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210 Menschen starben vor 70 Jahren bei einem Bombenangriff in Feldkirch

Im Vordergrund die Ruine des völlig zerstörten Mädcheninternates
Im Vordergrund die Ruine des völlig zerstörten Mädcheninternates ©Manfred Bauer, Gerhard Winkler, Othmar Thomann
Feldkirch war ein „Gelegenheitsziel“ für amerikanische Bomber, die Folgen waren verheerend.
Bomben auf Feldkirch

Feldkirch. (sm) Es war ein wunderschöner Tag, bis die Sirenen am 1. Oktober 1943 um 12.28 Uhr heulten und die Feldkircher Sirenen einen Fliegeralarm ankündigten.

Trotz zahlreicher geharnischter Aufforderungen von Gauleiter Hofer hatte die Bevölkerung die zahlreichen Luftschutzkeller in den Häusern bzw. den Luftschutzbunkern im Ardetzenberg nicht aufgesucht.

Internat und Lazarett

Bereits eine Viertel Stunde später war das todbringende Dröhnen der 15 amerikanischen B 17 „Fliegende Festungen“ zu hören und das anschließende Pfeifgeräusch ihrer tödlichen Fracht. Sie warfen insgesamt 36 Sprengbomben mit je 500 kg über den Ortsteilen Tisis und Tosters ab. Die Folgen waren verheerend: Nach offiziellen Angaben der NS Propaganda wurden 178 Menschen getötet und 110 schwer verletzt. (Anm. d. Red.: Bruder Franz von den Schulbrüdern schätzt nach eigenen Recherchen die Zahl der Toten auf 200 bis 210, was im Buch „Im Bombenkrieg … ebenfalls angenommen wird). Unter den Toten befanden sich über 100 junge Schülerinnern der Lehrerbildungsanstalt (Internat-Schulbrüderheim) in der Carinagasse. Weitere 100 Menschen, vornehmlich Soldaten, Ordensschwestern und Pflegepersonal starben im Reservelazarett I (Antoniushaus) an der Blasenberggasse. Augenzeugen berichteten, dass die Erde bebte und Trümmer bis zur 300 Meter weit entfernten Bäckerei Schnell geschleudert wurden. Die Zahl der Toten war deshalb so hoch, weil sich Schülerinnen und Verletzte bei Fliegeralarm in den Stiegenhäusern treffen mussten. Doch gerade diese wurden in beiden Fällen von den Bomben zerstört. Weitere Gebäude an der Liechtensteinerstraße, der Carinagasse (Zollwohnhaus),  Blasenberggasse wurden beschädigt, in Tosters fielen die Bomben auf freies Feld.

„Rotes Kreuz“ übermalt

Besonders tragisch und unverständlich war die Tatsache, dass das Lazarett im Antoniushaus, wo auf dem Dach das Rote Kreuz aufgemalt war, gezielt zerstört wurde. Ein Augenzeuge erklärte: „Rund 14 Tage vorher beobachte ich, wie das Rote Kreuz auf dem Antoniushaus und des Exerzitienhaus Schwarz übermalt wurde!“ Der Grund war, dass die Nazis verbreiteten, dass die Lazarette von den Amerikanern gezielt angegriffen werden! Der Chefarzt des Lazaretts in der Stella ließ das Übermalen nicht zu.

Ein „Gelegenheitsziel“

Den üblichen Gepflogenheiten des Nazi-Regimes entsprechend, wurde der erste Angriff der Alliierten auf Österreich als „Terrorangriff“ bezeichnet. Nach dem Krieg wurde der Angriff von der ersten österreichischen Regierung als „Good will“ gegenüber den Amerikanern, als „Notabwurf“ bezeichnet. Tatsache ist, dass die 15 Amerikanischen Bomber in Tunis gestartet waren und Ziele im Raum Augsburg bombardieren sollten. Dichter Nebel und deutsche Jagdbomber verhinderten diese Aktion. Die Piloten hatten aus diesem Grund meist Befehle zum Angriff von „Gelegenheitszielen“, also beispielsweise Feldkirch zu bombardieren! Entsprechende US-Karten beweisen dies! Die Tatsache, dass eine österreichisches Stadt bombardiert worden war, wurde von amerikanischer Seite intern bedauert, wie eine Korrespondenz zwischen der US-Botschaft Bern und dem OSS (Office of Strategic Services, Amt für strategische Dienste, „Nachrichtendienst des Kriegsministeriums der Vereinigten Staaten“ von 1942 bis 1945), hervorgeht.

Soldatenfriedhof  St. Wolfgang Tosters

„Nach dem Luftangriff musste die damalige Stadtverwaltung von Feldkirch entsprechend einem Auftrag der Wehrmacht innert kürzester Zeit ein Friedhofsgelände zur Bestattung der Opfer bereitstellen. So fiel die Wahl nach Probebohrungen in Tosters auf den heutigen Standort des heutigen Soldatenfrieshof St. Wolfgang mit 320 Grabstätten“, schrieb Engelbert Ammann zur Geschichte des Soldatenfriedhofes.

Schweizer Flak

Die Alliierten „missbrauchten“ immer wieder mit oder ohne Genehmigung die Schweiz als Überfluggebiet von Tunis in den Raum Augsburg und Kempten. Dabei wurden die ‚Feldkircher’ Bomber bei ihrem Rückflug nach Tunis bei Bad Ragaz von der dort stationierten Flak beschossen, keine davon aber abgeschossen“, berichtet der Adjudant Othmar Thomann, Schweizer Armeehistoriker. Abgeschossen wurden am gleichen Tag eine B 17 „Sugar Foot“ im Raum Bad Ragaz und eine weiter B 17 im Raum Unterengadin“, erzählt Thomann.

Quellen: „Im Bombenkrieg, Tirol und Vorarlberg 1943 – 1945 von den Autoren Thomas Albrich und Arno Gisinger, Bruder Franz, Adjudant Othmar Thomann der Schweizer Armeehistoriker.

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