Kalte Progression: Das wird bei den Steuerstufen 2025 anders

Die so genannte kalte Progression, eine versteckte Form der Steuererhöhung, wurde im Bereich der Einkommensteuer im Jahr 2023 eliminiert. Seit dieser Änderung passen sich die Steuersätze automatisch an die Inflation an, um zu verhindern, dass Bürgerinnen und Bürger aufgrund von jährlichen Gehaltssteigerungen in höhere Steuerklassen geraten.
Steuerstufen werden 2025 um knapp 4 Prozent angehoben
Bei der Interpretation der Einigung im Rahmen eines Pressefoyers im Kanzleramt unterschieden sich Türkis und Grün dann doch und richteten sich an die eigene Wahlklientel: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sprach von einem "Leistungsdrittel", während Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) lieber den Begriff "soziales Drittel" bemühte. Man setze den Schwerpunkt "eindeutig auf die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger", hob Kanzler Nehammer hervor. Wer viel arbeite, solle auch mehr davon haben. Ein Paket, das allen etwas bringe, insbesondere Familien, die nicht so viel hätten, sah Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

ÖVP und Grüne haben sich jedenfalls darauf verständigt, die Steuerstufen über die Inflation hinaus zu erhöhen. Alle Steuerstufen (außer jene des Höchststeuersatzes von 55 Prozent bei Einkommen ab 1 Mio. Euro) werden demnach um knapp vier Prozent angehoben. Ab 2025 liegt die Grenze für die erste Tarifstufe bei 13.308 Euro, für die zweite Tarifstufe bei 21.617 Euro, für die dritte Tarifstufe bei 35.836 Euro, für die vierte Tarifstufe bei 69.166 Euro und für die fünfte Tarifstufe bei 103.072 Euro. Die Absetzbeträge werden an die Inflationsrate angepasst.
Einigung auf Erhöhung für Kilometergeld
Mit dem flexiblen Drittel der Entlastungssumme (651 Mio. Euro) werden noch weitere Maßnahmen gesetzt. Für alleinverdienende bzw. erwerbstätige alleinerziehende Personen mit geringem Einkommen wird der Kinderzuschlag in Form eines erhöhten Absetzbetrages von 60 Euro pro Monat und Kind ins Dauerrecht übernommen. Dies sei "sozial treffsicher", unterstrich Kogler. Betroffen seien rund 250.000 Kinder, sagte Rauch, die Maßnahme sei ein "enorm wichtiger Schritt im Kampf gegen die Kinderarmut".
Das Kilometergeld für Pkw, Motorräder und Fahrräder beträgt künftig einheitlich 50 Cent pro Kilometer. Derzeit sind es für Pkw 42 Cent, für Motorräder 24 Cent und für Fahrräder 38 Cent. Der Kostenersatz bei der Öffi-Nutzung auf Dienstreisen soll ebenfalls attraktiver werden. Angehoben werden auch die Tages- und Nächtigungsgelder: Tagesgelder für Inlandsdienstreisen dürfen dann bis zu 30 Euro betragen (bisher 26,40 Euro), das Nächtigungsgeld wird von 15 auf 17 Euro angehoben.
Änderungen bei Dienstwohnungen und Kleinunternehmen
Bei Dienstwohnungen wird die gänzlich sachbezugsfreie Wohnfläche auf 35 Quadratmeter erhöht, und Gemeinschaftsräume werden nicht mehr wie bisher jedem einzelnen Bewohner voll zugerechnet, sondern aliquot. Dies sei für allem für Industrie und Tourismus wichtig, erklärte Brunner. Außerdem wird die sogenannte Kleinunternehmergrenze auf 55.000 Euro (derzeit 35.000 Euro) ansteigen. Diese Grenze entscheidet darüber, ob man noch als Kleinunternehmer gilt oder der Regelbesteuerung unterliegt. Die neue Grenze gilt sowohl in der Umsatz- als auch in der Einkommensteuer, wodurch auch eine bestehende Unstimmigkeit beseitigt wird, wie die Regierung betont.
