Die flämische Tageszeitung “Het Nieuwsblad” berichtete am Montag auf einer Doppelseite über den Fall Elisabeth F. “Natscha Kampusch zum Quadrat” und “Österreich unter Schock nach Entdeckung von besonders schwerem Inzestfall” lauteten die Schlagzeilen.
Parallelen zum Fall Kampusch wurden auch Deutschland wach: “Die Affäre übertrifft in manchen Aspekten noch den Fall der Natascha Kampusch”, urteilte die deutsche “taz”. “Wie konnte das Verlies unentdeckt bleiben? Sogar die Frau von Josef F. soll nichts gewusst haben”, schrieb die Bild-Zeitung über das “Haus des Grauens” in Amstetten.
Zu Wort kommt in den flämischen Zeitungsberichten des “Het Nieuwsblad” unter anderem Raf De Vlaminck, ein flämischer Priester, der seit 40 Jahren im Augustiner-Kloster Dürnstein nahe Amstetten lebt. “Denkt bitte nicht, dass in allen österreichischen Kellern Menschen eingeschlossen sitzen”, sagt er gegenüber der Zeitung. “Wie jeder andere bin ich total überrascht. So etwas kann genauso gut in Belgien vorkommen. Diese Geschichte ist sicher nicht typisch für Österreich.”
Doch in Hinblick auf die Parallelen zum Fall Kampusch fragte die Zeitung: “Zwei solche Geschichten in nur zwei Jahren in einem Land, kann das noch Zufall sein? Ist die soziale Kontrolle in dem etwas desolaten Bergland vielleicht geringer, und können Menschen dadurch leichter verschwinden?”
Vor allem Entsetzen ist in den Berichten rund um den Globus spürbar: “Ein Horrorfilm kann nicht schrecklicher sein”, meint die Südtiroler Tageszeitung “Dolomiten”. “Wie konnte der Vater, Josef F. all die Jahre sein Geheimnis verbergen?”, heißt es in der “Fankfurter Rundschau”.
Auch die Financial Times Deutschland widmete dem “Verdacht von grauenhaftem Ausmaß” einen Bericht. “Des kann ja net wahr sein”, titelt die Mitteldeutsche Zeitung.
Viele Medien schrieben den Familiennamen des mutmaßlichen Täters und seiner Opfer aus. Hinzu kamen reißerische Schlagzeilen: “Österreich: Monstervater hielt Tochter 24 Jahre lang gefangen und missbrauchte sie”, so die Überschrift in der Zeitung “Ilta-Sanomat” in Finnland.
“Vater zwang Tochter 24 Jahre lang zur Sexsklavin. Österreich von gestern enthülltem Riesenskandal erschüttert”, so der Titel der “SL Ohtuleht” in Estland. Die schwedische Zeitung “Aftonbladet” schrieb über den “Horrorkeller” – “Hier lebte sie – 24 Jahre lang. Elisabeth wurde sechsmal schwanger – gestern nahm der Alptraum ein Ende.”
Mit der Reue des Täters begann der Bericht im norwegischen “Dagbladet”: “Es tut ihm leid, was passiert ist: Josef F.(ausgeschrieben Anm.) (73) soll seine Tochter und ihre Kinder im Keller gefangen gehalten haben.” Die geschockten Nachbarn standen im Mittelpunkt eines Artikels im “Ekstra Bladet” (Dänemark): “Der 73-jährige Josef F. (ausgeschrieben) hielt seine Tochter und ihre Kinder 24 Jahre lang gefangen. Er grüßte höflich, war aber sonst reserviert, erzählen die Nachbarn im österreichischen Amstetten.”
Extra zum Tatort in Niederösterreich angereist war aus Großbritannien ein Reporter-Team von SkyNews. “Tochter für 24 Jahre im Keller gefangen” und “Geschichte von Inzest und Gefangenschaft schockt Nation” lauteten die Schlagzeilen.
