Regierungsparteien beschließen Gasheizungsverbot im Neubau ab 2024

Der Einbau von Gasheizungen soll im Neubau ab 2024 verboten werden, der verpflichtende Heizungstausch kommt nicht, wie die Regierung am Dienstag ankündigte. Eine Einigung gibt es auch bei der Umsetzung des Energiekostenzuschuss 2. Für beide Maßnahmen sind sechs Milliarden Euro vorgesehen. Zur Vereinfachung der Förderung für Photovoltaikanlagen soll die Umsatzsteuer für zwei Jahre ausgesetzt werden. Das Paket soll die Energiewende weiter beschleunigen und gleichzeitig die Wirtschaft stärken.
"Es ist ein guter Tag für die Energiewende, um fossile Energieträger zurückzudrängen und um der Wirtschaftsentwicklung in schwierigen Zeiten Rechnung zu tragen", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vor Journalistinnen und Journalisten. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fügte hinzu: "Wir wollen zwei Probleme mit einem Maßnahmenbündel lösen: die ökologisch notwendige Energiewende noch rascher vorantreiben und die Delle in der Baukonjunktur zielsicher bekämpfen."
Trotzdem hörte Kogler vor Journalistinnen und Journalisten in Wien "die Krakeeler schon wieder um die Ecke plärren". Die Bundesregierung begegne einer "Problemkaskade - auch im Kommunikationsbereich - konstruktiv", sparte keiner der teilnehmenden Politikerinnen und Politiker bei der Betonung einer "Lösungskompetenz" der türkis-grünen Regierung. "Wir haben trotz mancher Unkenrufe in der Koalition bewiesen, dass wir trotz unvorhersehbarer Entwicklungen auf der Welt unsere Verantwortung wahrnehmen", sagte Nehammer mit Blick auf den russischen Überfall auf die Ukraine und weitere Terrorattacken wie durch die Hamas auf Israel.
Die Umsatzsteueraussetzung für Photovoltaik-Anlagen ist für 2024 und 2025 vorgesehen. Komplizierte und oft eilige Ansuchen übers Internet sollen damit Geschichte sein. Die Aussetzung der Umsatzsteuer der Photovoltaikanlagen wird laut Regierung 650 Millionen Euro kosten.
Keine Verpflichtung zum Heizungstausch in Bestandsgebäuden
Anders als ursprünglich im Erneuerbaren-Wärme-Gesetz (EWG) geplant wird es keine Verpflichtung zum Heizungstausch in Bestandsgebäuden geben. Anreize sollen aber durch eine Erhöhung der Förderungen für den Ausstieg aus Gasheizungen gesetzt werden. Dafür wird eine Milliarde Euro für Kesseltausch und thermische Sanierungen zur Verfügung gestellt. "Wer seine alte Heizung tauscht, bekommt im Durchschnitt drei Viertel ersetzt", erklärte Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne). Auf Nachfragen zeigte sie sich überzeugt, dass die Klimaziele mit dem neuen Vorgehen noch rascher erreichbar seien als mit dem ursprünglichen Plan. Das gelte nicht zuletzt, weil auch die Förderungen für einkommensschwache Haushalte sowie die Mittel für den Klima- und Energiefonds erhöht werden. Auch für Eigentümer im mehrgeschoßigen Wohnbau seien die Förderungen sicher verlockend fürs Investieren.
Ab 2024: Gasheizungsverbot im Neubau
Der ursprüngliche Plan sei wegen der zwischenzeitlichen neuen Entwicklungen ad acta gelegt worden. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist nötig: "Wir hoffen, mit diesem Vorschlag rasch einen Beschluss im Nationalrat fassen zu können", sagte die Gewessler mit Blick auf die SPÖ, die sie bereits über den neuen Plan informiert habe.
Das Vorgehen soll den Bau und das Baunebengewerbe stärken, betonten alle Regierungsmitglieder und ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher unisono. So werden auch öffentliche Investitionen des Bundes vorgezogen und Bauprojekte priorisiert. Hier geht es laut Gewessler 2024 insgesamt um zusätzliche Investitionen von 640 Mio. Euro - auch ÖBB, Asfinag und Bundesimmobiliengesellschaft sollen entsprechende Maßnahmen vorziehen. Der laufende ÖBB-Rahmenplan werde um 2 Mrd. Euro erhöht.
