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Staatsschulden erreichen schlagartig 80 Prozent/BIP

Wifo-Experte Pitlik: "Jede Lösung hätte Staatsschuldenstand erhöht".
Wifo-Experte Pitlik: "Jede Lösung hätte Staatsschuldenstand erhöht". ©APA
Österreich muss bei der Krisenbank Hypo Alpe Adria den Weg gehen, den die Deutschen zur Abwicklung maroder Landesbanken schon gegangen sind. Mit der Errichtung einer "Anstalt" für die Hypo erspart man sich das regulatorische Kapital und halbjährliche Cash-Nachschüsse. Eine Abbauanstalt ist keine Bank und muss keine Kapitalvorgaben erfüllen. Staatsschuld und Risiken für den Bund steigen sofort.  
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Die jetzige Bank muss mindestens 12,4 Prozent ihres Risikos als Kapital haben. Im Finanzministerium ist ein Gesetz in Arbeit, das die Bad Bank im direkten Einfluss des Bundes, die ja nicht mehr “im Markt” ist, der Banklizenz entledigt. Experten gehen davon aus, dass die “Anstalt” unterm Strich genau so viel kostet wie der Status Quo als “normale” Staatsbank. Wandern die bisher diskutierten 13 bis 18 oder 19 Mrd. Euro “Abbauteil” nun aber direkt in die staatliche Deponie, wären das etwa 4 bis 6 Prozentpunkte mehr Staatsschuld, gemessen am BIP. Dies würde den Staatsschuldenstand mit einem Schlag auf 80 Prozent des BIP erhöhen.

“Ein ordentliche Brocken”

“Das ist natürlich ein ordentlicher Brocken, keine Frage. Aber man muss sich klarmachen, dass jede andere Lösung auch den Staatsschuldenstand nach oben getrieben hätte. Jetzt passiert es halt auf einmal und damit wird es offener ausgewiesen”, erläutert Pitlik. Anderenfalls, etwa mit einer Lösung der Großbanken, wäre der Schuldenstand sukzessive gestiegen.

Nun stelle sich die Frage, ob die Märkte auf diese Tatsache reagieren werden. “Ich würde nicht darauf wetten, dass die Märkte irgendwelche Reaktionen zeigen”, meinte der Experte für öffentliche Finanzen. Er geht davon aus, dass die Märkte den höheren Staatsschuldenstand ohnehin bereits “in irgendeiner Form” berücksichtigt haben: “Es war abzusehen.”

Die Anstaltslösung bedeute, dass die Hypo auch formal in den Staatssektor eingegliedert wird. Bei diesem Modell fließen die Altlasten und Risiken von 13 bis 19 Mrd. Euro direkt in die Staatsverschuldung: “Im Grunde übernimmt die Republik diese Schulden.” In irgendeiner Form hätte sich jede Lösung ausgewirkt – entweder sukzessiv oder wie jetzt “auf einen Schlag”.

Hypo als Milliardengrab

Wieviel an kritischen Krediten, Immobilien, unverkäuflichen Beteiligungen und anderen Assets zum Abbau in die Bad Bank wandern, ist offen. Dem Vernehmen nach sollen es zunächst nur bis zu etwa 13 Mrd. Euro sein. Und alles sei ja nicht verloren, wird betont. Es werde versucht, im langsamen Abbau die Verluste so gering zu halten wie möglich. Ein Milliardengrab ist die Hypo jetzt schon: 4,8 Mrd. Euro mussten schon in die Problembank gesteckt werden. Weitere Milliarden werden noch nötig.

Österreich betritt mit seiner Hypo-Anstalt Neuland. Die erste Bad Bank im Land, die staatliche “KA Finanz” als Abwicklungsanstalt der früheren Kommunalkredit, ist nämlich keine Anstalt. Sie hat eine Vollbanklizenz, obwohl sie nur Altlasten abwickelt. Auf ein Gesetz wurde 2008/09 bei der Kommunalkredit verzichtet. In der KA Finanz sind riskante Wertpapiere geparkt worden. Bei der Hypo sind es vornehmlich riskante Kredite.

