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Zitas Herz entnommen

Feldkirch (VN) -  Dass die Habsburger ihre Herzen getrennt bestatten lassen, hat hierzulande wohl nur Dr. Walter Widder nicht weiter verwundert. Was kaum jemand weiß: Der Pathologe, der seit Jahrzehnten in Vorarlberg lebt, hat im März 1989 den Leichnam der ehemaligen Kaiserin Zita einbalsamiert und das Herz entnommen, damit es im Aargau neben dem Herzen ihres Gatten aufbewahrt werden konnte.
Widders medizinisches Hauptinteresse liegt in der Zytologie, der Diagnostik anhand von Zellen. Ein besonderes Naheverhältnis zu den Habsburgern hat er nicht.

Zu Lebzeiten vereinbart

Kaiserin Zita hat diese einer alten Habsburger Tradition folgende Grablegung verfügt, lange bevor sie am 14. März 1989 im Kloster Zizers im hohen Alter von 97 Jahren verstorben ist. „Eines Tages ist Erzherzog Rudolf, ein Bruder von Otto Habsburg, bei mir im Büro erschienen.“ Dr. Widder war zu dieser Zeit Pathologe am Kantonsspital in Chur. „Zita lag damals im Sterben.“ Der Erzherzog habe mit ihm die genauen Modalitäten der Konservierung besprochen. Als die greise ehemalige Monarchin dann tatsächlich gestorben war, „brachte man den Leichnam zu uns nach Chur“. Anwesend waren nur Dr. Widder und der Obduktionsgehilfe. „Die Prosektur haben wir abgesperrt.“ So blieben unliebsame Besucher vor der Tür.

„Gott sei Dank ein Österreicher“

Erzherzog Rudolf – „ein Graf, der ihn begleitet hat, redete ihn pausenlos mit kaiserliche Majestät an“ – bekundete, wie angenehm es ihm war, dass ein Österreicher die Einbalsamierung vornehmen würde. Widder hatte das nötige Rüstzeug dafür bei seinem Vorgesetzten, Prof. Günther Müller, erworben. Es gibt heute nur mehr wenige Pathologen, die sich auf die Erhaltung lebloser Körper verstehen. „Wir legten an der Beinarterie eine Kanüle, über die wir Formalin in den Körper einleiteten.“ Diese chemische Substanz verwenden Pathologen, um Präparate zu erhalten. Im Körper der Kaiserin ersetzte das Formalin innerhalb einer Stunde das Blut. Der Effekt ist: „Die eingefallenen Gesichtszüge der Toten werden wieder fülliger.“ Der Fäulnisprozess wird fast zur Gänze gestoppt. In Muri wurde die sterbliche Hülle der Kaiserin fast einen halben Monat aufgebahrt, bevor sie nach Wien überführt und am Todestag ihres Gatten, am 1. April, feierlich beigesetzt wurde.

Ihr Herz hat Dr. Walter Widder dem Körper entnommen und konserviert. „Ein Graf hat sich die exakten Maße geben lassen. Später holte er das Herz ab und legte es in einen silbernen Schrein, der extra dafür angefertigt worden war.“ Erst Monate später erhielt Dr. Walter Widder die Verständigung der Habsburger, dass am 17. Dezember 1989 die Herzgrabstätte Kaiserin Zitas im Kreuzgang des Stiftes Muri eröffnet werde. Für seine geleisteten Dienste hat ihm Erzherzog Rudolf eine bronzene Erinnerungsmedaille überreicht.

Zur Person: Dr. Walter Widder

Der Pathologe hat den Leichnam Zitas einbalsamiert und das Herzentnommen.

  • Geboren: 2. Oktober 1943 in Wien
  • Ausbildung: Medizinstudium
  •  Laufbahn: fünf Jahre am LKH Bregenz, dann sechs Jahre in der Pathologie am Krankenhaus Feldkirch, zehn Jahre in Chur
  • Familie: verheiratet, eine Tochter
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