"Sportler des Jahres" gekürt
Olympia-Gold glänzte am Mittwoch noch einmal im Rahmen der zehnten Lotterien-Gala “Nacht des Sports” in der Salzburg-Arena, als vor rund 1.200 geladenen Gästen aus Sport, Politik und Wirtschaft die Sieger bekannt gegeben und geehrt wurden. Denn ausschließlich Olympiasieger von Turin 2006 traten die Nachfolge von Georg Totschnig (Radsport), Renate Götschl (Ski alpin) und dem Skisprung-Team an. Raich (Riesentorlauf und Slalom) und Dorfmeister (Abfahrt und Super G) waren Doppel-Olympiasieger, die Kombinierer Christoph Bieler, Felix Gottwald, Michael Gruber und Mario Stecher gewannen Gold im Team-Bewerb.
Raich holte sich souverän mit 108 von 247 ersten Plätzen und 2.011 Punkten die Auszeichnung, die er im Vorjahr trotz fünf WM-Medaillen verpasst hatte. Er setzte sich vor den weiteren Doppel-Olympiasiegern Gottwald (1.790) und Skispringer Thomas Morgenstern (1.524) durch und wurde als erster Skisportler seit Stephan Eberharter 2002 geehrt.
Bei den Damen gab es für die Favoritin einen klaren Sieg. Die mittlerweile zurückgetretene Dorfmeister gewann mit 2.242 Punkten und 164 ersten Plätzen vor ihrer ÖSV-Teamkollegin Marlies Schild (1.450) und der erst 15-jährigen Tennis-Senkrechtstarterin Tamira Paszek (1.137).
Bei der Mannschaft entschieden die Kombinierer das Kopf-an-Kopf-Rennen zum vierten Mal nach 1991, 2002 und 2003 für sich und verwiesen mit 2.139 Punkten die Skispringer (2.094), die in der Besetzung Martin Koch, Andreas Kofler, Thomas Morgenstern und Andreas Widhölzl ebenfalls Gold geholt hatten, um 45 Zähler auf Platz zwei. Rang drei ging an die Rodel-Goldmedaillengewinner Andreas und Wolfgang Linger (1.557).
Der “Special Award” ging an den dreifachen Formel 1-Weltmeister Niki Lauda, der vor 30 Jahren einen schweren Feuerunfall auf dem Nürburgring knapp überlebt hatte. Behindertensportler das Jahres sind Sabine Gasteiger (Ski alpin) und Alexander Hohlrieder (Rad). Die Special-Olympics-Auszeichnung ging an Joana Bucur.
Hintergrundgeschichte zu Michaela Dormeister
Michaela Dorfmeister (33) ist zum zweiten Mal Sportlerin des Jahres in Österreich. Die im Frühjahr zurückgetretene Alpinskifahrerin aus Niederösterreich verdankte ihren zweiten Titel nach 2003 ihren zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen im Februar 2006 in Turin, bei denen sie Super G und Abfahrt gewonnen hat. Jetzt ist die Doppelweltmeisterin und Olympiasiegerin auch doppelte Sportlerin des Jahres. Der zweite Sieg ereilte sie aber bereits als Ski-Pensionistin.
Denn Dorfmeister hatte vergangenen März und damit am Ende der Saison 2005/2006, in der sie sich in Italien zur dritten alpinen Doppel-Olympiasiegerin aus Österreich nach Trude Jochum-Beiser und Petra Kronberger gekürt hatte, nach 15 Jahren Profisport, 25 Weltcupsiegen, einem Weltcup-Gesamtsieg und insgesamt 7 WM- und Olympia-Medaillen ihre Karriere beendet.
Eine Karriere, die nicht wie vielleicht zu erwarten wäre im Gebirge, sondern am 25. März 1973 im St. Anna-Kinderspital der Bundeshauptstadt Wien begonnen hat. Von der Wiener Leopoldstadt übersiedelte die sechsjährige Michaela mit ihren Eltern auf das Land und damit in die Nähe des niederösterreichischen Unterbergs, wo sie Skifahren gelernt hatte. Ihr Ruf als belächelte Exotin aus dem flachen Osten Österreichs begleitete sie aber viele Jahre.
Das Lachen verging der Konkurrenz erstmals im Dezember 1995. Dorfmeister, die es über die Skihauptschule Lilienfeld und die Handelsschule Schladming in den ÖSV-Kader geschafft und Anfang der 90er Jahre als 18-Jährige noch zu aktiven Zeiten einer Kronberger, Katja Seizinger, Vreni Schneider, Deborah Compagnoni und Pernilla Wiberg ihre ersten Weltcuprennen bestritten hatte, führte in St. Anton den ersten Dreifach-Abfahrtserfolg der ÖSV-Damen seit elf Jahren an.
Damit war der Bann gebrochen. Fünf Jahre und zwei Monate später wurde Dorfmeister 2001 ebenfalls am Arlberg Abfahrts-Weltmeisterin, im März 2002 machte sich die Speed-Spezialistin dank plötzlicher Seriensiege im Riesentorlauf mit ihrem Weltcup-Gesamttriumph zur damals beste Skifahrerin der Welt.
Die gebürtige Wienerin, die durch ihre skurrile Vorliebe für Ratten als Haustiere und allerlei liebenswerte Hoppalas stets viel mediale Aufmerksamkeit auf sich zog, holte damit nicht nur als erste Flachländerin aus einer Millionenstadt überhaupt die große Kristallkugel. Sie bewies damit, dass man mit entsprechendem Willen auch im Skisport Berge versetzen kann.
