Sie vergessen kein Gesicht: So arbeiten die "Super-Recognizer" der Polizei St. Gallen

Die Kantonspolizei und die Stadtpolizei St. Gallen haben nach einem einjährigen Pilotprojekt beschlossen, sogenannte Super-Recognizer künftig gezielt in Ermittlungen einzubinden. Diese verfügen über eine herausragende Fähigkeit, Gesichter auch unter schwierigen Bedingungen wiederzuerkennen – ein Talent, das sich laut den Behörden als großer Mehrwert in der Polizeiarbeit erwiesen hat.
Acht ausgewählte Mitarbeitende im Einsatz
Bereits im Frühjahr 2023 begann das Projekt mit der Rekrutierung von acht Polizist:innen, deren außergewöhnliche Fähigkeiten zuvor unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Meike Ramon (Berner Fachhochschule) identifiziert worden waren. Während des Pilotbetriebs von Januar bis Dezember 2024 arbeiteten die Super-Recognizer zusätzlich zu ihrem regulären Dienst an speziellen Aufträgen.
20 gesuchte Personen bei Großveranstaltungen identifiziert
Die Einsatzbereiche umfassten unter anderem:
- Vergleich von Bildmaterial bei offenen Ermittlungen,
- Analyse unbekannter Täterbilder aus Fahndungen,
- Identifikation gesuchter Personen bei Veranstaltungen.
Laut Kantonspolizei St. Gallen konnten dabei:
- über 300 Ermittlungsansätze generiert werden,
- 60 Prozent der Hinweise durch Geständnisse bestätigt werden,
- nur 3 Prozent als fehlerhaft oder unbrauchbar eingestuft werden.
Bei zwei Großveranstaltungen identifizierten die Super-Recognizer insgesamt 20 gesuchte Personen in Menschenmengen – ein beachtlicher Erfolg, der unmittelbar zur weiteren Strafverfolgung beitrug.
Teamarbeit mit Präzision
Besonders betont wird die hohe Übereinstimmung in der Beurteilung: In rund 80 Prozent der Fälle kamen die Super-Recognizer unabhängig voneinander zum selben Ergebnis. Die Aufträge umfassten auch schwierige Fälle mit schlechten Bildqualitäten oder stark veränderten Gesichtern.
Kein Vollzeitjob, aber großes Potenzial
Trotz der positiven Bilanz bleibt der Einsatz der Super-Recognizer eine Zusatzaufgabe. Die eingesetzten Mitarbeitenden investierten teils erhebliche persönliche Zeitressourcen, da es bislang keine festen Strukturen oder Dienstzeiten für diese Arbeit gibt. Im Verlauf des Jahres reduzierte sich der Zeitaufwand jedoch, ohne dass die Qualität der Hinweise abnahm.
Menschliche Fähigkeit statt Technologie
Angesichts der wachsenden Diskussionen rund um KI und automatisierte Gesichtserkennung hebt die Polizei hervor, dass es sich bei Super-Recognizer ausschließlich um eine menschliche Fähigkeit handelt. Dies verleiht der Methode eine besondere rechtliche und ethische Unbedenklichkeit, da keine algorithmischen Systeme oder biometrischen Datenbanken zum Einsatz kommen.
Projekt soll weitergeführt werden
Die Geschäftsleitungen beider Polizeibehörden wollen das Projekt weiterführen. Interessierte Mitarbeitende sollen künftig regelmäßig auf ihre Eignung getestet werden. Wie viele Super-Recognizer tatsächlich verfügbar sein werden, bleibt offen – wissenschaftlich ist bislang unklar, wie häufig diese Fähigkeit in der Bevölkerung vorkommt.
(Red.)
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