Radioaktive Wrackteile im Bodensee: Bergung der Swissair-DC-3 bleibt aus

Im Bodensee liegen radioaktive Wrackteile einer 1957 abgestürzten Swissair-DC-3. Die Schweizer Behörden wollen die mit Radium-226 belasteten Flugzeugreste im See belassen – Umweltschützer und Fischer warnen vor Risiken.
Historisches Wrack in 200 Metern Tiefe entdeckt
In über 200 Metern Tiefe auf dem Grund des Bodensees wurden Überreste einer DC-3 der Swissair entdeckt, die 1957 verunglückte. Wie das St. Galler Tagblatt berichtet, enthalten die Wrackteile Instrumente, die mit Radium-226 bestrichen sind – einer radioaktiven Substanz mit einer Halbwertszeit von 1.600 Jahren.
Der Schiffsbergeverein unter der Leitung von Silvan Paganini plante zunächst eine Bergung. Doch eine Tauchroboter-Untersuchung brachte unerwartete Entdeckungen: Neben dem Wrack wurden Überreste eines Crew-Mitglieds gefunden. In der Nähe liegt zudem das Wrack des versunkenen Dampfschiffs Säntis. Laut Berichten ruhen insgesamt über 100 Tote auf dem Grund des Bodensees.
Behörden sehen keine unmittelbare Gefahr
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) bestätigte, dass die Instrumente im Cockpit mit Radium-226 bestrichen sind. Die Strahlung liege bei etwa 3 Mikrosievert pro Stunde – das 30-Fache der natürlichen Hintergrundstrahlung in der Schweiz.
Laut Bundesamt für Gesundheit handelt es sich um "radiologische Altlasten", die zwar giftig und krebserregend sind, aber keine akute Gefahr für den See darstellen. Die Begründung: Die Substanzen seien kaum wasserlöslich, und das Wrack liege schwer zugänglich.
Kanton Thurgau: Bergung wäre zu aufwendig
Die Behörden, darunter der Kanton Thurgau, halten eine Bergung für zu teuer und technisch zu komplex. Wie das St. Galler Tagblatt weiter berichtet, sei das Trümmerfeld groß: Die Überreste der DC-3 verteilen sich auf einer Fläche von rund 50 mal 100 Metern. Die genaue Position der strahlenden Cockpit-Teile sei nicht mit Sicherheit bekannt.
"Es gibt einige Elektroteile auf dem Seegrund, von denen wir uns fernhalten", sagte Paganini gegenüber der Zeitung.
Fischer warnen vor versehentlichen Bergungen
Umweltschützer und Fischer sehen die Entscheidung kritisch. Lukas Indermaur vom WWF fordert eine Analyse und mögliche Bergung der Wrackteile. Er verweist auf das Umweltschutzgesetz und das Vorsorgeprinzip.
Auch Fischer schlagen Alarm: Immer wieder holen sie Schrott aus dem Bodensee – möglicherweise auch radioaktive Teile. "Solche Altlasten gehören aus dem See", sagt Reto Leuch vom Berufsfischerverband. Ein anonymer Fischer aus Romanshorn kritisiert: "Das ist fahrlässig."
Debatte über Kosten und Verantwortung geht weiter
Der Schiffsbergeverein hat die Bergung vorerst gestoppt, prüft aber weitere Maßnahmen. Währenddessen bleibt die Frage offen, wer für die Entsorgung der radioaktiven Wrackteile verantwortlich ist – und ob die Entscheidung, sie im See zu belassen, auf Dauer tragbar ist.
(Red.)
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