Eine Einigung verkündete die Regierungsspitze einen Tag vor der Budgetrede des Finanzministers auch bei der Umsetzung des Energiekostenzuschusses für Unternehmen. Der Ende des vergangenen Jahres beschlossene Energiekostenzuschuss II soll Firmen helfen, die hohen Energiekosten abzufedern. Bisher hat es sich aber bei der Umsetzung der bis zu 150 Mio. Euro schweren Förderung gespießt. Zuletzt hatten sich die Grünen noch dagegen ausgesprochen. Sie befürchten eine Überförderung der Betriebe, die die Inflation weiter anheizen könnte.
Kocher: Überforderung sei nicht zu befürchten
Eine Überförderung sei nicht zu befürchten, betonte Kocher. Antragsstart werde am 9. November sein. Seit dem gestrigen Start der Voranmeldung hätten sich bereits gut 7.000 Firmen vorregistriert. "Vor dem Hintergrund der anhaltenden Teuerung und der deutschen Gas- und Strompreisbremse war und ist es wesentlich die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebe durch weitere Maßnahmen zu sichern und den Standort zu stärken", sagte der Politiker. "Durch den Energiekostenzuschuss II werden Unternehmen auch 2023 von den hohen Energiekosten entlastet."
Im Gegensatz zum Energiekostenzuschuss I werde die Förderintensität in der untersten Stufe auf 50 Prozent gesteigert. "Zusätzlich entfällt das Eintrittskriterium der Energieintensität in den ersten beiden Stufen", so Kocher. Unverändert bleibt, dass nur durch die gestiegenen Energiekosten verursachte Mehrkosten teilweise subventioniert werden. Generell ist eine Förderung von Kostenanteilen, die schon in Preisen weitergegeben wurden, ausgeschlossen. Dadurch wird laut Kocher gesichert, dass die Unterstützung im Rahmen des Energiekostenzuschusses treffsicher und nicht überschießend ist.
Reaktionen fielen gemischt aus
Die Reaktionen auf die heute Nachmittag seitens der Bundesregierung präsentierten Maßnahmen sind gemischt ausgefallen. Während etwa die Industriellenvereinigung (IV) ein gelungenes Konjunkturpaket sieht und die Wirtschaftskammer (WKÖ) den beschlossenen Energiekostenzuschuss II lobt, kommt Kritik unter anderem von der SPÖ, der FPÖ, den NEOS und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB), dem die Maßnahmen nicht weit genug gehen.
Aus Sicht der Sozialdemokraten handelt es sich nicht um ein Konjunkturpaket, sondern lediglich um ein "Sammelsurium" aus verschiedenen Budgetposten. Bei den Maßnahmen im Energiebereich sehen sie einen "Minimalkompromiss". Für die FPÖ ist das "angebliche Konjunkturbelebungspaket" eine "kommunikative Mogelpackung", das nur Steuern verschleudere. Die NEOS stoßen sich daran, dass die Regierung bestehende Probleme mit Geld bewerfe und Förderungen alleine für die Energiewende nicht ausreichend seien. Dem gewerkschaftsnahen Momentum-Institut fehlt der Fokus auf den gemeinnützigen Wohnbau.
An den Maßnahmen im Energiebereich stießen sich auch die Umweltschutzorganisationen Greenpeace, Global 2000 sowie Fridays For Future, denen die Vorgaben nicht ambitioniert genug sind und die Rückschritte beim Gasausstieg bemängeln. Einen mutlosen Kompromiss sieht der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). Für den WWF ist das Anbauverbot bei Gasheizungen "richtungsweisend", die Organisation vermisst aber eine Regelung für bestehende Gasheizungen.
Der österreichische Biomasse-Verband ortet im Gaskesselverbot hingegen einen "wichtigen Schritt" zum Ausstieg aus klimaschädlichen Heizungen. Ähnlich der Umweltdachverband, der mit dem Verbot im Neubau einen Schritt in die richtige Richtung wahrnimmt. Grundsätzlich begrüßt wurden die Maßnahmen auch vom Fachverband Holzindustrie Österreich. Der Branchenverband Photovoltaic Austria wiederum zeigte sich über das Aus der Mehrwertsteuer auf PV-Anlagen erfreut.
Kritik am Energiekostenzuschuss II äußerte die Hoteliersvereinigung ÖHV, da große Teile der Hotellerie ausgeschlossen seien. Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) sah die Maßnahme naturgemäß positiv.
(APA/Red)
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