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1.000 Kindergärtner in Wien machten Lärm für bessere Bedingungen

1.000 Kindergartenpädagogen demonstrierten am Donnerstag in Wien für bessere Arbeitsbedingungen.
1.000 Kindergartenpädagogen demonstrierten am Donnerstag in Wien für bessere Arbeitsbedingungen. ©APA/HANS PUNZ
Am Donnerstag ging das Personal der städtischen Kindergärten und Horte für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße. Rund 1.000 Pädagogen demonstrierten vor dem Bildungsministerium in Wien.

Zwei Tage nach den Pädagoginnen der Wiener Privatkindergärten ist am Donnerstag auch das Personal der städtischen Kindergärten und Horte für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße gegangen. Nachdem bei vergangenen Aktionen nur kleine Gewerkschaftsgruppen schweigend und zuletzt singend protestiert hatten, wurde es diesmal laut: Rund 1.000 haben - ausgerüstet mit Trommeln und Klatschfächern - vor dem Bildungsministerium gegen schwierige Arbeitsbedingungen demonstriert.

5.000 Pädagoginnen bei Betriebsversammlung in Wien

Am Dienstag waren noch gut 5.000 Pädagoginnen zur öffentlichen Betriebsversammlung in den Votivpark gekommen. Anders als die Privatkindergärten am Dienstag waren die städtischen Einrichtungen während der Demo allerdings nicht geschlossen, für diese gilt nämlich eine Betriebspflicht.

Prosteste der Kindergärtner

Zwar sind die Kindergärten eigentlich Ländersache und das Bildungsministerium ist lediglich für die Ausbildung der Elementarpädagoginnen zuständig. Ihre Protestbühne haben die Gewerkschaften Younion, GPA, vida und der ÖGB dennoch am Minoritenplatz aufgebaut, um dort neben dem Start einer Ausbildungsoffensive auch mehr Anerkennung und Wertschätzung sowie mehr Geld (ein Prozent statt derzeit 0,64 Prozent des BIP) zur Finanzierung besserer Rahmenbedingungen in Form von mehr Personal, kleineren Gruppen und einem besseren Fachkräfte-Kind-Schlüssel zu fordern. Außerdem auf der Liste: Ein einheitliches Bundesrahmengesetz anstelle von neun Länderregelungen und mehr Sicherheit für das Personal während der Coronapandemie.

"Kinder haben Rechte - wir auch"

"Wir arbeiten uns krank", "Kinder haben Rechte - wir auch" oder "Gegen Massenkinderhaltung" hieß es dazu passend auf Schildern der Demonstrantinnen. Andere setzten auf Ironie ("1 Pädagogin + 25 Kinder = Individuelle Betreuung"). Dabei wurde auch so manches Schild von der Dienstags-Demo der Privatkindergärten recycelt: "Ich kann gar nicht so schlecht arbeiten wie ich bezahlt werde", hieß es da.

"Ich ersticke in Administration"

Ihre Aufgabe wäre es eigentlich, sich um das pädagogische Konzept ihres Standortes und die Anliegen jedes Kindes und jeder Mitarbeiterin zu kümmern. In der Praxis sei das allerdings unmöglich, berichtete eine Leiterin in ihrer Rede. "Ich ersticke in Administration." Zwar sei in Politikerreden von den Kindergärten als erster Bildungseinrichtung zu hören. "Aber die Rahmenbedingungen stecken noch im vorigen Jahrhundert fest!" Gerade während der Coronakrise seien für alle Mitarbeiterinnen noch zusätzliche Aufgaben dazugekommen, und das bei ständig wechselnden Vorgaben. Dennoch sei während Corona von den Kindergärten, die trotz mehrerer Lockdowns immer offen geblieben seien, nie die Rede gewesen. Die Kindergärten seien ihrer Verantwortung nachgekommen, so die Leiterin. Nun bitte sie die politisch Verantwortlichen "von Wien bis Vorarlberg, ihrer Verantwortung gerecht zu werden".

Anspielungen auf Chat-Nachrichten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz

Mehrfach kamen von der Gewerkschaft auch Anspielungen auf eine jüngst bekannt gewordene Chat-Nachricht von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in der er in Bezug auf Ausbaupläne bei der schulischen Nachmittagsbetreuung samt Rechtsanspruch im Umfang von 1,2 Mrd. Euro geschrieben hat: "Gar nicht gut!!! Wie kannst du das aufhalten?" Von Kindergärten war damals - es ging um die Verwendung der sogenannten Bankenabgabe - zwar nie die Rede. Dennoch forderten Gewerkschaftsvertreter mehrfach die "türkise Bundesregierung" auf, dieses Geld endlich für die Kindergärten fließen zu lassen.

Während der Vorplatz des Bildungsministeriums von den vorwiegend weiblichen Demonstrierenden aus Lautsprechern, mit Tröten, Trommeln, Sirenen, Ratschen und Klatschfächern beschallt wurde, fand im Inneren eine Sitzung des Beirats für Elementarpädagogik statt. Der Beirat war zuletzt nach Gewerkschaftsprotesten um Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung erweitert worden. Diese hatten erst am Montag bei einer Pressekonferenz einen Rechtsanspruch auf eine hochwertige, ganztägige, ganzjährig verfügbare und leistbare Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag gefordert.

Schumann kritisierte das man nicht in Gespräche eingebunden sei

Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende kritisierte am Donnerstag in ihrer Rede dennoch erneut, dass die Beschäftigten nicht ausreichend in die Gespräche eingebunden seien und forderte wirkliche Gleichberechtigung. "Das ist unsere Forderung und alles andere können sie (das Ministerium. Anm.) sich einrexen." Aus dem Bildungsministerium hieß es zur APA, dass man der Gewerkschaft auch im Vorfeld der heutigen Proteste angeboten habe, das Angebot sei aber nicht angenommen worden.

Forderung nach Stärkung der Elementarpädagogik

Für die Forderung nach einer Stärkung der Elementarpädagogik, die von Sozialpartnern und IV auch heute im Beirat wieder erhoben worden sei, kam von Bildungsminister Faßmann Unterstützung. "In diesem Sinn ist natürlich auch der Beschluss des Ministerrats vergangene Woche zu verstehen, in der sich der Bund klar zu einer inhaltlichen Weiterentwicklung und einer budgetären Aufstockung bekannt hat." Ob diese Stärkung ausschließlich über eine 15a-Vereinbarung mit den Ländern erfolgen solle oder über ein Rahmengesetz, müsse mit den Ländern besprochen werden, so Faßmann. "Ich appelliere an die Länder sich auf eine einheitliche Position zu verständigen." Ein guter Rahmen dafür sei - neben den Sitzungen des Beirats - die für Ende Oktober angesetzte Konferenz der Elementarpädagogikreferenten der Länder.

NEOS: Faßmann soll "viel aktiver" gegen Personalmangel kämpfen

Die NEOS forderten von Faßmann, "viel aktiver" gegen den Personalmangel anzukämpfen. Die Mittel müssten massiv aufgestockt und auch mit den Ländern bundesweite, verbindliche Qualitätsziele vereinbart werden, so Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre in einer Aussendung. "Wenn der Wille da ist, sind auch die Milliarden da, wie wir aus unrühmlichen türkisen Akten wissen."

(APA/Red)

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