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1,77 Mio. Euro Schaden: Anklage von "Schamanin" in Wien

In der Anklage, die der APA vorliegt, wird von einer Schadenssumme von zumindest 1,77 Millionen Euro ausgegangen.
In der Anklage, die der APA vorliegt, wird von einer Schadenssumme von zumindest 1,77 Millionen Euro ausgegangen. ©APA/ROBERT PARIGGER (Symbolbild)
Im Fall groß angelegter mutmaßlicher Okkult-Betrügereien rund um zwei selbst ernannte "Schamaninnen" namens "Amela" und "Anna" hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Donnerstag gegen die Jüngere der beiden und zwei mutmaßliche Komplizen beim Wiener Landesgericht eine umfangreiche Anklageschrift eingebracht.
Weit höhere Anzahl an Opfern vermutet
Millionenbeute sichergestellt
Fahndung nach Betrügerin

Dona D., wie die 29-Jährige mit bürgerlichem Namen heißt, wird gewerbsmäßiger schwerer Betrug und kriminelle Vereinigung vorgeworfen.

In der Anklage, die der APA vorliegt, wird von einer Schadenssumme von zumindest 1,77 Millionen Euro ausgegangen. Bargeld, Schmuck und sonstige Wertgegenstände in diesem Gesamtwert konnten von der Polizei in einem Tresor und in verborgenen Räumlichkeiten auf einer Liegenschaft in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) sichergestellt werden. Die Strafverfolgungsbehörden gehen davon aus, dass es sich bei den Vermögenswerten um die Beute aus den inkriminierten Betrügereien handelt.

Nach der 44-jährigen Mariana M. alias "Amela", die Schwägerin von "Anna" und mutmaßliche Haupttäterin, wird weiter gefahndet. Sie ist von der Bildfläche verschwunden. "Anna" wurde im vergangenen Februar festgenommen und befindet sich seither in Wien in U-Haft.

Laut Anklage Betrugshandlungen seit 2015

Laut Anklage sollen die beiden seit 2015 fortgesetzte schwere Betrugshandlungen begangen haben. Dona D. weist drei einschlägige Vorstrafen auf. Hauptsächlich in Wien, aber auch in Linz, Neusiedl am See und in München sprachen "Anna" und "Amela" auf der Straße ihre späteren Opfer - überwiegend Frauen - an und machten ihnen zunächst Komplimente für deren vorgeblich"schöne Aura". Ließen sich die Leute auf diese Thematik ein, gaben sich die beiden als angebliche "Schamaninnen" zu erkennen und behaupteten nun, sie würden eine "nicht stimmige Aura spüren" bzw. seien die Opfer von einem Fluch befallen.

Beides und bevorstehendes Unheil ließe sich aber gegen Entgelt abwenden. Vom drohenden Unfalltod einer Tochter war da die Rede, von einer tödlichen Erkrankung eines Angehörigen oder einem "schwarzen Kreis", der sich um eines der Opfer gebildet habe. Dieser Frau, die mittlerweile verstorben ist, wurde laut Anklage besonders übel mitgespielt. Um "ins Innere vorzudringen" und den "schwarzen Kreis abzuwehren", wurde immer mehr Geld verlangt, ehe die "Schamanin" plötzlich verkündete, die Tochter der Angeschwindelten werde "im Blut liegen", was nur mit einem Menschenopfer und dem Trinken von Tierblut oder der Übergabe "lebloser Sachen" zu verhindern sei. Am Ende war die betrogene Frau all ihr Geld und ihren gesamten Schmuck los.

Manchmal hieß es auch, vorhandenes Bargeld oder sonstige Wertgegenstände müssten "gereinigt" werden, die dann allerdings nicht mehr zurückgegeben wurden. Männliche Opfer baten die Schwindlerinnen laut Anklage gern um Zuwendungen, indem sie sich als hilfsbedürftig und mittellos ausgaben und dringend benötigte medizinische Behandlungen oder Renovierungsarbeiten ins Spiel brachten.

Mit Opfern Rituale praktiziert

"Oftmals wurde vorgegeben, die Vermögenswerte müssten an die 'höheren Mächte' übergeben und/oder zu Reinigungszwecken verbrannt werden", ist der Anklageschrift zu entnehmen. Zur Untermauerung ihrer angeblichen schamanischen Berufung praktizierten "Anna" und "Amela" mit den Opfern sogenannte Rituale, indem sie diese etwa aufforderten, Knoten in einen roten Faden zu binden und danach ein Gebet zu sprechen, worauf sich die Knoten "wie von Zauberhand" aufgelöst haben sollen. Auch mit einem manipulierten rohen Hühnerei, das am Körper der Opfer oder an einem von diesen mitgebrachten Kleidungsstück aufgeschlagen wurde, wurden diese hinters Licht geführt. Nach dem Aufschlagen des Eis soll jeweils ein schwarzer Fleck erkennbar gewesen sein, den die "Schamaninnen" als "Dämon" deuteten, der das jeweilige Opfer befallen habe.

Mit Anrufen und ständigen weiteren Kontaktaufnahmen wurden die Geschädigten laut Anklage immer mehr in die Enge getrieben. Mitunter soll die eine "Schamanin" sogar behauptet haben, ihre Kollegin sei aufgrund der immensen Anstrengung, die mit der energetischen Arbeit einhergehe, ins Koma gefallen und nicht mehr erreichbar. Einer Frau wurde vorgemacht, deren Sohn sei "der Erlöser der Welt", es bedürfe eines Opfers, um ihn zu unterstützen. Darauf wurden "Anna" 30.000 Euro in bar überreicht.

Zwei Männer unter anderen wegen Geldwäscherei mitangeklagt

Bei den Mitangeklagten handelt es sich um einen 29-jährigen, auf dessen Grundstück in Maria Enzersdorf die erbeuteten Vermögenswerte teilweise geschafft und versteckt wurden, und dessen 47-jährigen Vater. Dieser war wiederum früher mit Mariana M. alias "Amela" verheiratet. Die zwei Männer sollen die "Schamaninnen" tatkräftig unterstützt und deren erlangte Barmittel veranlagt haben. Neben krimineller Vereinigung und Beteiligung an den Betrügereien wird ihnen daher auch Geldwäscherei angekreidet.

Die am Donnerstag eingebrachte Anklage ist nicht rechtskräftig. Die Angeklagten haben 14 Tage Zeit, sie allenfalls zu beeinspruchen. Das hätte eine Prüfung seitens des Oberlandesgerichts Wien zur Folge. Sollte das nicht nötig sein, ist mit einem Verhandlungstermin im Herbst zu rechnen.

(APA/Red)

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