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Amis wollen konservative Politik

Auch wenn es noch Tage oder Wochen dauern könnte, bis die Unklarheiten in Ohio und Iowa beseitigt sind: An der Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush zweifelten am Tag nach der Wahl selbst manche Demokraten nicht.

Bush hat mit 58 Millionen Stimmen rund 3,5 Millionen mehr als sein Herausforderer John Kerry gewonnen. Nur wegen des komplizierten US-Wahlsystems blieb noch eine theoretische Chance auf einen rechnerischen Sieg des Demokraten.

Das Votum der Amerikaner war eindeutiger als erwartet: Sie wollen einen „starken Mann“ im Weißen Haus und eine konservative Politik im Kongress. Die Republikaner konnten ihre Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus ausbauen, bei den Volksabstimmungen – wie über die Homo-Ehe – setzten sich die Konservativen fast überall durch.

Die Verunsicherung der US-Bürger nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hallte noch bis zur Präsidentenwahl gut drei Jahre später nach. Bush stellte erfolgreich den Kampf gegen den internationalen Terrorismus in den Mittelpunkt seiner Politik. Die jüngste Videobotschaft des Terroristenchefs Osama bin Laden demonstrierte den Amerikanern kurz vor der Wahl noch einmal die Bedrohung durch den Staatsfeind Nummer Eins. Die meisten folgten Bush in seinem Weltbild, dem zufolge sich die USA und die freie Welt in einem „Weltkrieg“ gegen den Terrorismus und Islamismus befinden.

Bush hatte in diesem von der Sicherheits- und Außenpolitik geprägten Wahlkampf den großen Vorteil einer verständlichen, klaren Botschaft: Krieg den Terroristen und Feinden der USA, Demokratie für die islamische Welt, Steuersenkungen als Patentrezept für eine blühende Wirtschaft. „Einfachheit, Einfachheit, Einfachheit“ erklärte der Publizist und Kerry-Unterstützer William Saletan bitter den Erfolg Bushs. New Yorks Ex-Bürgermeister Rudolph Guiliani schwärmte davon, dass „noch nie in der US-Geschichte ein Kandidat so viele Stimmen wie der Präsident bekommen hat“.

Kerry musste mit Widrigkeiten und einer zuweilen schmutzigen Kampagne fertig werden – aber vor allem wussten offensichtlich viele auch nicht, wohin Kerry das Land führen wolle. Der Demokrat hatte zwar souveräne Auftritte bei den Fernsehdebatten mit Bush. Viele Intellektuelle und Künstler unterstützen ihn. Aber selbst die hohe Wahlbeteiligung, die traditionell den Demokraten zu Gute kommt, half Kerry nicht.

Ohnehin hatte vieles gegen Kerry gesprochen: Noch nie hatten die Amerikaner in einem Krieg den Präsidenten abgewählt. Die einflussreichen Kirchen waren klar gegen den Befürworter von Abtreibungsrechten und Stammzellenforschung. Kerrys Frau, die schwerreiche und eigenwillige Teresa Heinz Kerry, ist längst nicht so populär wie die elegante, zurückhaltende Bush-Gattin Laura. Und die Wirtschaft boomt zwar nicht wie gewünscht, aber die Daten signalisieren auch keine schwerwiegende Krise.

Kerry schnitt im Wählervotum klar schlechter als der demokratische Kandidat Al Gore vor vier Jahren ab. 2000 hatte Gore 500.000 Stimmen mehr als Bush. Der Republikaner Bush gewann dank der Wahlmänner, die gemäß der Ergebnisse in den Bundesstaaten bestimmt werden. Für Bush wird diese Wahl eine große Genugtuung gewesen sein. Zu viele US-Bürger zweifelten offenbar an den Führungsqualitäten des liberalen Senators aus Massachusetts. Nicht einmal die großen Zweifel der Amerikaner am Irak-Krieg kamen Kerry entscheidend zu Gute.

Bush siegte, obwohl er auch im konservativen Amerika Kredit verloren hat. Stabilität und Demokratie im Irak scheinen weit entfernt. Der Gefängnisskandal in Abu Ghraib hat viele Amerikaner beschämt. Zudem nehmen die Konservativen Bush die gigantischen Haushaltsdefizite übel. Dennoch vertraut die Mehrheit dem Republikaner, auch wenn das Land tief gespalten ist und Bush weltweit für viele ein Grund ist, Amerika zu hassen.

Bush wird sich bemühen, die USA doch wieder mehr zu einen – dies signalisierten laut US-Medien schon Präsidenten-Mitarbeiter vor der Wahl. Allerdings wird Bush an seiner „Doktrin“ einer präventiven, offensiven Politik gegen die „Feinde Amerikas“ und seiner Vision einer demokratischen islamischen Welt festhalten. Unter den Republikanern ist umstritten, ob auch in der zweiten Amtszeit von Bush diese neokonservative Ideologie dominieren wird. Vor allem US-Diplomaten hoffen, dass Bush wie einst sein Vorbild Ronald Reagan in der zweiten Amtszeit wieder mehr Gewicht auf „soft power“, eine Politik der Diplomatie, legen wird. Angesichts der Wirren im Irak sowie der absehbaren Probleme mit Ländern wie dem Iran und Nordkorea, die nuklear aufrüsten, signalisieren die Republikaner aber wenig Hoffnung auf friedlichere Zeiten. Ganz im Gegenteil.

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