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Reallöhne von Fahrradboten sinken seit Jahren

Warnstreik der Fahrradboten für einen KV.
Warnstreik der Fahrradboten für einen KV. ©APA/EVA MANHART
Bis heute warten die Fahrradkurierinnen und Fahrradkuriere auf den diesjährigen Kollektivvertrag (KV), und am heutigen Mittwoch wurde erneut für einen fairen Lohnabschluss demonstriert.
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Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut hat nun berechnet, dass die Kuriere in den letzten Jahren real einen Lohnverlust hinnehmen mussten. "Während die Löhne im Mai 2024 im Vergleich zu Anfang 2020 um 15,5 Prozent gewachsen sind, stiegen die Preise im Schnitt um mehr als ein Viertel", führen die Wirtschaftswissenschaftler aus.

KV-Angebot für Fahrradboten unter Inflation

Das aktuelle Angebot der Arbeitgeberseite von einem Lohnplus von 5,8 Prozent liege fast drei Prozentpunkte unter der Inflation der vergangenen zwölf Monate, also der als Verhandlungsbasis dienenden rollierenden Inflation. "Seit mehr als zwei Jahren können die ohnehin bereits recht geringen Löhne in der Fahrradboten-Branche nicht zur Teuerung aufholen", heißt es vom Momentum Institut.

"Hat man das 'Glück' und wird als Fahrradbotin und Fahrradbote überhaupt angestellt, fällt man in einen Kollektivvertrag, der am untersten Ende der KV-Mindestlöhne kratzt. Laut aktuellem Kollektivvertrag erhalten Boten einen Bruttostundenlohn von 10 Euro", kritisiert Momentum-Wirtschaftswissenschafter Jakob Sturn. Bei einer Vollzeitbeschäftigung würden im Schnitt etwas über 1.400 Euro netto übrig bleiben - damit liege die Entlohnung knapp an der Armutsgefährdungsschwelle. Zum Vergleich führt Sturn an, dass der durchschnittliche prognostizierte Bruttostundenlohn 2024 für Vollzeitarbeit über alle Branchen hinweg bei 28 Euro liege.

Und er stellt eine Relation zu den Preisen in der Gastrobranche her: "Die prognostizierten Preissteigerungen in der Gastronomie von Jänner 2020 bis März 2024 betragen 33,3 Prozent. Sein Fazit: "Das Essen, das Botinnen und Boten tagtäglich ausliefern, wird immer teurer, während ihr eigener Lohn auf der Strecke bleibt."

Fahrradboten ritten zum Warnstreik für höheren Lohn aus

Fahrradbotinnen und -boten ritten am Mittwoch in Wien, Linz, Innsbruck, Klagenfurt und Graz zum Warnstreik aus um mehr Lohn zu fordern. Die KV-Verhandlungen stocken, nach mittlerweile sechs Runden gibt es keine Einigung. Die Gewerkschaft vida fordert für die rund 2.000 Betroffenen ein Lohnplus von 8,7 Prozent, die Arbeitgeber bieten dagegen nur 5,8 Prozent. Einen neuen Gesprächstermin gibt es derzeit noch nicht, weitere Warnstreiks sind nicht ausgeschlossen.

"Wir haben die Arbeitgeber aufgefordert, sich wieder mit uns zusammenzusetzen" sagte Yvonne Rychly, stellvertretende Vorsitzende der vida des Landes Wien, am Mittwoch zur APA. Sollten sich die Arbeitgeber nicht melden, seien weitere Streiks nicht ausgeschlossen. Die Lohnerhöhung sei dringend nötig um die Inflation abzugelten. Die Fahrer verdienten im Schnitt netto rund 1.430 Euro und lägen damit nur knapp über der Armutsgrenze, so Rychly.

Gewerkschaft will mehr Fahrradboten in den KV bringen

Bei der heutigen Demonstration seien in Wien rund 100 Personen dabei gewesen, die Aktion wurde aber auch in anderen Städten Österreichs abgehalten. Die meisten Protestierenden seien Lieferando-Mitarbeiter gewesen, da diese auch nach dem KV angestellt seien. Die Foodora-Mitarbeiter sind dagegen zum überwiegenden Teil freie Dienstnehmer.

Neben der Lohnerhöhung ist es auch ein längerfristiges Ziel der vida, mehr Beschäftigte in der Branche in den KV zu bringen. Die freien Dienstnehmer seien Scheinselbstständige in prekären Arbeitsverhältnissen ohne geregelte Arbeitszeiten, so Rychly.

(APA/Red)

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