500 Milliarden Euro für Bahnausbau in Europa gefordert

Die EU müsse "jetzt rasch und mutig in eine leistungsfähige, moderne Infrastruktur - insbesondere im Bahnsektor - investieren": Diesen Appell wollen Andreas Matthä, ÖBB CEO und Präsident der Vereinigung der Europäischen Eisenbahnen (CER), und Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), laut Aussendung am Dienstag an EU-Abgeordnete in Brüssel richten. Der Finanzierungsbedarf wird im präsentierten Papier auf rund 500 Milliarden Euro bis 2030 geschätzt.
ÖBB & IV fordern in Brüssel mehr Geld für Bahnausbau
Die Investitionen in den EU-Staaten würden seit 2000 generell stagnieren. ÖBB und IV präsentieren heute im EU-Parlament ihr gemeinsames Papier zur strategischen Bedeutung von Investitionen in die europäische Bahninfrastruktur. Matthä und Helmenstein betonen darin, wie entscheidend die Modernisierung und der Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T) für die wirtschaftliche Zukunft der Europäischen Union sei. Im nächsten mehrjährigen EU-Budget, dass ab Herbst verhandelt wird, müssten daher Bahnprojekte und die Umsetzung der TEN-T Infrastruktur Priorität haben.
"Eine nachhaltige und vor allem berechenbare Infrastrukturfinanzierung ist DER entscheidende Hebel für den Bahnsektor", unterstreicht Bahnchef Matthä, "Mehr Mobilität bedeutet mehr Chancen bei Jobs und Ausbildung und damit mehr Freiheit für alle." Ökonom Helmenstein ergänzt: "Mit Investitionsentscheidungen für Bahninfrastruktur werden Wachstumsimpulse für kommende Generationen gesetzt." Neben Wachstumsschüben für Industrie und Logistik erwarten die beiden eine deutliche CO2-Reduktion durch die Verlagerung von der Straße auf die Schiene sowie eine Stärkung der Versorgungssicherheit durch stabile Logistikketten.
Mehr privates Kapital für Infrastrukturprojekte nutzen
Die beiden Autoren haben in einem Essay verschiedene Finanzierungsmodelle von staatlich über Public Private Partnerships beleuchtet. Sie fordern, dass privates Kapitel in der EU mehr für Infrastrukturprojekte genutzt wird, wie dies bereits in angelsächsischen Ländern geschehe. Ein "enormes finanzielles Potenzial" könnte erschlossen werden, wenn institutionelle Anleger (Versicherungen, Pensionsfonds) mehr in die Infrastruktur als Anlageklasse investieren würden.
Laut Essay sollten alle transeuropäischen Bahninfrastrukturprojekte mit einem deutlich positiven Kapitalwert umgesetzt werden. Dieser misst die Rentabilität einer Investition. Es dürfe dabei nicht zu einem weiteren Anstieg der Staatsverschuldung kommen. "Starke finanzielle Impulse" der EU könnten die Mitgliedstaaten ermutigen, ihren Haushaltsschwerpunkt auf produktivitätssteigernde Investitionen zu legen. Dieser Ansatz sende auch ein starkes Signal an private Kapitalgebende und institutionelle Anlegende.
Österreich als "Benchmark für Europa"
Weiters wurden die Ansätze der Planung, Finanzierung und Umsetzung von Bahnprojekten in Österreich, Deutschland und der Schweiz verglichen. Vor allem Österreichs Rahmenplanfinanzierung (aktuell 21,1 Mrd. Euro für die Jahre 2024-2029) und der Ausbau der Bahninfrastruktur sehen sie als "Benchmark für Europa". Laut ÖBB fließen die Gelder in große Neubauprojekte wie die neue Südstrecke mit Semmeringtunnel und Koralmstrecke, aber auch den Erhalt von rund 4.950 Kilometer heimischen Eisenbahnnetz.
Das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-T) ist ein Netz von Straßen, Eisenbahnstrecken, Flughäfen und Wasserinfrastruktur in der Europäischen Union. Ziel von TEN-T sind besser koordinierte Verkehrsverbindungen, um integrierte und intermodale Fern- und Hochgeschwindigkeitsstrecken zu schaffen. Die transeuropäischen Netze (TEN) in den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation sollen laut EU zum Wachstum des Binnenmarkts und zu mehr Beschäftigung beitragen, und den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in der EU stärken.
Gewerkschaft vida verweist auf hohen Personalbedarf
Gerhard Tauchner, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida, begrüßte den Ausbau-Appell aus Österreich. "Aber kein Zug fährt ohne Menschen. Damit die Investitionen auch Früchte tragen, braucht es dringend eine Attraktivierung des Eisenbahnsektors für die Beschäftigten", sagte er in Richtung ÖBB und IV in einer Aussendung am Dienstagnachmittag. "Schon seit Längerem gibt es nicht nur in Österreich einen sehr hohen Personalbedarf bei den Bahnen", erinnerte Tauchner. Es brauche auch gezielte und langfristige Investitionen in bessere Arbeitsbedingungen. Dazu zählten die Etablierung eines fälschungssicheren digitalen Systems zur Arbeitszeitaufzeichnung für das Zugpersonal, europaweit einheitliche hohe Ausbildungs- und Sicherheitsstandards sowie eine besser Sozialinfrastruktur wie etwa ausreichend Toiletten und Pausenräume.
(APA/Red)
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