroffener Personen verändert hätten.
"Auch wenn es uns durch weniger Clearings möglich sein wird, insgesamt mehr gerichtliche Erwachsenenvertretungen zu übernehmen, sehen wir doch mit Sorge, dass wichtige Selbstbestimmungsrechte zurückgedrängt werden. Im Einzelfall kann das dazu führen, dass die gerichtliche Erwachsenenvertretung zu lange besteht bzw. dass der unabhängige Blick von außen auf Vertretungsverhältnisse entfällt."
Erwachsenenschutzverein ortet Rückschritt bei Selbstbestimmung
Kritik in Sachen Selbstbestimmung ortete auch Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ). Die Zahl der Erwachsenenvertretungen dürfte nicht unnötig in die Höhe getrieben werden, indem Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, aber auch Alten- und Pflegeheime eine solche Vertretung bei der Aufnahme zur Bedingung machen. "Offenbar wollen es sich manche Betreiber einfach machen und lieber nur den Erwachsenenvertreter fragen, wenn es etwa um medizinische Behandlungen geht - anstatt alle Möglichkeiten der unterstützten Kommunikation zu nützen, um nach dem Willen der Betroffenen selbst zu handeln."
Knapp 34.800 gerichtliche Erwachsenenvertretungen gab es Ende 2024 in Österreich, Vertretungsnetz übernimmt als größter Erwachsenenschutzverein in seinem Zuständigkeitsgebiet 22 Prozent aller Vertretungen. 6.824 Menschen mit intellektuellen oder psychischen Beeinträchtigungen wurden im Lauf des Vorjahres vertreten.
(APA/Red)
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