Hunderte Menschen bei Pro-Palästina-Demo in Wien

Österreichs Regierung stehe "einseitig" auf der Seite Israels, kritisierte Veranstalter Martin Weinberger von der Palästina Solidarität Österreich (PSÖ). Die Demonstration, an der auch der palästinensische Botschafter in Österreich teilnahm, verlief ohne Zwischenfälle.
Pro-Palästinensische Demos am Samstag auch in Wien
Der Krieg im Gazastreifen gegen die Hamas sei kein Akt der Selbstverteidigung, sondern eine "Kollektivbestrafung des palästinensischen Volkes", stellte die PSÖ in ihrem Aufruf zur Demonstration mit dem Titel "Free Gaza - Free Palestine" ihre Sicht der Dinge klar. Über zwei Millionen Menschen seien wegen der Kämpfe auf der Flucht und Österreich stelle sich "bei diesem Genozid" an der palästinensischen Bevölkerung an die Seite Israels, sagte Weinberger an der Auftaktkundgebung am Platz der Menschenrechte vor dem Wiener Museumsquartier und forderte einen Kurswechsel der Bundesregierung.
Palästinensische Botschafter in Österreich nahm an Wien-Demo teil
Der Palästinensische Botschafter in Österreich, Salah Abdel Shafi, lobte in seiner Rede Südafrika dafür, Israel wegen Völkermords beim Internationalen Gerichtshof anzuklagen. Er appellierte nach "100 Tagen Kriegsverbrechen und Völkermord" auch erneut an die österreichische Regierung, "ihre einseitige pro-israelische Position zu überdenken." An die Versammlungsteilnehmer richtete er die Worte: "Wir alle müssen Israel zur Rechenschaft ziehen: Durch Proteste, durch Demonstrationen, durch Boykott". Eines Tages werde der "Staat Palästina seinen Platz in Würde und Freiheit zwischen den Nationen der Welt einnehmen", zeigte er sich überzeugt.
An der Auftaktkundgebung sprachen auch Vertreter von als jüdisch deklarierten Organisationen, die mit ihrer Präsenz der "Instrumentalisierung von Antisemitismusvorwürfen durch Medien und Politik" etwas entgegensetzen wollten, wie es die Aktivistin Monika von der Gruppe "Judeobolschewiener*innen" in ihrem Redebeitrag formulierte. Diese Antisemitismusvorwürfe gegen pro-palästinensische Demonstrationen hätten zum Ziel, die "gewaltvolle Realität durch die israelische Besatzung" zu "leugnen", fügte sie hinzu.
Hamas laut PSÖ nicht der Kern des Problems
Der Vorwurf des Antisemitismus werde oft "zynisch als Waffe" eingesetzt, um Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund zum Schweigen zu bringen, schlug auch Dalia Sarig-Fellner von der Gruppe "not in our name" ("Nicht in unserem Namen") in dieselbe Kerbe. Sie stehe als Vertreterin einer jüdischen Gruppierung solidarisch an der Seite der Palästinenser "gegen Apartheid, Ungerechtigkeit, Besetzung, ethnische Säuberung und Völkermord". Die "Unterdrückung der Palästinenserinnen durch den Staat Israel muss ein Ende haben", so ihre Forderung.
Zur Frage, ob es mit der im Gazastreifen regierenden Terrororganisation Hamas überhaupt einen Frieden geben kann, erklärte Veranstalter Weinberger im Gespräch mit der APA, die Hamas sei nicht der Kern des Problems. Man müsse die Hamas verstehen als "Ausdruck einer seit 17 Jahren unter Blockade leidenden Bevölkerung in Gaza und deren Widerstandsstreben." Das bedeute nicht, dass er sich mit all ihren Methoden und Zielen identifiziere, aber seiner Ansicht nach teile man ein gemeinsames Ziel: "Ein freies Palästina für alle." Sollte dieses Ziel erreicht werden, würde sich auch die Hamas einem Frieden nicht verwehren, zeigte sich Weinberger überzeugt. Beim Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei möglicherweise "vieles 'aus dem Ruder' gelaufen", aber er glaube nicht, dass das Ziel war, möglichst viele Zivilisten zu töten. Aber: "Jedes Opfer ist ein Opfer zu viel, egal auf welcher Seite", fügte er noch hinzu.
Demozug vom Wiener Museumsquartier bis Sigmund-Freud-Park unterwegs
Die Aktion gegen Antisemitismus, einer seit 1955 bestehenden parteiunabhängigen Organisation zur Bekämpfung von Antisemitismus in Österreich, betrachtet die Antiimperialistische Koordination (AIK), zu der die Palästina Solidarität Österreich gehört, in einem Dossier als antisemitisch. "Im antiimperialistischen Weltbild ist alles gut und richtig, was dem Imperialismus (v.a. den USA und Israel) schadet. Das geht sogar bis zur Legitimation von Terror und Solidarisierung mit islamistischen Mörderbanden", heißt es in dem Dossier. Für das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) ist die AIK ein Paradebeispiel für "Antisemitismus im linken Gewand".
Angesprochen auf diese Vorwürfe antwortete Weinberger: "Ich glaube, dass das ein zionistisches Narrativ ist, dass sich mittlerweile im Mainstream durchgesetzt hat. Ich stimme der Antisemitismus-Definition nicht zu." Israel und das Judentum sei nicht gleichzusetzen, daher sei Kritik am "Zionismus" nicht als Antisemitismus zu verstehen, so Weinberger.
Ausgehend vom Platz der Menschenrechte beim Wiener Museumsquartier zog die Demonstration schließlich mit einer Zwischenkundgebung vor dem Parlament zum Sigmund-Freud-Park, wo die Schlusskundgebung abgehalten wurde. Laut dem Einsatzleiter der Polizei vor Ort kam es während der Demonstration zu keinen Zwischenfällen oder Anzeigen.
(APA/Red)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.