Blutiger Bandenkrieg in Wien: Tschetschenen wegen Mordversuchs angeklagt

Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Tschetschenen und Syrern bzw. Afghanen im vergangenen Sommer in Wien hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen versuchten Mordes gegen zwei tschetschenisch stämmige Männer erhoben. Ein 30-Jähriger und ein 29 Jahre alter Mann werden sich im Zusammenhang mit einer Schießerei im Anton-Kummerer-Park in Brigittenau vor einem Schwurgericht zu verantworten haben.
30-Jähriger schoss in Wien-Brigittenau mehrmals auf Kontrahenten
Wie Behördensprecherin Nina Bussek am Mittwochabend in einer Presseaussendung bekannt gab, wird dem 30-Jährigen vorgeworfen, am 5. Juli 2024 mit einer Pistole zumindest sechs Mal in Tötungsabsicht auf fünf Kontrahenten gefeuert zu haben, ohne diese zu treffen. Sein mitangeklagter Bekannter soll in Kenntnis des Tatplanes den Hauptangeklagten und einen unbekannten, noch auszuforschenden dritten Täter zum Tatort gefahren haben, sich dort angelangt ebenso bewaffnet und die im Park befindlichen Männer attackiert haben. Für die Staatsanwaltschaft gilt der 29-Jährige als Beitragstäter. Er habe "einen zumindest psychischen Beitrag zum versuchten Mord geleistet", hieß es in der Medienmitteilung der Anklagebehörde.
Die Kugeln aus der Waffe des 30-Jährigen hatten die Syrer damals nur knapp verfehlt. Zwei von ihnen wurden jedoch durch von Fahrzeugen abprallende Projektile verletzt.
Weiterer ursprünglicher Beschuldigter enthaftet
Ein Mann, der im Zusammenhang mit dem inkriminierten Mordversuch bis zuletzt als dritter Tatbeteiligter gegolten hatte und seit Ende August in U-Haft gesessen war, sei dagegen inzwischen enthaftet worden, teilte Bussek auf APA-Anfrage mit. "Wir konnten ihm eine Tat nicht nachweisen", sagte Bussek. Die Beweise hätten nicht ausgereicht. Nach gesicherten Informationen der APA wurde der Mann auf Antrag der Staatsanwaltschaft bereits am 31. Dezember auf freien Fuß gesetzt.
Angeklagte schweigen zu Vorwürfen
Die Angeklagten äußerten sich laut Staatsanwaltschaft noch nicht zu den Vorwürfen. "Neben den Aussagen der Opfer sowie unbeteiligter Zeugen führten unter anderem Sachverständigengutachten, der Schmauchspuren- und Tatortbericht sowie die Auswertung von Telefondaten zur Rekonstruktion der Tat", erklärte Bussek. Den Männern droht eine Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren oder lebenslang. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Anklageschrift Einspruch bei Gericht zu erheben.
Zündstoff für die heftigen Konflikte soll vor allem ein am 3. Juni im Arthaberpark in Wien-Favoriten angeblich von Syrern niedergestochener und lebensgefährlich verletzter Tschetschene gewesen sein. Im weiteren Verlauf war es am 1. Juli in der Dopschstraße in Wien-Floridsdorf zu einer Auseinandersetzung gekommen. Den Höhepunkt des Konfliktes lieferten sich die rivalisierenden jungen Männer dann am Wochenende vom 5. bis 7. Juli bei nächtlichen Gewalteskalationen. Mehrere teils bewaffnete Männer gingen zuerst am 5. und 6. Juli in Brigittenau im Bereich Anton-Kummerer-Park/Klosterneuburger Straße, dann nur einen Tag später beim Bahnhof Meidling aufeinander los.
Anklage bezieht sich auf regelrechte Wild-West-Szenen in Wien
Am anklagegegenständlichen Abend hatten sich gegen 21.45 Uhr Syrer und Tschetschenen im Anton-Kummerer-Park getroffen, um mit Holzlatten, Pfeffersprays, Messern und Schusswaffen aufeinander loszugehen. Bei den regelrechten Wild-West-Szenen - es wurden mehrfach Schüsse abgefeuert - wurden drei Männer syrischer Herkunft, wenn auch nicht durch Projektile aus einer Schusswaffe, so doch erheblich verletzt. Sie mussten von den Rettungskräften in Krankenhäuser gebracht werden.
Der mutmaßliche Chauffeur der tschetschenischen Gruppierung wurde bereits wenige Stunden nach den Gewalttätigkeiten festgenommen. Er soll - selbst gewaltbereit - mit seinem BMW Landsleute zum Tatort gebracht haben. Der Mann - er hat AHS-Matura und war zuletzt als Projektmanager tätig - schweigt seit seiner Inhaftierung eisern zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen.
Zwei weitere Tschetschenen wurden nach akribischen Ermittlungen des Landeskriminalamts ausgeforscht und am 20. bzw. 21. August in U-Haft genommen. Wie sich im Zuge der Erhebungen herausstellte, handelt es sich bei einem der beiden laut Anklage um den Schützen. Auch er hat seit seiner Festnahme von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Der gemeinsam mit ihm festgenommene Landsmann wurde demgegenüber offenbar zu Unrecht einer Beteiligung am versuchten Mord verdächtigt. Der 28-Jährige ist seit Jahresbeginn wieder auf freiem Fuß. Er dürfte sich nach Informationen der APA zwar am Tatort befunden haben, doch war ihm im Zuge des Ermittlungsverfahrens bisher kein Tatbeitrag an den massiven Gewalttätigkeiten nachzuweisen.
Insgesamt sieben Personen waren im Zuge der wochenlang anhaltenden Bandenkämpfe in der Bundeshauptstadt verletzt worden, vier davon schwer. Der letzte Vorfall ereignete sich am 10. Juli beim Bahnhof Floridsdorf.
(APA/Red)
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