Insgesamt macht die Entlastung kommendes Jahr knapp zwei Milliarden Euro aus, hob der Finanzminister hervor. "Sie sehen, die Regierung regiert", unterstrich Vizekanzler Kogler. Ungewöhnlicherweise hatte diese Woche nach der Regierungssitzung am Mittwoch kein Pressefoyer stattgefunden, sondern erst am Donnerstag. Das lag aber weniger an der Regierungskrise rund ums Renaturierungsgesetz, sondern vielmehr am Fußball. Denn Kanzler und Vizekanzler mussten erst aus Leipzig zurückreisen, wo sie am Dienstagabend das EM-Spiel Österreich-Türkei verfolgt hatten.
Die Regierungsspitze ließ es sich denn auch am Donnerstag im Pressefoyer nicht nehmen, die Niederlage der österreichischen Nationalmannschaft zu betrauern: "Unser Team hat großartig gekämpft", meinte der Kanzler, und habe gezeigt, wie wertvoll es sei, eine Mannschaft zu bilden. Man habe sich aus dem Turnier erhobenen Hauptes verabschiedet, die Leistung lasse für die WM-Qualifikation hoffen. "Sehr schmerzlich, nachgeradezu herzzerreißend" sei es gewesen, das Spiel von der Tribüne aus zu verfolgen, meinte Sportminister Kogler. Das Team sei aber "vorbildlich für vieles in der Republik", herrsche dort doch trotz aller Widrigkeiten Zusammenhalt und Teamgeist. Man könne also optimistisch in die Zukunft schauen.
Kalte Progression: Lob und Kritik für Regierung
Arbeiterkammer und ÖGB begrüßten Teile der Entlastungsmaßnahmen, etwa die Anhebung des Kilometergelds. Auch der Zuschuss für Familien mit geringem Einkommen und die stärkere Anhebung der Tarifstufen sehe man positiv, hieß es in einer Aussendung. Kritik übten sie etwa an der Anhebung der Kleinunternehmergrenze in der Umsatzsteuer auf 55.000 Euro, weil damit Selbstständige mit 55.000 Euro Betriebseinnahmen gegenüber Arbeitnehmern steuerlich bevorzugt würden. Erfreut über die Anhebung der Kleinunternehmergrenze zeigte sich hingegen die Wirtschaftskammer. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf sah "notwendige Entlastungen für die Wirtschaft und Privatpersonen".
Erfreut über die Anhebung der Kleinunternehmergrenze zeigte sich hingegen die Wirtschaftskammer. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf sah "notwendige Entlastungen für die Wirtschaft und Privatpersonen". Grundsätzlich positiv äußerte sich auch die Industriellenvereinigung (IV), allerdings würde man es vorziehen, wenn auch das verbleibende Drittel ausschließlich zur automatischen Valorisierung der Tarifstufen genutzt würde.
SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer monierte, dass bei einer gleichen Erhöhung der Tarifstufen die niedrigen Einkommen und der Mittelstand vergleichsweise wenig bekämen, während sich bei den hohen und höchsten Einkommen die Effekte der Anhebung der einzelnen Tarifstufen summierten und diese damit am meisten bekommen. Von "Bürgerverhöhnung" sprach FPÖ-Chef Herbert Kickl. Auch mit dieser Aktion könne die Regierung nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie mit ihrer Politik eine "Wohlstandsvernichtung und regelrechte Massenverarmung bis tief in den Mittelstand hinein" zu verantworten habe. Die Regierung streue den Steuerzahlern Sand in die Augen, meinte NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker: "Die Abschaffung der Kalten Progression ist keine Entlastung, sondern nur der Verzicht auf eine Steuererhöhung. Die Steuerlast ist trotzdem auf einem Rekordhoch."
(APA/Red)
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