Britische Parteien loten mögliche Koalitionen aus
Der kam am Samstag mit Abgeordneten seiner Partei zusammen, um über ein Bündnis mit den konservativen Tories von Parteichef David Cameron zu beraten. Kommt dies zustande, sind die Tage von Premierminister Gordon Brown gezählt. Die Verhandlungen ziehen sich jedoch vermutlich noch länger hin. Cameron wollte erst am Montagabend mit seinen Abgeordneten zusammentreffen, um über die Lage zu beraten.
Die Konservativen waren bei der Parlamentswahl am Donnerstag zwar stärkste Partei geworden, hatten aber die absolute Mehrheit verfehlt. Browns Labour Party musste herbe Verluste hinnehmen. Jedoch buhlt auch Labour um die Liberaldemokraten, um in einer Koalition weiter an der Macht zu bleiben. Nach Medienberichten haben Brown und Clegg bereits telefoniert. Im Vordergrund der Verhandlungen steht die Reform des Wahlsystems, das bisher kleine Parteien wie die Liberalen benachteiligt.
Clegg hielt sich am Samstag alle Optionen offen und deutete längere Sondierungen an. Seine Priorität sei eine “grundlegende”, politische Reform. Er würde jedoch in den “kommenden Stunden und Tagen konstruktiv” vorgehen. Zwar sind die Tories auf eine schnelle Lösung erpicht – auch weil die Finanzmärkte am Montag sensibel auf die unsichere Lage reagieren könnten. Aus Parteikreisen hieß es jedoch, es werde “wahrscheinlich” kein Ergebnis vor Montag geben.
Gespräche zwischen führenden Mitgliedern der “Lib Dems”, Großbritanniens drittgrößter Partei, und der Tories am Freitagabend sowie ein Telefonat zwischen Clegg und Cameron hatten keinen Durchbruch gebracht. Ein neues Treffen zwischen Spitzen der Liberalen und der Tories sollte es am Sonntag geben. Um mögliche Ministerposten für die Liberaldemokraten sei es bei den Sondierungsgesprächen noch nicht gegangen, hieß es.
Bis eine neue Regierung gebildet ist, bleibt Brown weiter im Amt. Auch er versucht, die Liberalen ins Boot zu holen. Spekulationen gab es aber darüber, dass Clegg mit Brown nicht zusammenarbeiten wolle und den Kopf des Premiers fordern könnte. Schon seit Tagen diskutieren die Medien über mögliche Nachfolger für Brown, der auch in seiner eigenen Partei umstritten ist. Labour hatte bei der Wahl das zweitschlechteste Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte eingefahren.
Sowohl Cameron als auch Brown hatten den Liberalen eine Wahlreform in Aussicht gestellt. Die Tories gingen jedoch nicht so weit wie Labour und schlugen nur einen parteiübergreifenden Ausschuss vor. Clegg könnte das zu wenig sein. Die Liberaldemokraten wollen ein Wahlsystem, das die tatsächlichen Stimmenanteile besser abbildet als das bisher geltende Mehrheitswahlrecht. Derzeit kommt nur ein Abgeordneter pro Wahlkreis ins Parlament. Die Stimmen für seine Konkurrenten – auch wenn sie ihm nur knapp unterlegen sind – verfallen.
Der konservative Politiker Liam Fox sagte der BBC, die Liberaldemokraten könnten die Tories nicht mit ihrer Forderung nach einer Wahlrechtsreform “erpressen”. Seine Partei sei die größere und dürfe daher auch mehr Inhalte der künftigen Regierungsarbeit bestimmen.
Die Tories kämen zusammen mit den Liberalen auf 363 von insgesamt 650 Sitzen im Unterhaus, Labour mit den Liberalen auf 315. Das wäre immer noch nicht die Mehrheit. Labour müsste also noch andere kleinere Parteien ins Boot holen. Cameron hatte am Freitag angedeutet, auch er könne sich eine Konstellation vorstellen, in der die Tories als Minderheitsregierung von regionalen Parteien aus Schottland, Nordirland und Wales geduldet würden.
Wenn es keine eindeutigen Mehrheiten gibt, steht nach britischem Wahlrecht eigentlich dem amtierenden Premierminister, also Labour-Chef Brown, das Vorrecht bei der Regierungsbildung zu. Er ließ jedoch den Konservativen den Vortritt. Gleichzeitig bot auch er den Liberaldemokraten Gespräche an, sollte es bei den Verhandlungen mit den Tories keine Einigung geben.
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