“Ausfallbürgschaft wird vom Bund übernommen”

Bei der “Anstaltslösung”, also dem Abbau ohne Hilfe von Dritten bzw. Banken ist die faktische und umfassende Risiko- und Haftungsübernahme für den Bund am höchsten, was die Staatsschuld erhöht. Das hat auch das vom Finanzministerium beauftragte Gutachten der Berater von Wyman ergeben. Eine Schlüssel-Formulierung darin betrifft den Umgang mit den noch über 12 Mrd. Euro an Kärntner Landeshaftungen:

“Kärnten trägt nach der Umsetzung (der Anstalt) keine Verbindlichkeiten mehr”, das wird als positiv für Kärnten angeführt. Negativ für den Bund: “Die Ausfallsbürgschaft wird implizit vom Bund übernommen.”

2017/2018 reifen die letzten vom Land Kärnten garantierten Bankbonds ab, darunter ein Brocken von mehr als 5 Mrd. Euro im Jahr 2017 auf einen Schlag.

Umstrittene Wyman-Expertise

In seiner umstrittenen Expertise schreibt Wyman weiter: Die Anstaltslösung könnte eine “Rückzahlungsverpflichtung an die BayernLB” auslösen. Auch Anreize für Klagen wären in der Hoffnung auf die großen finanziellen Möglichkeiten der öffentlichen Hand in so einer Anstalt gegeben. Latente Rechtsrisiken erschwerten wohl die Verwertbarkeit von Assets.

Vor der Umwandlung in eine Anstalt muss Kapital zugeführt werden. Sollte dieses Modell überbleiben, könnte dies als Präzedenzfall für andere Banken gewertet werden, hat Wyman in seiner Dezember-Untersuchung geschrieben. In der Folge könnte der gesamte Bankensektor als “latentes Risiko” des Staates wahrgenommen werden. Nun ist dieses Modell übriggeblieben.

Der “Abbauteil” der Hypo umfasst je nach Darstellung 13 bis 19 Milliarden Euro. Das wären faule Kredite und kritische Leasingfinanzierungen, einige Milliarden aus dem Italien-Geschäft sowie Assets von der Hypo-Holding und auf dem Balkan. Nun wird gehofft, man könnte rund 6 Mrd. Euro an relativ gut verwertbaren Vermögenswerten außerhalb der Anstalt belassen, bei den operativen Banken (in einer Balkan-Banken-Holding). Das wäre für den Staatsschuldenstand komfortabler.

Notenbankchef Nowotny verspricht “Transparenz”

Als “Mutter aller Abbaubanken” gilt die deutsche Abwicklungsanstalt der früheren WestLB. Die “Bad Bank” der einst größten deutschen Landesbank, die “EAA” (Erste Abwicklungsanstalt) will bis 2027 das WestLB-Erbe los haben. Sie war im Dezember 2009 eingerichtet worden, um Risikopapiere der 2012 zerschlagenen WestLB – der heutigen “Portigon AG” – zu verwerten. Zur Gründung wurden 77 Mrd. Euro an toxischen Papieren und nicht zum Kerngeschäft gehörenden Geschäftsteilen in die EAA übertragen.

Bei der Bad Bank der deutschen Hypo Real Estate – “FMS Wertmanagement” – werden 44 Prozent aller Papiere und Kredite erst nach dem Jahr 2030 fällig, einige laufen aber auch noch viel länger. Bis dahin soll die Bad Bank selber aber längst nicht mehr existieren.

Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny hat am Montagabend auf die “erprobten” deutschen Bad Banks verwiesen, die vom Markt, den EU-Behörden und den Ratingagenturen akzeptiert wurden. Er verspricht sich mit der Lösung auch für die Hypo “Transparenz”.

Tschechien als Vorreiter

In Italien werden ebenfalls gerade Bad-Bank-Konstrukte für Kreditlasten der Großbanken geprüft, Spanien und Irland haben sie für ihre Problembanken schon lang aktiviert. Österreichische Banken haben im übrigen bereits beim Kauf von Ostbanken davon profitiert, dass dort vor der Privatisierung Ende der 1990er Jahre jede Menge faule Kredite an staatliche “Konsolidierungsbanken” ausgelagert wurden – Tschechien war da Vorreiter. Damals hatte sich der Name Bad Bank dafür noch nicht so eingebürgert.

(APA)

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