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„81 Betriebe im Ort haben Kurzarbeit angemeldet“

Die erste Bauetappe für den Umbau der Volksschule Nenzing-Dorf wird trotz Corona heuer umgesetzt.
Die erste Bauetappe für den Umbau der Volksschule Nenzing-Dorf wird trotz Corona heuer umgesetzt. ©Elke Kager Meyer
Der Nenzinger Bürgeremeister Florian Kasseroler im Gespräch über die Auswirkungen von „Covid-19“ auf seine Gemeinde:

Nenzing war zur Corona-Hochphase in Quarantäne. Wie ist es dazu gekommen und war diese einschneidende Maßnahme wirklich notwendig?

Nenzing ist traditionell eine skisportbegeisterte Gemeinde. Da gehört für viele auch einmal ein Skitag im nahen Tirol dazu. Das führte in der zweiten und dritten Märzwoche zu einem überdurchschnittlich raschen Ansteigen von positiv getesteten Personen, der noch Schlimmeres erwarten ließ. Auch aus heutiger Sicht war die Quarantäneentscheidung der Landesregierung deshalb gerechtfertigt.

War diese Zeit für dich als Bürgermeister eine besondere Herausforderung oder war das Verständnis in der Bevölkerung großteils vorhanden?

Hier möchte ich mich bei allen Mitbürgern ganz besonders herzlich bedanken. Das Verständnis für diese Maßnahme war groß und die Disziplin wirklich vorbildlich. Das hat sehr dazu beigetragen, dass wir gemeinsam gut über diese Zeit hinweg gekommen sind. Mein großer Dank gilt aber auch meinen Mitarbeitern. Im Sozialzentrum, in den Kinderbetreungs-Einrichtungen und in allen Abteilungen wurde sehr flexibel und professionell auf die neue Situation reagiert und großartige Arbeit geleistet. An Spitzentagen waren allein im Rathaus bis zu 600 Anfragen und Anliegen zu bearbeiten. Da ist man als Bürgermeister fast ein bisschen stolz, auf ein so engagiertes und bürgernahes Team zählen zu dürfen

Was war speziell schwierig und war andererseits ein spezieller Zusammenhalt im Dorf sowie eine Solidarität gegenüber Menschen, die Hilfe brauchen spürbar?

Eine solche Situation zeigt auf, wie stark wir alle über die Gemeindegrenzen hinweg beruflich und persönlich vernetzt sind und wie wenig die Gemeindegrenzen im täglichen Leben noch wahrgenommen werden. Wenn diese Grenzen dann über Nacht wieder da sind, zeigt sich umso mehr die Bedeutung von Solidarität und einer funktionierenden Dorfgemeinschaft. Die Tatsache, dass die offizielle Nachfrage nach Einkaufs,- und Hilfsdiensten bei uns weit geringer als das Angebot war, ist ein Zeichen, dass offenbar viele Dinge über die familiären Netze und die Nachbarschaftshilfe erledigt werden konnten.

Das Rathaus hat ab kommender Woche wieder geöffnet. Müssen Termine im Vorfeld telefonisch vereinbart werden?

Wir rechnen ab Montag mit einem starken Andrang im Rathaus und bitten die Bürger deshalb, in den ersten Tagen nur bei wichtigen Anliegen persönlich vorbei zu kommen. Für Beratungsgespräche mit höherem Zeitaufwand ist zudem eine Terminabsprache sicher hilfreich.

Die Kurzarbeit großer Betriebe bedeutet auch geringere Einnahmen für die Marktgemeinde. Ist schon entschieden, ob das eine oder andere geplante Bauprojekt nochmals überdacht wird und wenn ja, welche?

Trotz der umgesetzten Großprojekte wie dem Walgaubad, der FCN-Sportanlage oder dem Kanalprojekt Gurtis können wir das Finanzjahr 2019 mit 2,5 Millionen Euro an Rücklagen abschließen. Das hilft uns jetzt sehr, denn in Nenzing haben aktuell 81 Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Daraus ergibt sich für die Gemeinde ein Einnahmen-Entfall von bis zu 600.000 Euro allein aus der Kommunalsteuer. Dazu kommen die Mindereinnahmen aus den Bundesertragsanteilen in Höhe von 120.000 Euro pro Monat. Zu berücksichtigen sind zudem Corona-bedingte ungeplante Mehraufwendungen und Abgangsdeckungen quer durch das Gemeindebudget.

Wie schaut es mit aktuellen Bauprojekten aus?

Die Detailplanungen und Ausschreibungen für die Großprojekte Mittelschule, Volksschule und Kindergarten mit einem Volumen von rund 25 Millionen Euro laufen wie geplant und die erste Etappe des Umbaus der Volksschule Nenzing-Dorf wird heuer im Sommer bereits umgesetzt. Es wird dann eine der ersten Aufgaben der neu zusammen gesetzten Gemeindevertretung sein, einen verantwortungsbewussten Etappenplan für die weitere Umsetzung nach Maßgabe der vorhandenen Mittel zu erstellen. Dabei könnte uns die bereits von der Bundesregierung angekündigte Förderoffensive für Bildungsinfrastruktur eine große Hilfe sein. Diese zusätzlichen Fördermittel würden zudem einen starken Impuls für die heimische Bauwirtschaft bedeuten.

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