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Eine Nase voll Abenteuer

Mathias Kessler lädt im Kunstraum Dornbirn auf eine Expedition in die Antarktis ein.

Es gibt Ausstellungen, von denen nimmt man Bilder als Erinnerung mit sich. Von dieser Ausstellung ist es ein Duft und das ­Gefühl von Hitze und Kälte, Dunkelheit und Helligkeit, an das man sich erinnern wird. „The Taste of Discovery“ nennt sich die Installation, mit der der aus dem Kleinwalsertal stammende Fotograf und Filmemacher Mathias Kessler im Kunstraum Dornbirn die Erfahrungen einer Expedition auf kleinstem Raum verdichtet und komprimiert.

Wie auf einer Eisscholle

Von außen wirken die beiden containerartigen Einbauten in der Montagehalle spröde. Im Innern wird dagegen ein wahres Feuerwerk an Kontrasten und sinnlich-sensorischen Eindrücken gezündet. Ausgangspunkt für Kessler, der sich ganz in der Tradition der Forschungsreisenden des 19. Jahrhunderts in die entlegensten Gebiete begibt und seinen eigenen, konzeptuellen Zugang zum Thema Landschaft sucht, war eine Expedition nach Grönland. Zwei Wochen auf einem Schiff unterwegs in der Dunkelheit des arktischen Winters, sind es eben jene Erfahrungen, die der Künstler einfließen lässt in seine aktuelle Installation. Die Nachtaufnahme eines Eisbergs, mit einem Filmscheinwerfer angestrahlt und dem Schiff umrundet, dominiert den dunk­len Raum. Als Gegenüber fungiert eine gefrierende Spiegelfläche, und dazwischen, auf einer Steinplatte im Wasser, wie auf einer Eisscholle, steht der Betrachter, mittendrin im arktischen Geschehen. Der zweite Raum simuliert den Maschinen-Mannschaftsraum mit Arbeitsoveralls, einem Tisch und Stühlen, Kanistern, Dokumenten. Vor allem aber sind es die Hitze und der Geruch als Mischung aus Diesel, Motoröl und Schweiß, die diesen Raum kennzeichnen.

Testosteron pur

Lustig-absurde Found- Footage-Videos, in denen die Arktis zur Urlaubsdestination für Abenteurer wird, hinterfragen in Zeiten von Satellitenüberwachung die Authentizität einer Natur, die längst nur noch Idee und Rekons­truktion ist. Paradoxerweise wir die makellose, unberührte Natur nur durch menschliche und technische Anstrengung als solche erkennbar. Mit diesem Modellgedanken spielt nicht nur die Aufnahme des Eisbergs. Mit dem vereisenden Spiegel, der durch die Anwesenheit des Besuchers, sprich dessen Körperwärme, zu tauen beginnt und zur Metapher für die Klimaerwärmung wird, hält der Künstler dem Besucher tatsächlich und bildhaft einen Spiegel vor. Und zum Mitnehmen gibt es das von einem namhaften Parfumeur entwickelte Diesel-Öl-Duftgemisch „The Taste of Discovery“. Was für Mathias Kessler als riechbares Relikt zu einer „Skulptur der Erinnerung“ wird, den Duft von Abenteuer und großer weiter Welt simuliert, ist Testosteron pur.

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