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"Bezahlkarte" für Flüchtlinge in Vorarlberg? So denken Land und Caritas

Landesrat Christian Gantner und Bernd Klisch von der Caritas äußern sich zum Thema "Bezahlkarte" für Flüchtlinge.
Landesrat Christian Gantner und Bernd Klisch von der Caritas äußern sich zum Thema "Bezahlkarte" für Flüchtlinge. ©Steurer, Paulitsch
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Landesrat Christian Gantner will die Umsetzung des kontroversen deutschen Zahlungsmodells für Asylwerber genau beobachten, Bernd Klisch von der Caritas Flüchtlingshilfe äußert Bedenken und hält dieses System im Ländle nicht umsetzbar.

Die bundesweite Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge steht in Deutschland kurz bevor. Zukünftig werden Asylsuchende einen Teil ihrer staatlichen Unterstützung als Guthaben auf dieser Karte erhalten, anstelle von Bargeld.

Ein gemeinsames Vergabeverfahren hierfür wurde nun von 14 der 16 Bundesländer beschlossen, welches bis zum Sommer finalisiert sein soll. VOL.AT hat mit Landesrat Christian Gantner und Bern Klisch von der Caritas Flüchtlingshilfe über das kontrovers diskutierte Modell gesprochen.

Gantner kann sich das System auch in Vorarlberg vorstellen

"Grundsätzlich ist die Umstellung von Geldleistungen in Richtung Sachleistungen zu begrüßen, damit staatliche Gelder auch tatsächlich für die Grundbedürfnisse verwendet werden. Die Einführung von Bezahlkarten ist aus meiner Sicht mit vielen Vorteilen verbunden. Wir werden uns daher genau anschauen, wie das in Deutschland funktioniert", informiert der für Sicherheitsfragen zuständige ÖVP-Landesrat.

Landesrat Christian Gantner sieht Vorteile im für Deutschland angedachten System. ©Paulitsch

"Geld dafür verwenden, wofür es gedacht ist"

Der Hauptvorteil liege darin, dass das Geld dafür verwendet werde, wofür es gedacht sei: "Nämlich für den Lebensunterhalt des jeweiligen Asylwerbenden und nicht zur Subventionierung der Familie im Heimatland. Das Geld kann somit nur rechtmäßig und nicht für andere Dinge verwendet werden. Darüber hinaus wird dadurch die heimische Wirtschaft unterstützt. Durch regionale Einschränkung der Gültigkeit einer Karte kann auch der Aufenthaltsort gesteuert werden."

"Werden die Umsetzung in Deutschland genau verfolgen"

Es seien aber natürlich auch Themen damit verbunden, die man sich vor einer Einführung genau anschauen müsse. Beispielsweise müsste auch sichergestellt werden, dass mit der Karte in kleinen, regionalen Geschäften im ländlichen Raum bezahlt werden könne und nicht nur bei den großen Handelskonzernen. "Grundsätzlich ist so ein Modell vorstellbar. Wie bereits erwähnt, werden wir die Umsetzung in Deutschland genau verfolgen. Erste Erfahrungen zeigen, dass die gewünschten Effekte durchaus erzielt werden", zeigt sich Gantner vom deutschen Vorstoß angetan, auch im Sinne des viel zitierten "Vorarlberg Kodex".

Ganter sieht in deutschem Modell keine Diskriminierung

Die Kritik, dass dieses Modell einer Diskriminierung der Asylwerbenden gleichkommen würde, ist für den Landesrat nicht nachvollziehbar: "Es geht nicht um eine 'Totalüberwachung' oder Ähnliches. Aber eine gewisse Kontrolle, was mit dem Steuergeld passiert, ist sicher nicht falsch. Immerhin sind die Ressourcen der öffentlichen Hand jedenfalls zweckmäßig und sparsam einzusetzen. Das legitimiert ein gewisses Maß an Kontrolle. Eine Diskriminierung kann ich nicht erkennen."

Bernd Klisch (Caritas Flüchtlingshilfe) kann
dem deutschen Modell nichts abgewinnen

Das Unterstützungssystem in Deutschland könne nicht mit jener in Vorarlberg verglichen werden. In Vorarlberg gäbe es eine sehr effiziente und gut funktionierende Abwicklung der Unterstützungsleistungen für geflüchtete Menschen. 

Bernd Klisch von der Caritas Flüchtlingshilfe formuliert Kritik an der sogenannten "Bezahlkarte" für Asylwerbende. ©Steurer

"Bezüglich der Höhe des Beitrages für den Lebensunterhalt muss festgehalten werden, dass asylwerbende Menschen damit kaum das Auslangen finden, denn für den Lebensunterhalt bekommen Erwachsene € 8,60 und Kinder € 4,80 pro Tag. Da bleibt kein Geld für eine Zweckentfremdung, wie zum Beispiel die in Deutschland befürchtete 'Finanzierung von Familien', übrig!", führt der Fachbereichsleiter Flüchtlingshilfe weiter aus.

Deutsches Modell hätte für Vorarlberg keinen Nutzen

Ein solches Bezahlkarten-Modell hätte für den Caritas-Sprecher in Vorarlberg also gar keinen Nutzen, würde aber einigen Schaden verursachen: "Der Aufwand für die Umsetzung wäre sehr hoch und die regionale Versorgungsstruktur würde geschwächt: Es macht nämlich Sinn, dass geflüchtete Menschen, die in Vorarlberg übers ganze Land verteilt sind, auch vor Ort einkaufen. Das fördert die Integration. Und beim diskutierten Modell der Bezahlkarte blieben die kleinen, regionalen Geschäfte wohl auf der Strecke." 

Klisch: "Modell mindert die Integration"

Dem Leitsatz der Landesregierung folgend, sollten geflüchtete Menschen „gefördert und gefordert“ werden. "Jede Bevormundung und jede Einschränkung der Selbstständigkeit mindert letztlich die Handlungs- und Arbeitskompetenz und damit auch die Integration in unsere Gesellschaft", schließt Klisch und betont damit seine Kritik an dem in Deutschland angestrebten System.

(VOL.AT)

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