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17-Jährigen mit heißem Wasser verbrüht und mit Messer attackiert: 20 Jahre Haft für Mordversuch

Der Prozess rund um den Familienvater, der seinen Sohn attackierte, endete mit einem Schuldspruch
Der Prozess rund um den Familienvater, der seinen Sohn attackierte, endete mit einem Schuldspruch ©APA (Sujet)
Mit 20 Jahren Haft für den Angeklagte endete der Prozess rund um einen 59-jährigen Familienvater, der in Floridsdorf seinen 17-jährigen Sohn mit heißem Wasser verbrühte und danach mit einem Küchenmesser schwer verletzte.
Cobra-Einsatz in Floridsdorf
Sohn verbrüht: Prozess

Die Geschworenen sprachen sich mehrheitlich am Landesgericht Wien für den inkriminierten Tötungsvorsatz aus.

20 Jahre Haft für Mordversuch an 17 Jahre alten Sohn

Der Angeklagte wurde mit 6:2 Stimmen des versuchten Mordes für schuldig befunden. Bei der Strafbemessung wurde die Heimtücke der Tat erschwerend gewertet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Rudolf Mayer meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Bluttat in einer Reihenhaus-Siedlung am Stadtrand

Die Bluttat hatte sich in einer Reihenhaus-Siedlung am Stadtrand abgespielt, wo der gebürtige Ägypter mit seiner Ehefrau, zwei Töchtern und dem Sohn jahrelang ein unauffälliges Leben geführt hatte. Dann ließ sich die Frau jedoch scheiden. Im Zuge der Trennung wurde festgelegt, dass sie dort mit den Kindern wohnen bleiben durfte und der Mann sich eine neue Bleibe suchen musste.

Angeklagter von Ex-Frau “zu Unrecht aus Haus vertrieben”

Das dürfte der Mann, ein Akademiker, der vor 33 Jahren nach Österreich gekommen war, um – wie er dem Schwurgericht (Vorsitz: Martina Krainz) erläuterte – “in einem friedlichen Land zu leben”, nicht verwunden haben. Die Frau habe ihn überlistet und erwirkt, dass er “obdachlos” wurde, beklagte er in seiner gerichtlichen Einvernahme. “Mir wurde das Haus unter Betrug genommen”, beschwerte er sich im Großen Schwurgerichtssaal. Man habe ihn “zu Unrecht aus meinem Haus vertrieben”. Dabei sei er gegen seine Familie nie gewalttätig vorgegangen, obwohl seine Ex-Frau “eine Weltmeisterin in Provokation” sei.

Von der Vorsitzenden auf eine polizeiliche Amtshandlung im vergangenen März angesprochen, die nötig geworden war, weil der Vater seine Tochter mit einem Messer angegriffen haben soll, meinte der Angeklagte: “Meine Tochter hat sich selbst verletzt.” Er habe ihr “nichts getan”. Diese sei “eine Dämonin” und habe ihn “falsch beschuldigt”.

Ausnahmsweise in der einst gemeinsamen Wohnung geschlafen

Ihm sei es “im Exil” sehr schlecht gegangen, berichtete der Angeklagte weiter: “Ich war obdachlos. Ich bin 59. Ich bin Diplomingenieur. Ich war auf der Straße.” Nachdem er sich, um seinen Kummer zu ertränken, am 7. Mai in einem Lokal dem Alkohol hingegeben hatte, ließen sich Mutter und Tochter erweichen und erlaubten ihm, ausnahmsweise in der einst ehelichen Wohnung zu übernachten. Da die Frauen aber Schwierigkeiten befürchteten, fassten sie den Entschluss, die Nacht bei Bekannten zu verbringen. Einzig der 17-jährige Sohn blieb in der Wohnung, weil er stark verkühlt war, leicht fieberte und sich ins Bett gelegt hatte.

“Ich war verzweifelt. Ich wollte ihn verletzen”

Während der Bursch im Halbschlaf vor sich hindämmerte, ging der Vater in die Küche, machte einen Wasserkocher halbvoll, erhitzte diesen, nahm noch ein Messer an sich und trat damit ans Bett seines Sohnes. Er habe diesem “ein bisschen Wasser auf den Kopf gegossen”, gab der Angeklagte zu Protokoll. Als Begründung lieferte er dem Schwurgericht folgende Erklärung: “Ich war total fertig, ich war verzweifelt. Ich wollte ihn verletzen.” Hundert Mal habe er seinen Sohn gebeten, sich auf seine Seite und gegen die Mutter zu stellen, “dass er mir zurück ins Haus hilft.” Der Sohn sei aber nicht zu ihm gestanden: “Er wollte nicht, dass ich wieder zurückkomme.”

17-Jähriger beim Angriff: “Papa, bring mich bitte nicht um!”

Der Jugendliche, dessen linke Gesichtshälfte, linke Hand und rechter Unterschenkel verbrüht wurden, ließ sich panikartig aus dem Bett fallen. Der Vater machte laut Anklage weiter vom Messer Gebrauch, indem er dem am Boden Liegenden Schnittwunden am Hinterkopf und im Nacken zufügte und in Brust und Rücken stach. “Papa, bring mich bitte nicht um!”, schrie der 17-Jährige in Todesangst, während er sich unter einem Schreibtisch verkroch.

Schließlich gelang es ihm, den Angreifer mit einem Fußtritt zu Fall zu bringen. Diese Gelegenheit nutzte der Verletzte, um aus seinem Zimmer zu laufen, ein ebenerdig gelegenes Fenster zu öffnen und ins Freie zu springen. Über einen Zaun gelangte der Bursche in den Garten des Nachbarn, wo er bemerkte, dass der Vater ihm mit dem Messer gefolgt war. Der 17-Jährige läutete voller Angst beim Nachbarn und rief um Hilfe, die ihm vorerst nicht zu teil wurde. So lief er weiter in Richtung eines Parkplatzes, wo Passanten auf die Szene aufmerksam wurden und Polizei und Rettung verständigten. Der Jugendliche kassierte auf der Straße zumindest einen weiteren Stich und brach schließlich zusammen.

Schüler überlebte mit viel Glück

Wie Gerichtsmediziner Christian Reiter darlegte, überlebte der Schüler mit sehr viel Glück. Der Sachverständige zählte am Körper des Burschen mindestens 15 Stich- und Schnittverletzungen, davon mehrere am Kopf. So ließ sich ein Stich gegen die rechte Schläfenregion mit einem Stichkanal von sechs bis sieben Zentimeter nachweisen. “Selbst ein kräftiges Einstechen auf die Schädeldecke führt in der Regel nicht zur Perforation”, dozierte der Gerichtsmediziner. Auch hinter dem Ohr und im Nackenbereich wurde der Bursch getroffen.

Schilderungen einer Augenzeugin

Eine Vielzahl von Stichen dürfte der 17-Jährige auf der Flucht abbekommen haben. Eine Augenzeugin, schilderte dem Gericht eindrücklich, wie der Schüler mit letzter Kraft und brechender Stimme auf sie zulief und “Bitte helfen Sie mir” flüsterte. “Der Junge war komplett von Blut überströmt. Ein wunderschöner Junge, der voller Blut war”, beschrieb sie die Szene. Der Sohn sagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegen seinen Vater aus. Die Mutter entschlug sich der Aussage. Mehrere Freunde des Mannes bescheinigten diesem, grundsätzlich kein gewalttätiger Mensch zu sein.

(APA/Red.)

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