Die Tat erregte weit über Deutschlands Grenzen hinaus Aufsehen, und auch das Interesse am Prozess ist nun riesig: Rund fünf Monate nach dem gewaltsamen Tod der Studentin Tugce in Offenbach beginnt an diesem Freitag (9.00 Uhr) der Prozess gegen den Angeklagten. Der 18 Jahre alte Sanel M. muss sich vor dem Landgericht Darmstadt wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Er sitzt seit der Tatnacht Mitte November in Untersuchungshaft.
22-Jährige ins Koma geprügelt
Er soll die 22-Jährige auf einem Parkplatz vor einem Schnellrestaurant mit der flachen Hand so geschlagen haben, dass sie stürzte und ins Koma fiel, aus dem sie nicht mehr erwachte. An ihrem 23. Geburtstag wurden die lebenserhaltenden Maschinen abgedreht.
“Er bereut und es tut ihm unglaublich leid”
Der Angeklagte wird sich voraussichtlich zu den Vorwürfen äußern. “Er bereut und es tut ihm unglaublich leid”, sagte sein Anwalt. Der Anwalt von Tugces Familie sagte, bislang habe sich der Angeklagte aber nicht entschuldigt.
Fall Tugce: 60 Zeugen sagen aus
Die Jugendkammer will am ersten Verhandlungstag zudem 2 von insgesamt etwa 60 Zeugen hören. Außerdem soll sich der Vater von Tugce äußern können. Die Familie der getöteten Lehramtsstudentin aus Gelnhausen im Südosten von Hessen ist als Nebenkläger im Gerichtssaal vertreten.
Mahnwache – Mit Zivilcourage Zeichen gesetzt
Freunde von Tugce haben zum Prozessbeginn eine Mahnwache gegenüber dem Gerichtsgebäude angekündigt. Sie erwarten einige Hundert Teilnehmer. Tugce habe mit ihrer Zivilcourage ein Zeichen gesetzt, hieß es in einem Aufruf bei Facebook. Tugce soll versucht haben, einen Streit zu schlichten, bevor es zu der Attacke auf sie kam.
Das Interesse an dem Verfahren ist größer als die Zahl der Zuschauerplätze. Von den 52 Plätzen sind 25 für Medienvertreter reserviert. Da sich mindestens 46 Journalisten akkreditiert hatten, wurden einige Plätze verlost. Journalisten dürfen im Gerichtssaal weder Handy noch Laptops benutzen und können nur in den Sitzungspausen berichten, da sonst ihr Platz verfällt.
Tödliche Zivilcourage – wenn Helfer selbst zu Opfern werden
Tugce soll versucht haben, einen Streit zu schlichten, bevor sie niedergeschlagen wurde und an den Folgen starb. Fälle von Zivilcourage endeten schon für so manchen Helfer tödlich. Beispiele:
Oktober 2012: Am Berliner Alexanderplatz wird der 20 Jahre alte Jonny K. von mehreren Männern so zusammengeschlagen, dass er kurz darauf an Gehirnblutung stirbt. Der gebürtige Thailänder hatte bei einem Streit einem Freund helfen wollen.
Oktober 2011: In Bocholt (Nordrhein-Westfalen) wird ein Kneipengast erstochen. Der an einem Streit unbeteiligte 26-Jährige hatte dem Wirt helfen wollen, der von mehreren Männern angegriffen worden war.
Mai 2010: Ein 21-Jähriger wird vor einer Frankfurter Diskothek erstochen. Er wollte zwei Frauen zu Hilfe kommen, die von dem Täter belästigt worden waren.
September 2009: Der Geschäftsmann Dominik Brunner stellt sich schützend vor vier Schüler und wird an einem Münchner S-Bahnhof von Jugendlichen verprügelt. Er stirbt im Krankenhaus – jedoch nicht an seinen Verletzungen, sondern an Herzversagen. (dpa/red)
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