Die römische Tageszeitung “Il Messaggero”: Die Welt war nicht da für Elisabeth und ihre Kinder “Für die Welt ist sie vor 24 Jahren ‘gestorben’, als ihr Vater sie in einer Kammer ohne Fenster eingeschlossen hat, im Keller eines Hauses im österreichischen Amstetten. Und dort hat sie, Elisabeth, wie ein Gespenst gelebt, Gefangene des Wahnsinns ihres Vaters, der sie missbrauchte, seit sie elf Jahre alt war. (…) All das wurde quasi zufällig aufgedeckt. Als der Vater/Großvater eine Tochter von Elisabeth ins Krankenhaus begleitete, war das 19-jährige Mädchen nicht in der Lage zu sprechen, schien unterernährt und verwirrt; die Ärzte begannen, Verdacht zu schöpfen. (…) Aber die Welt, wo war sie? Und das Viertel, der Ort, die Nachbarn, in diesen langen, langen 24 Jahren – wo waren sie? Was David Meghnagi, Psycho-Analytiker und Professor der Klinischen Psychologie an der Römischen Universität III, besonders wehtut, ist das ‘absolute Fehlen von Schutz durch die Gesellschaft, die Isolation und die Vernachlässigung, in der die (von der Welt) getrennte Frau und ihre Kinder so lange Zeit gelebt haben’. Die Welt war nicht da für Elisabeth und ihre Kinder, wie es so oft geschieht. Meghangi spricht von einem ‘Mechanismus, der in der normalen Gesellschaft zum Tragen kommt: gegenüber Hinweisen, und seien sie auch schwer, tendiert sie (die Gesellschaft) dazu, so zu tun, als ob sie von nichts wüsste’.”
Auch im benachbarten Ost- und Mitteleuropa ist die österreichische Inzest-Trägödie ein großes Thema. Ungarische, tschechische wie polnische Zeitungen informierten in ihren Montag-Ausgaben großflächig über den Missbrauchsfall Elisabeth F., oft auch auf den Titelseiten. Sie riefen durchwegs den Fall Kampusch in Erinnerung.
Die ungarische Boulevardzeitung “Bors” schreibt in der Titelgeschichte: “Ein Baby von Elisabeth wurde verbrannt” und “Familiendrama in Österreich”. Ausführlich berichtet das Blatt über das tragische Schicksal der missbrauchten und eingesperrten Frau und zeigt ein Foto ihres “Peinigers” auf der Titelseite. Die Zeitung “Blikk” schreibt als Überschrift “Neuer Natascha-Fall: 24 Jahre Gefangenschaft im Keller” und bringt ein Foto von Natascha Kampusch, die achteinhalb Jahre gefangen gehalten wurde. Die Tageszeitung “Nepszabadsag” veröffentlich einen Korrespondentenbericht ohne Foto und schreibt “Eine derartige Grausamkeit hat es in Österreich wohl kaum gegeben”. Die Tagszeitung “Nepszava” schreibt: “Inzest während 24jähriger Gefangenschaft”. Das Budapester Inforadio berichtet von “Familienhorror”, die Internetzeitung “Hirszerzö” titelt: “Vater hielt Tochter 24 Jahre im Keller gefangen”.
In Prag schreibt die Tageszeitung “Mlada fronta Dnes”: “Der Fall der Frau, die fast ein Vierteljahrzent in einer Kerkerzelle eines unauffäligen Hauses verbracht hat, übertrifft noch das erschreckende Schicksal von Natascha Kampusch, die auch Österreicherin ist (…) Die Österreicher sind im Schock. Warum wieder bei uns?, fragen sie. Und die Öffentlichkeit ist empört, wieso über so lange Jahre niemand etwas bemerkt hat”. Laut der Tageszeitung “Lidove noviny” handelt es sich um einen Fall, den es in der Geschickte der österreichischen Kriminalistik noch nicht gegeben hat.
Die polnische konservative Tageszeitung “Rzeczpospolita” schreibt: “Das ist nicht der erste Fall dieser Art in Österreich. Vor zwei Jahren schockierte das Land die Geschichte eines anderen Mädchens, die von einem Perversen im Keller festgehalten wurde – Natascha Kampusch. […] Die sexuell missbrauchte Natascha konnte erst 2006 eine Gelegenheit nutzen und fliehen. Vor kurzem kam heraus, dass die österreichische Polizei das Mädchen kurz nach Entführung befreien hätte können, aber die Beamten legten eine empörende Inkompetenz an den Tag.”
Das polnische Boulevardblatt “Fakt” fragt: “Wie ist das möglich, dass niemand der Nachbarn von Joseph Fritzl im kleinen österreichischen Städtchen Amstetten, ja nicht einmal seine Frau Rosamunda, 24 Jahre lang etwas bemerkte? […] Das Mädchen Elisabeth durchlebte eine wahre Hölle, vom eigenen Vater wurde sie im Keller eingesperrt. Er machte aus ihr eine Sex-Sklavin.”
Die polnische Boulevardzeitung “Super Express”: “Das ist eine Geschichte wie aus einem wahren Alptraum. […] Josef Fritzl (73 Jahre) ist ein echter Perverser. Dieses Monster begann, seine Tochter sexuell zu missbrauchen, als sie gerade elf Jahre alt war. […] Das Grauen dieser Geschichte ist umso größer, als die Ehefrau des Monsters Elisabeth, die die ganze Zeit im gleichen Haus wohnte, angibt, die ganzen Jahre nichts bemerkt zu haben.”
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