Dorfmeister, die sich mit ihrem bodenständigen und schlagfertigen Naturell viele Sympathien in der Szene erarbeitet und stets über den Tellerrand des engen Ski-Geschäftes hinausgeblickt hat, musste freilich auch zahlreiche Rückschläge einstecken. Das 1998 um nur eine Hundertstel verpasste Olympiagold im Super G wuchs sich trotz der zwei WM-Goldmedaillen 2001 in St. Anton (Abfahrt) und 2003 in St. Moritz (Super G) alsbald zum Trauma aus, als sie bei den Spielen in Salt Lake City leer ausging. Auch die WM 2005 in Bormio war ein kompletter Reinfall.
Da hatte Dorfmeister aber bereits eine richtungweisende Entscheidung getroffen. Der Wechsel auf Atomic-Ski nach acht Jahren bei Blizzard verhalf dem bunten Vogel aus dem Piestingtal zu einem zweiten Ski-Frühling. Dorfmeister, die zusammen mit Renate Götschl und Alexandra Meissnitzer als Teil der Golden Girls in die Ski-Geschichte eingehen wird, startete nochmals voll durch und gestaltete ihre letzte Saison zu einem wahren Triumphzug. Doppelgold bei Olympia sowie zwei weitere kleine Kristallkugeln für die Gesamtsiege in Abfahrts- und Super-G-Wertung ließen keine Wünsche mehr offen.
Fast noch mehr als für die sportlichen Erfolge machte Dorfmeister, die sich selbst als Mensch mit weichem Herz bezeichnet, stolz, dass sie auch als Mensch viel Respekt erhalten hat. Die Anerkennung als grader Michl und faire Sportlerin bedeute ihr enorm viel, sagte sie bei ihrem letzten Rennen im März in Aare/Schweden.
Dorfmeister, die neben ihrem elterlichen Wohnsitz in Niederösterreich auch ein Haus am Mondsee bewohnte, lebt in Zukunft zusammen mit ihrem Lebensgefährten Andreas in einem Haus bei Purgstall im Mostviertel.
Porträt von Benjamn Raich
Zwischen Olympia- und WM-Winter hat Benjamin Raich (28) am Mittwoch in Salzburg eine Auszeichnung abseits der Skipiste überreicht bekommen. Der Tiroler darf sich ab sofort nicht nur Doppel-Olympiasieger, Doppel-Weltmeister und Gesamt-Weltcup-Sieger, sondern auch Österreichischer Sportler des Jahres 2006 nennen.
Im Vorjahr hatte Raich nur sehr schwer seine Enttäuschung über Rang zwei in dieser Wertung verbergen können, der Blitz aus Pitz war trotz fünf Medaillen bei der WM 2005 in Bormio hinter Tour-de-France-Etappensieger Georg Totschnig gelandet. Nun gab es jedoch in der Salzburg-Arena Wiedergutmachung und den verdienten Lohn für eine Traumsaison 2005/06, in der Raich fürs ski-verrückte Österreich zwei Mal Olympia-Gold und den Gesamt-Weltcup-Sieg eingefahren hatte.
Raich blickt auf eine ÖSV-Karriere wie aus dem Lehrbuch zurück. Seit 1995 im Team, feierte der Tiroler bereits in Nachwuchszeiten herausragende Erfolge, in Slalom und Riesentorlauf konnte dem Shooting Star kaum jemand das Wasser reichen. Den Durchbruch im Weltcup schaffte Raich im Jänner 1999 als 20-Jähriger im Schladminger Nachtslalom. Mit einer Weltrekord-Aufholjagd wedelte Raich damals vor 35.000 Zuschauern im zweiten Durchgang vom 23. auf den ersten Rang – sein erster Weltcup-Erfolg, der Blitz aus Pitz war geboren.
Seitdem brachte es Raich im Weltcup auf 23 Siege, die meisten gelangen in den technischen Disziplinen Slalom (10) und Riesentorlauf (9). In seiner Traum-Saison 2005/06 holte er sich erstmals den Gesamtweltcup, zudem sicherte er sich bisher je zwei Mal die Kleinen Kristallkugeln in Slalom und RTL. In Zukunft will Raich auch in den Speed-Disziplinen groß zuschlagen, ein Stockerplatz oder vielleicht sogar ein Sieg in der Abfahrt ist eines der großen Ziele im anstehenden WM-Winter.
Von seiner angeblichen Nervenschwäche ist auch bei Großereignissen längst nichts mehr zu sehen. Sowohl bei der WM 2005 als auch bei Olympia 2006 war Raich der männliche Ski-alpin-Star. Bei der WM in Bormio holte der Mann aus Arzl bei fünf Starts unglaubliche fünf Medaillen – Gold in Slalom und Kombi, Silber in RTL und Teambewerb, Bronze im Super G. Ein Jahr später erfüllte sich Raich dann – ebenfalls in Italien – in Sestriere den Kindheitstraum von Olympia-Gold gleich doppelt (Slalom und RTL).
In Österreich ist Benni Raich ein Superstar mit ähnlich hohen Sympathiewerten wie einst Stephan Eberharter, nicht zuletzt deswegen ist Raich seit Steffs Rücktritt der neue Träger des blauem UNIQA-Helms. Einer, der gerne auf den Putz haut, ist Raich auf jeden Fall nicht – bodenständig, zielstrebig und erfolgreich, so schätzen ihn seine Fans und Sponsoren. Warum er trotz seiner vielen Triumphe international oft nur die zweite Geige hinter Leuten wie Hermann Maier oder Bode Miller spielt, hat für den Freund von ÖSV-Kollegin Marlies Schild einen einfachen Grund: Weil ich kein Amerikaner bin und weil ich 1998 nicht in Nagano gestürzt bin.
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