Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens wird 180

"Bah Humbug!" ärgert sich Ebenezer Scrooge über alles, was ihm zu sentimental und insbesondere weihnachtlich erscheint. Der Ausdruck, der in Österreich allgemein gebräuchlich ist, wird jedoch in Großbritannien eng mit der Hauptfigur der Novelle "A Christmas Carol" von Charles Dickens in Verbindung gebracht.
Boris Johnson und die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens
"Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so einen Humbug gehört", sagte Ex-Premierminister Boris Johnson, als er sich im Jahr 2019 im Unterhaus Kritik anhören musste. Es existieren mittlerweile humorvolle Weihnachtskarten, auf denen Johnson im Kleidungsstil des 19. Jahrhunderts abgebildet ist und die den Ausspruch "Bah! Humbug!" enthalten.
Seit Boris Johnson im Jahr 2022 zurückgetreten ist, gibt es immer wieder Spekulationen über eine mögliche Rückkehr des ehemaligen Premierministers. Dies führte dazu, dass das einflussreiche Onlineportal "Politics Home" Johnson als eine Art Geist beschrieb, der über seiner Konservativen Partei schwebt, ähnlich dem "Ghost of Christmas Past" aus der Geschichte von Charles Dickens. Dieser Geist besucht den geizigen Geldverleiher Scrooge, um ihn von seiner Habgier und Ablehnung gegenüber anderen Menschen zu befreien und ihn schließlich zu einem großzügigen und liebenswerten Menschen zu machen.
Zahlreiche Versionen der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens
Die Bedeutung des Werks erstreckt sich jedoch weit über die Sprache hinaus. Seitdem ist es aus den Bühneninszenierungen während der Weihnachtszeit nicht mehr wegzudenken. Es wurden ungefähr 50 verschiedene Versionen für Film und Fernsehen produziert, darunter auch eine Muppet-Variante, in der Michael Caine die Rolle des Ebenezer Scrooge und Kermit der Frosch die Rolle seines verarmten Buchhalters Bob Cratchit übernahmen.
Nach Meinung von Cindy Sughrue, Direktorin des Charles-Dickens-Museums in London, liegt der große Erfolg von "A Christmas Carol" unter anderem daran, dass die Geschichte einfach gehalten ist. Im Gespräch mit der dpa erklärt sie, dass sie Menschen jeden Alters und Publikums anspricht und etwas Universelles und Zeitloses an sich hat. Zudem sei die Geschichte auch heute noch relevant, da die Ungleichheiten, die Dickens damals beobachtete, immer noch vorhanden sind.
Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens Kindheit beeinflusst
In seiner Kindheit hatte Charles Dickens persönlich erfahren, was es bedeutet, arm zu sein. Als sein Vater ins Gefängnis kam, musste er im Alter von zwölf Jahren in einer Fabrik arbeiten, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu verdienen. Diese Erfahrung prägte Dickens nachhaltig. Kurz vor der Entstehung von "A Christmas Carol" besuchte er eine Schule für bedürftige Kinder in London sowie Fabriken in Manchester, in denen Frauen und Kinder unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiteten.
"Gibt es keine Gefängnisse? (...) Gibt es keine Armenhäuser?", lässt Dickens Scrooge zu Besuchern sagen, die um Almosen für Bedürftige bitten. Als die Erwiderung kommt, manche würden lieber sterben, als dorthin zu gehen, fügt Scrooge hinzu: "(...) dann sollten sie das besser tun und die Überbevölkerung verringern".
Erfolg der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens durch spätere Auflagen
Dickens wollte die Politik aufrütteln. Doch statt in ein Pamphlet verpackt er seine Botschaft in einen Roman. "Er hoffte, dass die Geschichte eine große und einflussreiche Leserschaft erreichen würde und bei den Menschen ankommen würde, die sozialem und politischen Wandel einen Schub verleihen könnten. Und das ist genau, was er erreichte", sagt Sughrue.
Allerdings war Dickens nicht uneigennützig. Er befand sich in einer finanziellen Notlage, als er seine Weihnachtsgeschichte verfasste. Er war dringend auf einen kommerziellen Erfolg angewiesen. Dieser erfolgte zwar erst nach und nach, da die erste Ausgabe aufwendig gestaltet und nur 6.000 Exemplare gedruckt wurden, aber bei späteren Auflagen umso erfolgreicher.
Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens machte heutige Weihnachtsfeiern populär
An der weit verbreiteten These, Dickens habe das Weihnachten wie es heute gefeiert wird, durch sein Buch geradezu erfunden, gibt es aber Zweifel. "Er hat es nicht erfunden, aber er hat dabei geholfen, es populär zu machen", sagt Sughrue. In England und auch in Amerika war Weihnachten in den Jahrhunderten vor Dickens in Verruf geraten. Die puritanische Bewegung sah in dem Fest etwas Verwerfliches, ein Anlass für sexuelle Ausschweifungen und Trunkenheit. Zwischen 1647 und 1660 war Weihnachten in England sogar offiziell verboten.
Zu einer Wiederbelebung von Weihnachten hatten nicht zuletzt die deutschstämmigen Adligen beigetragen, die in Großbritannien vom frühen 18. Jahrhundert an die Königsfamilie stellten. Es wird Queen Charlotte (1744-1818), der Frau von König George III., zugeschrieben, den Weihnachtsbaum nach England gebracht zu haben. Der ebenfalls in Deutschland aufgewachsene Prinz Albert (1819-1861) und seine Frau Königin Victoria machten die Tradition mit in der "Illustrated London News" veröffentlichten Darstellungen populär, die das Königspaar mit seinen Kindern um einen geschmückten Baum herum zeigten.
Truthahnbraten erlangte durch Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens Beliebtheit
Auch die Tradition der Weihnachtskarten geht auf die viktorianische Zeit zurück, steht aber nicht in Verbindung mit Dickens. Die erste kommerzielle Weihnachtskarte wurde in derselben Woche herausgebracht wie "A Christmas Carol". Die Einführung der ersten Briefmarke, nur drei Jahre zuvor, ebnete den Weg dafür, dass das Verschicken von Weihnachtskarten zum Massenphänomen wurde.
Kaum ein Zweifel besteht aber daran, dass Dickens der Tradition des Truthahnbratens an Weihnachten zu großer Beliebtheit verhalf. Als Scrooge, durch die Geister geläutert, am Morgen des Weihnachtstags aus dem Fenster schaut, beauftragt er einen Buben auf der Straße damit, seinem Buchhalter Cratchit und dessen Familie einen riesigen Truthahn zu bringen.
Dass Dickens selbst gerne Truthahnbraten aß, ist bestens belegt. Immer wieder bedankte sich der Autor in Briefen für Vögel, die ihm als Geschenke geschickt wurden. Als ein Truthahn, den er per Post bestellt hatte, in einem Zugsunglück verloren ging, beschwerte er sich in Großbuchstaben mit den Worten "WHERE IS THAT TURKEY?" ("Wo ist dieser Truthahn?"). Als er jedoch erfuhr, dass der Vogel in dem Feuer stark beschädigt worden war und die noch essbaren Teile zu günstigen Preisen an Passanten verkauft wurden, zeigte er sich versöhnlich.
(APA/Red)
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