Proteste gegen Rammstein-Konzert im Wiener Ernst-Happel-Stadion

Während bei den Konzerten jeweils rund 55.000 Fans den Rammstein-Musikern zujubeln werden, organisiert die Kampagnenorganisation #aufstehn für Mittwochnachmittag eine Protestkundgebung vor dem Stadionoval. Grund sind Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann rund um sexuelle Übergriffe.
Fü die Fans war es ein Abend ganz nach ihrem Geschmack: Die deutsche Rockband Rammstein bot beim ersten von zwei Konzerten im Wiener Ernst-Happel-Stadion am Mittwoch eine durchgestylte, höchst professionelle Show, die mit opulente Effekten aufwartete. Ganz anders sahen die Situation hingegen jene rund 1.800 Personen, die am Nachmittag gegen den Auftritt protestierten. Hintergrund waren die Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann rund um sexuelle Übergriffe.
Proteste vor Rammstein-Konzert fordern "Keine Bühne für Täter!"
Unter dem Motto "Keine Bühne für Täter!" wolle man ein starkes Zeichen setzen, wurde im Vorfeld der für 17.30 Uhr angesetzten Kundgebung mitgeteilt. Mehrere Frauen hatten sich in den vergangenen Wochen gemeldet und Situationen geschildert, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Bei Aftershowpartys soll es demnach auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.
Lindemann weist die Vorwürfe entschieden zurück, seine Anwälte gingen teils auch gerichtlich gegen Medienberichte vor und hatten eine "völlig aus dem Ruder gelaufene Verdachtsberichterstattung" kritisiert. Vonseiten des lokalen Veranstalters Arcadia Live betonte man unterdessen, es werde in Wien "spektakuläre, aber vor allem auch friedliche und sichere Shows" geben.
Ende Mai waren erste Frauen an die Öffentlichkeit gegangen und berichteten von Übergriffen im Umfeld der Shows der Kultband. Im Wiener Stadionoval war von diesem Thema kaum etwas zu bemerken. Mehr als zwei Stunden lang lieferten Lindemann und seine Bandkollegen eine Darbietung, die vor allem mit üppigen Dimensionen überzeugte. Wie schon bei der Stadiontournee vor einigen Jahren, beherrschte eine im Industrialtouch gehaltene Bühne das Geschehen, auf der immer wieder das Feuer und die Funken loderten.
Fans feierten Songs von Rammstein in Wien
Hits wie "Mein Herz brennt", "Sonne" oder "Du riechst so gut" wurden von den Fans frenetisch gefeiert. Viele bekundeten zudem explizit ihre Unterstützung für die Band, in dem sie Schilder wie "Wir stehen zu euch" hochhielten. Die Gruppe selbst bot indes einen soliden Auftritt, bei dem Publikumsinteraktion nur am Rande vorkam. Stattdessen wurden Kessel mit Feuerwerfern angezündet ("Mein Teil") oder eine Kraftwerk-Hommage beim "Deutschland"-Remix eingestreut. Am Ende des Abends bedankte sich ein stimmlich nicht immer ganz sattelfester Lindemann für den Zuspruch: "Vielen Dank, Wien, ihr wart fantastisch!" Zur Diskussion der vergangenen Wochen äußerte sich der 60-Jährige indes mit keinem Wort.
Anders hingegen die Lage vor der Show und vor dem Stadion. Deutliche Ablehnung brachte das Bündnis #KeineBühne zum Ausdruck: Die Plattform #aufstehn, die bereite Anfang Juni eine Onlinepetition gegen die beiden Auftritte gestartet hatte, stand gemeinsam mit weiteren Organisationen wie dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), dem Österreichischen Frauenring oder Claim the Space hinter der heutigen Kundgebung, die viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer anzog. Die Protestaktion stand unter dem Motto "Keine Bühne für mutmaßliche Täter". "Wir sind der Meinung, dass die Konzerte kein sicherer Ort sind, solange nicht alle Vorfälle geklärt sind", erklärte Kampagnenleiterin Philine Dressler gegenüber der APA.
Frau in Östereich erhob Vorwürfe gegen Lindemann
"Wir sind hier, weil wir den Betroffenen eine Stimme geben wollen", so Dressler. Man wolle die Konzerte nicht kommentarlos über die Bühne gehen lassen. Vor Ort waren auch Aktivistin Lena Schilling, Regisseurin Katharina Mückstein sowie AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. Auf Schildern war zu lesen "Betroffenen glauben", "Nur Ja heißt Ja" oder "Wer hat Angst vorm weißen Mann?", aber auch "Kill Till". Zwischen den Kundgebungsteilnehmern und den Rammstein-Fans, die als Zaungäste immer wieder vorbei schauten, gab es durchaus ruhige Diskussionen. Aber auch einige Beschimpfungen gingen in Richtung der Protestaktion.
Zuletzt hatte auch eine Frau in Österreich Vorwürfe gegen Lindemann erhoben. Demnach sei es bei einem Konzert im Jahr 2019 zu einem Vorfall gekommen, bei dem die Frau, die anonym bleiben möchte, vom Sänger auf einem Hotelzimmer so heftig auf das Gesäß geschlagen wurde, dass sein Handabdruck zu sehen gewesen sei. Danach habe er von ihr abgelassen. Die Staatsanwaltschaft Wien wird nach den im ORF bekanntgemachten Vorwürfe gegen Lindemann "vorerst kein Ermittlungsverfahren einleiten".
(APA/Red)
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